PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
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Bildschirmansicht <strong>des</strong> Konzertraums im ZKM, © ZKM<br />
IDEAMA-Archiv, Bildschirmansicht, © ZKM<br />
sind, zeigt das ZKM | <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Musik<br />
und Akustik in einer besonderen Weise<br />
das größte Archiv der elektronischen<br />
Musik, IDEAMA (Internationales digitales<br />
elektroakustisches Musikarchiv).<br />
Begleitet von visuellem und propädeutischem<br />
Material erfolgt die Präsentation<br />
nicht nur unter klangtechnisch optimalen<br />
Bedingungen, sondern die Hörer-<br />
Innen haben die Möglichkeit, sich als<br />
emanzipierte KonsumentInnen mit<br />
Hilfe avanciertester Schnittstellentechnologien<br />
ein Musikprogramm zusammenzustellen,<br />
wie sie es im Zeitalter<br />
von MP3, portablen Musikgeräten etc.<br />
gewöhnt sind.<br />
Ähnliche Argumente gelten <strong>für</strong> die<br />
Beziehung zwischen Film und Kunstmuseum.<br />
Bekanntlich haben das MoMA,<br />
New York, und das Centre Pompidou,<br />
Paris, eine Filmabteilung, aber abgesehen<br />
von temporären Wechselausstellungen,<br />
in denen Filme im Rahmen der<br />
Ausstellung projiziert werden, werden<br />
die gesammelten Filme nur nach Museumsschluss<br />
am Abend im Keller oder<br />
eigens eingerichteten Sälen außerhalb<br />
der Ausstellungsräume gezeigt. Im<br />
ZKM wird der Film auf dieselbe Weise<br />
zugänglich gemacht wie alle anderen<br />
Kunstwerke auch. Diese Annäherung<br />
von Filmkunst und Kunstmuseum entspricht<br />
einer inneren Logik, da viele<br />
Filmkünstler, sowohl in der Vergangenheit<br />
wie in der Gegenwart, ursprünglich<br />
bildende Künstler gewesen sind<br />
und weil der Film, ob Kunstfilm oder<br />
Hollywood-Film, <strong>für</strong> viele zeitgenössische<br />
Künstler das primäre Referenzmedium<br />
darstellt. Es gibt aber auch eine<br />
äußere Logik, die diese Fusion von Film<br />
und Museum nahe legt. Einerseits das<br />
Erwachen <strong>des</strong> künstlerischen Dokumentarfilms<br />
aufgrund <strong>des</strong> qualitativen<br />
Niedergangs <strong>des</strong> öffentlichen und privaten<br />
Fernsehens, andererseits — aufgrund<br />
<strong>des</strong> Niedergangs der Filmindustrie,<br />
wodurch viele bedeutende<br />
Filmautoren keinen Verleih mehr finden<br />
— die Abwanderung <strong>des</strong> künstlerischen<br />
Spielfilms in das Museum. Drittens<br />
ist nach dem Erfolg der Videokunst,<br />
die sich in vielen Fällen auf die Erfahrungen<br />
und Experimente der Avantgarde-Filme<br />
der Zwischenkriegszeit und<br />
insbesondere der 1960er und 1970er<br />
Jahre bezog, auch die Bereitschaft<br />
gestiegen, dem Avantgarde-Film, der<br />
seinerzeit noch vor verschlossenen Türen<br />
stand und vom Kunstbetrieb (zum<br />
Schaden beider) exkludiert wurde, die<br />
Tore zu den Museen und Galerien zu<br />
öffnen.<br />
Die Filmkunst migriert ins Museum.<br />
Das Museum migriert in die Filmproduktion.<br />
Das ZKM gehört zu den<br />
Pionieren der Annäherung zwischen<br />
dem Kinematographen und dem Ausstellungsraum.<br />
Dieser Prozess ist die<br />
Konsequenz einer Mehrfachentwicklung:<br />
zum einen ist er die Antwort auf<br />
die Verwandlung <strong>des</strong> Ausstellungsbetriebs<br />
in ein Massenphänomen. Die Fragen<br />
<strong>des</strong> Verhältnisses von Museum und<br />
Massen, von Kunst und Massen, können<br />
am deutlichsten am Massenmedium<br />
Film behandelt werden, vielleicht ebenso<br />
am Massenmedium Fernsehen, dem<br />
sich das ZKM in Zukunft auch spezifischer<br />
nähern wird. Zum andern ist<br />
dieser Prozess verbunden mit der Abwanderung<br />
eines großen Teils <strong>des</strong> kultivierten<br />
Publikums vom Kino ins Museum,<br />
das die Stelle von Programmkinos<br />
einnimmt, weil <strong>für</strong> viele Erwachsene<br />
das kommerzielle Kino keine Angebote<br />
mehr liefert. Drittens entspringt es der<br />
inneren Logik der Entwicklung der<br />
Künste, vom statischen zum bewegten<br />
Bild, dass sich das Museum als Ort der<br />
Raumkünste auch in einen Ort der Zeitkünste<br />
verwandelt.