PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
_–<br />
_–<br />
_–<br />
72<br />
Das Deutsche Hygiene-Museum<br />
Vorbemerkung<br />
Noch nie gab es mehr Museen in Deutschland, noch<br />
nie mehr Museumsbesuche pro Jahr[1] — und dennoch<br />
werden Museen in den aktuellen Debatten über PISA-Studien<br />
oder die Zukunft der Wissensgesellschaften nur am<br />
Rande erwähnt. Relevante Orte nachhaltiger, zukunftsgerichteter<br />
kultureller Bildung scheinen Museen zwar von<br />
ihrem Selbstverständnis, nicht aber von ihrer Außenwahrnehmung<br />
her zu sein. Um diese Wahrnehmung langfristig<br />
zu ändern, werden wir zukünftig mehr darüber nachdenken<br />
müssen, ob sich die Museen in der Bildungslandschaft<br />
und damit in der Gesellschaft neu positionieren müssen.<br />
Für den Nachweis der Relevanz von Museen in der Bildungslandschaft<br />
wird der Hinweis auf Besucherzahlen auf<br />
die Dauer sicher nicht ausreichen, aber auch nicht ganz<br />
unwichtig sein.<br />
Wenn Museen heute über ihr Selbstverständnis neu<br />
nachdenken, dann ist dies auch den fundamentalen Wandlungsprozessen<br />
geschuldet, in denen sich unsere Gesellschaft<br />
befindet. Denn gesellschaftlicher Wandel hat stets<br />
einen Funktionswandel ihrer Kulturinstitutionen zur Folge.<br />
Drei gesellschaftliche Faktoren sind u.a. zu nennen, auf<br />
die im Moment einzelne, aber keinesfalls alle Museen eine<br />
Antwort suchen: 1. Die Herausbildung einer Wissensgesellschaft.<br />
2. Der demographische Wandel. 3. Die Veränderung<br />
der Arbeitsgesellschaft. Jeder Faktor einzeln und alle<br />
gemeinsam haben Folgen <strong>für</strong> die Besucherstruktur und<br />
die Besuchererwartungen — und damit <strong>für</strong> das heutige<br />
Selbstverständnis <strong>des</strong> Museums.<br />
Vor diesem aktuellen, aber auch vor seinem geschichtlichen<br />
Hintergrund soll die heutige Arbeit <strong>des</strong> Deutschen<br />
Hygiene-Museums vorgestellt werden, und auf folgende<br />
Fragen sollen Antworten gesucht werden: Wer ist das<br />
Deutsche Hygiene-Museum? Was vermittelt das Deutsche<br />
Hygiene-Museum? Wem und wie soll was vermittelt werden?<br />
Abschließende und vor allem generalisierende Antworten,<br />
das muss hier betont werden, können und dürfen<br />
nicht erwartet werden. Denn die Kultur- und Museumslandschaft<br />
befindet sich in einer Umbruchssituation, und<br />
Antworten auf Veränderungen zu finden, ist ein Prozess,<br />
der u.a. auch nach dem Prinzip von trial and error funktioniert:<br />
Antworten von heute können morgen schon wieder<br />
veraltet sein.<br />
Das Deutsche Hygiene-Museum<br />
und seine Geschichte<br />
Das Deutsche Hygiene-Museum (DHM) war und ist<br />
kein klassisches Sammel-, Aufbewahrungs- und Zeigemuseum;<br />
es verstand sich bei seiner Gründung 1911 nicht primär<br />
als materieller und räumlicher Erinnerungsträger <strong>des</strong><br />
nationalen kulturellen Erbes, und es war nicht — wie die<br />
meisten anderen Museen seiner Zeit — gleichermaßen auf<br />
Deutsches Hygiene-Museum, Blick in die Dauerausstellung, 1930<br />
Vergangenheit und Zukunft ausgerichtet, sondern es zielte<br />
primär auf Gegenwart und Zukunft. Das Anliegen <strong>des</strong> neu<br />
gegründeten Sozialmuseums, gezielt durch das Medium<br />
Ausstellung die «Gesunderhaltung <strong>des</strong> Menschen an Leib<br />
und Seele» zu fördern, wurde umgesetzt durch die Popularisierung<br />
von Forschungsergebnissen sowie durch Interdisziplinarität<br />
bei der Sicht auf den Menschen, auf seinen<br />
Körper, auf seine Lebensweisen. ‹Hygiene› wurde zum<br />
Leitbild <strong>des</strong> medizinischen und gesellschaftlichen Fortschritts.<br />
Die programmatische Entschlossenheit zur Modernität<br />
prägte das Deutsche Hygiene-Museum also von Anfang<br />
an und richtete sich <strong>des</strong>wegen gleichermaßen auf das<br />
Was und auf das Wie der Vermittlung. Ausdrücklich wurde<br />
es als eine «Volksbildungsstätte» bezeichnet. Durch<br />
moderne pädagogische und inhaltlich innovative Ausstellungs-<br />
und Vermittlungskonzepte, aber vor allem auch durch<br />
eindrucksvolle Gestaltungen und neue Visualisierungstechniken<br />
wurde das Medium Ausstellung im Deutschen