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Trible-mein_gott_war..

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det, gequält und tot oder lebendig, ist diese Frau immer noch in<br />

Gewalt ihres Herrn. Ihr zerschlagener Körper ruft noch schlimmere<br />

Brutalität bei ihm hervor. Kein Mittler tritt dazwischen, weder ein<br />

menschlicher noch ein göttlicher. Statt dessen behält das Messer;<br />

Symbol eines Schreckens, den der Glaube einst verhindert hatte,<br />

nun die Oberhand. Vorher hatte der Herr seine Nebenfrau ergriffen<br />

(l:tzq) und zu ihnen hinausgestoßen (19,23b); dieses Mal vollführt er<br />

die Gewalttat selbst. »Er zerschnitt (ntl:t) sie, Glied für Glied, in<br />

zwölf Stücke und sandte (sll:t) sie in das ganze Gebiet Israels«<br />

(19,29c).5 1 Ist der feige Betrüger auch der Mörder? Sicher ist, daß<br />

Trauer zu dem Manne nicht paßt; eine Beerdigung wird der Frau<br />

nicht zuteil.<br />

Unter all den Gestalten in der Schrift ist sie die Geringste. Sie tritt<br />

am Anfang und Ende einer Geschichte auf, in der sie vergewaltigt<br />

wird; sie ist ganz allein in einer Welt von Männern. Weder die<br />

anderen Figuren noch der Erzähler erkennen ihr Menschsein an. Sie<br />

ist Besitz, Objekt, Werkzeug und eine literarische Idee. Sie ist<br />

Namen, Sprache oder Einflußmöglichkeit, sie hat keine Freunde, die<br />

ihr im Leben helfen oder sie im Tod beweinen. Indem sie sie<br />

untereinander hin- und herschieben, haben die Männer Israels<br />

völlig ausgelöscht. Gefangen, betrogen, geschändet, gequält, ermordet,<br />

zerstückelt und verstreut, ist diese Frau diejenige, gegen die<br />

meisten gesündigt worden istY Am Ende ist sie nichts besseres<br />

die Ochsen, die Sau! später in Stücke schneidet (ntl:t) und in<br />

ganze Gebiet Israels schickt (sll:t) als einen Aufruf zum<br />

(1. Sam 11,7).53 Ihr Körper wurde zerschlagen und für viele dahingegeben.<br />

Ohnmächtiger erweist sich keine Frau als darin, daß ihr<br />

Leben von einem Manne geopfert wird.<br />

Als die Teile des Körpers dieser namenlosen Frau im<br />

Israel verstreut werden, werden die Leute von einem au1~eror([entlichen<br />

Entsetzen ergriffen.54 Nach der griechischen Bibel weist<br />

Herr die Boten, die die Stücke überbringen sollen, an zu sagen:<br />

sollt ihr zu allen Männern Israels sprechen: >Ist dergleichen<br />

geschehen55 seit der Zeit, da die Israeliten aus dem Lande Ag-vnl:en<br />

heraufgezogen sind, bis auf diesen Tag?«< (19,]0; Zür). Die<br />

sche Bibel dagegen läßt sowohl die Boten als auch die Botschaft<br />

um Israel die Frage beantworten zu lassen, bevor sie übl~rhaU1Jt<br />

gestellt wird. So liest man: »Wer das sah, der sprach: >Solches ist<br />

nicht geschehen noch gesehen, seitdem Israel aus Ägyptenland<br />

gezogen ist, bis auf diesen Tag«< (19,]0; Luth; vgl RSV).5 6<br />

Aber die Erklärung hat im Hebräischen eine Nuance, die von<br />

Übersetzungen nicht festgehalten werden kann. Die Verbformen<br />

und das Objekt sind alle weiblich. Das Hebräische hat kein Neutrum.<br />

Die weiblichen Formen können die Frau selbst herausstellen,<br />

nicht nur dieses abstrakte oder kollektive »dergleichen« oder »solches«,<br />

das geschehen ist. Wörtlich können wir übersetzen: »Und<br />

alle, die sie sahen, sagten: >Sie ist nicht geschehen, und sie <strong>war</strong> nicht<br />

gesehen wie dieses, seitdem das Volk aus Ägyptenland heraufgezogen<br />

ist, bis auf diesen Tag.«< Mit anderen Worten, die Mehrdeutigkeit<br />

der grammatischen Formen dient einer besonderen, erklärenden<br />

Hervorhebung: Die Frau, die das Opfer des Schreckens geworden<br />

ist, wird herausgestellt. Die Aufforderungen, die dann folgen, verstärken<br />

dieses Anliegen noch.<br />

In beiden Versionen, der griechischen und der hebräischen, geben<br />

drei Imperative Anweisungen an Israel: denkt darüber nach, beratet<br />

und sprecht! Es fällt auf, daß der erste Befehl ein hebräisches Idiom<br />

ist: »Richtet euer Herz«, gefolgt von den Wörtern »auf sie«.<br />

Übersetzungen geben meist Lesarten wieder, wie »denkt darüber<br />

nach« (Luth; vgl. amer. »consider it« RSV), »überlegt es euch«<br />

(Zür; vgl. amer. »put your minds to this«, NJV) oder das beiläufige<br />

»nehmt es zur Kenntnis« (amer. »take note of it«, NAB). Dabei<br />

gehen sowohl das feminine Objekt als auch das Spiel mit der<br />

Metaphorik des Herzens verloren. Vor langer Zeit wollte der Mann<br />

zu dem Herzen der Frau sprechen, wenn er es auch nicht tat. Nun<br />

muß Israel ihr sein Herz zuwenden, beraten und sprechen. Der erste<br />

Akt der benjaminitischen Überlieferungen schließt mit einer Aufforderung,<br />

darauf zu reagieren.<br />

Reaktionen auf die Geschichte<br />

Von seiten der Stämme Israels. Akt 2 (Richter 20) und Akt 3 (Richter<br />

21) geben eine unmittelbare Reaktion wieder. Alle Leute von<br />

Dan bis nach Beerscheba versammeln sich wie »ein Mann ('15) ...<br />

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