PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
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Wildnis — eine Art <strong>des</strong> Sehens (2004) von Lucia Degonda<br />
beschäftigt sich mit der ideologischen Gegenposition zum<br />
urbanen Alltag. Die ausgebildete Photographin fragt dabei<br />
nicht nur nach der Geschichte dieses Naturmythos in der<br />
Tradition von Henry David Thoreau im 19. Jahrhundert bis<br />
zur aktuellen Naturschutzorganisation «Mountain Wilderness<br />
Schweiz». Auslöser und Endpunkt <strong>für</strong> die Recherche ist<br />
vielmehr die Magie der Wildnis in der Kindheit von Lucia<br />
Degonda, der Urwald <strong>des</strong> Bergsturzgebietes von Goldau. An<br />
diesen Ort führt sie der Weg durch die <strong>Theorie</strong> der Wildnis<br />
zurück und ermöglicht eine neue Bildrecherche im Medium<br />
der Photographie, die die Kindheitsbilder in Kunstphotographie<br />
transformiert, visuell generiert durch die Linse der<br />
<strong>Theorie</strong>. Diese mit einem Förderpreis der HGKZ ausgezeichnete<br />
Publikation verbindet so begriffliche Annäherung<br />
und autorschaftliche Bildproduktion exemplarisch.<br />
Es sind jedoch keineswegs nur Naturphänomene, denen<br />
sich die Interessen der Studierenden zuwenden, sondern<br />
auch der Kunst — und Kulturräumen. Diese starken modischen<br />
und trendigen Stiländerungen unterworfenen Orte<br />
soll die <strong>Theorie</strong> mitprägen, dies ist die Überzeugung von<br />
Adrian Notz, der seinen <strong>Theorie</strong>hybriden Installative<br />
Event-Skulptur (2004) zwischen Club und Kunst ansiedelt.<br />
Diese Setzung eines neuen Kunstbegriffs soll nicht nur die<br />
inhaltshungrige Clubkultur in höhere Sphären katapultieren,<br />
sondern auch der Kunstsphäre wird eine Transfusion<br />
von jugendlicher Straßenkultur zur Blutauffrischung<br />
verordnet. Notz beschäftigt sich in seiner <strong>Theorie</strong>arbeit<br />
mit Begriffen wie ‹Event›, ‹Ereignis›, ‹Atmosphäre› und<br />
‹Skulptur›, und er verwebt diese Begrimichkeiten zu einem<br />
suggestiven terminologischen Gefüge. Die Installative<br />
Event-Skulptur (IES) ist bis heute inspirierende Hypothese<br />
geblieben, wirft aber ein interessantes Licht auf eine<br />
Praxis der <strong>Theorie</strong>, die im wachsamen Wahrnehmen von<br />
Kultur- und Lifestylephänomenen neue Verbindungen herstellt,<br />
die unseren Blick auf das Leben verändern. Neue<br />
begriffliche Kreuzungen aus artfremden Gebieten erzeugen<br />
Zwitterwesen wie die IES, die die <strong>Theorie</strong> selber zur<br />
ironischen Kunstfigur macht. )<br />
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Bergsturzwald Goldau, © Lucia Degonda