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PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith

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51<br />

31 — # 08/09 (Dezember 2006)<br />

Das Magazin <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Theorie</strong><br />

der Gestaltung und Kunst Zürich (<strong>ith</strong>)<br />

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1 Xavier Le Roy, Product of Circumstances, S. 13<br />

(zit. nach dem unter www.unfriendly-takeover.<br />

de/downloads/f14_leroy_text.pdf veröffentlichten<br />

Manuskript der Lecture Performance [September<br />

2006]).<br />

Zweitens<br />

Auch das Mediale <strong>des</strong> Vortrags, das gerade nicht in<br />

seiner schriftlichen Fixierung als Manuskript, sondern in<br />

seiner Performance besteht, generiert ‹Präsenzeffekte›.[6]<br />

Anders als die Vorlesung, die vornehmlich Wissen vermittelt,<br />

liegt die Funktion <strong>des</strong> Vortrags in der Produktion von<br />

Evidenz, im ereignishaften Hervorbringen <strong>des</strong> Wissens.<br />

Da sich die Evidenzproduktion in der einmaligen, transitorischen<br />

Vortragsperformance zwischen Redner und<br />

Zuschauern ereignet und somit auf der Herstellung einer<br />

face to face-Kommunikation basiert, sieht sich die Vortragsforschung<br />

mit dem transitorischen Charakter ihres<br />

Untersuchungsgegenstan<strong>des</strong> und dem Problem seiner Verfügbarkeit<br />

konfrontiert. Die performative Evidenzproduktion<br />

<strong>des</strong> Vortrags entzieht sich ihrer Analysierbarkeit<br />

jedoch vor allem auch <strong>des</strong>halb, weil die ‹Kunst der Demonstration›<br />

im wissenschaftlichen Vortrag zumeist verborgen<br />

bleibt.[7]<br />

Warum gerade die Lecture Performance dazu geeignet<br />

sein könnte, die performative Medialität <strong>des</strong> Vortrags<br />

durch einen Blick von der Seite zu erhellen, wird deutlich,<br />

wenn man sich ins Gedächtnis ruft, was sie definiert. Bei<br />

der Lecture Performance handelt es sich zunächst um eine<br />

«inhaltliche, argumentative und belehrende Rede […], die<br />

in der Regel von einer Person an mehrere Zuhörer gerichtet<br />

wird»[8] — kurz: um einen Vortrag. Da sich der Vortrag<br />

zugleich aber «mit einer künstlerischen Performance, also<br />

einer Darstellung oder Darbietung überkreuzt»[9], kann<br />

die Lecture Performance genauer als «hybride[r] Vortrag»[10]<br />

definiert werden. Aufgrund <strong>des</strong> sie kennzeichnenden<br />

Spannungsverhältnisses zwischen Vortrag und Darbietung<br />

generiert die Lecture Performance im Betrachter<br />

eine anamorphotische Kippbewegung zwischen den Referenzbereichen<br />

‹Lecture› und ‹Performance›. Durch die<br />

Kreuzung von Lecture und Performance wird somit das<br />

Performative, die Kunst der Demonstration, als Medialität<br />

<strong>des</strong> Vortrags von der Seite her beobachtbar.<br />

)<br />

2 Das Format der Reihe ähnelt einer Versuchsanordnung,<br />

da das Sammeln von Fallbeispielen<br />

in einer Reihe (auch beim Sammeln handelt es<br />

sich um ein wissensgenerieren<strong>des</strong> Verfahren, wie<br />

Anke te Heesen und Emma C. Spary in ihrem<br />

Aufsatz «Sammeln als Wissen» [in: dies. (Hgg.),<br />

Sammeln als Wissen. Das Sammeln und seine<br />

wissenschaftliche Bedeutung, Göttingen 2001,<br />

S. 7–21] zeigen) implizit eine Definition der<br />

Lecture Performance generiert. Wissenschaftlichen<br />

Verfahren gleichfalls nicht unähnlich, wird<br />

die Reihe durch im Internet zugängliche und<br />

herunter ladbare Videomitschnitte und Texte<br />

dokumentiert sowie von einem eigenen <strong>Theorie</strong>-<br />

Forum begleitet.<br />

3 In diesem Beitrag ist von Wissenschaft und<br />

Kunst die Rede (und nicht von <strong>Theorie</strong> und<br />

Praxis u.ä.), um die in Lecture Performances<br />

entworfenen Verhältnisse dieser beiden Bereiche<br />

in ihrer Eigenschaft als Systeme mit sich<br />

unterscheidenden institutionellen Rahmungen,<br />

kommunikativen Verfahren und analytischen<br />

Methoden in den Blick zu bekommen.<br />

4 Eine Lecture Performance, die hingegen<br />

gerade dies zu ihrem Thema macht, ist<br />

die «Enzyklopädie der Performancekunst» der<br />

Wagner-Feigl-Festspiele. Einen ähnlich<br />

komplementären theoretischen Ansatz verfolgt<br />

Wolf-Dieter Ernst («Die Lecture-Performance<br />

als dichte Beschreibung», in: Hajo Kurzenberger<br />

/ Annemarie Matzke [Hgg.], <strong>Theorie</strong>TheaterPraxis,<br />

Berlin o.J. [2003], S. 192–201).<br />

5 Vgl. Dieter Mersch, «Mediale Paradoxa.<br />

Zum Verhältnis von Kunst und Medien. Einleitung<br />

in eine negative Medientheorie», Vortrag<br />

im Rahmen der Sektion «(Inter-)Medialität —<br />

Theatralität — Performativität» am Gießener<br />

Graduiertenzentrum Kulturwissenschaften<br />

(GGK), Justus-Liebig-Universität Gießen, am<br />

13.07. 2006. Die folgenden Zitate im Text<br />

entstammen dem in Sic et Non. zeitschrift <strong>für</strong><br />

philosophie und kultur. im netz unter<br />

www.sicetnon.org/content/perform/Mersch_<br />

Medienphilosophie_sw.pdf (September 2006)<br />

veröffentlichten Vortragsmanuskript.<br />

6 Vgl. Sibylle Peters. «‹our talk gets its meaning<br />

from the rest of our proceedings›: Anlagen zu<br />

einer <strong>Theorie</strong> <strong>des</strong> Vortrags als Performance»,<br />

Vortrag im Zentrum <strong>für</strong> Medien und Interaktivität<br />

(ZMI), JLU Gießen, am 30.08.2006.<br />

7 Dies thematisiert die Lecture Performance<br />

«The Art of Demonstration» von Sibylle Peters<br />

(supported by Matthias Anton; 16.06.2005,<br />

atelierfrankfurt).<br />

8 Ernst (wie Anm. 4), S. 192.<br />

9 Ebd.<br />

10 Ebd.

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