PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
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GZ Im akademischen Bereich ist jedoch<br />
die Verabredung: Langeweile verspricht<br />
Seriosität, und <strong>des</strong>halb ist sie nicht nur<br />
ok, sondern geradezu erwünscht. Also<br />
nochmals zurück zum Thema <strong>des</strong> <strong>Heftes</strong>:<br />
Performative <strong>Theorie</strong>formate. Es ist<br />
auffallend, dass an den Kunsthochschulen<br />
und in der Kunstszene vieles<br />
passiert ist im Bereich <strong>des</strong> <strong>Theorie</strong>kuratierens<br />
und -produzierens, an den<br />
Universitäten (zumin<strong>des</strong>t in den Geisteswissenschaften)<br />
jedoch weniger. Aus<br />
meiner Erfahrung gibt es auch selten<br />
gute Kooperationen. An den Universitäten<br />
geht es weiter mit möglichst praxisfernen<br />
Lehrangeboten und Konferenzen.<br />
MH Um in der <strong>Theorie</strong> inhaltlich weiterzukommen,<br />
muss man vielleicht puristisch<br />
sein, zumin<strong>des</strong>t eine Zeit im<br />
Leben. Deshalb sollte man solche Refugien<br />
erhalten.<br />
GZ Ja, aber die meisten kommen aus<br />
dieser Sozialisierung nie mehr heraus<br />
und lassen sich nicht auf Formatexperimente<br />
ein. Und das hat dann einen<br />
sehr negativen Einfluss auf Wissensgenese<br />
und -vermittlung. Es wird eben<br />
nur ein bestimmtes Wissen in einem<br />
bestimmten Duktus vermittelt.<br />
MH Ich versuche es zu vermeiden, solche<br />
Theoretiker einzuladen. Viel merkwürdiger<br />
finde ich jedoch, dass aus den<br />
Reformdebatten <strong>des</strong> Bildungsbereiches<br />
nichts an die Universitäten überschwappt.<br />
Da wird doch im Moment<br />
wieder akut diskutiert (Stichwort: Pisa).<br />
Ein befreundeter Lehrer, der in einer<br />
Reformschule arbeitet, sagte mir neulich:<br />
Wir haben in unserer Schule nicht<br />
nur die Klassen, sondern auch die Fächer<br />
abgeschafft und arbeiten nur noch in<br />
Gruppen wöchentlich zu bestimmten<br />
Themen. Außerdem ist unsere Schule<br />
eine Tagesschule geworden, denn wer<br />
Leben und Lernen so massiv trennt, <strong>für</strong><br />
den bleibt Lernen immer eine Last. Als<br />
Tagesschule haben wir viel eher die<br />
Möglichkeit, Dinge vor Ort anzuschauen<br />
und mit den Spezialisten zu diskutieren.<br />
Das ist effektiver, als wenn vorne<br />
ein Lehrer etwas abstrakt erklärt.<br />
GZ So wie du keine Grabenkämpfe mit<br />
den Stadttheatern führst, möchte ich<br />
keine mit den Universitäten führen. Solche<br />
Entwicklungen gab es ja an Universitäten<br />
auch, vor allem im Bereich der<br />
Kulturtheorie und der Cultural Studies.<br />
Die Frage ist, ob die Reformschulen im<br />
Bereich der Pädagogik auch so ein marginalisiertes<br />
Dasein fristen, wie gute<br />
Kulturtheorie im geisteswissenschaftlichen<br />
Betrieb an den Universitäten? Das<br />
soll den Grabenkampf nicht schüren, ist<br />
jedoch leider Realität.<br />
MH Die Reformnot an Schulen ist natürlich<br />
im Moment viel größer, weil die<br />
soziale Verantwortung auch größer ist.<br />
Deshalb werden Reformversuche hoffentlich<br />
flächendeckender betrieben.<br />
An Universitäten geht es ja nicht mehr<br />
so stark um allgemeine Bildung, sondern<br />
um Spezialisierung. Da ich kein<br />
Fachmann <strong>für</strong> Bildungsfragen bin, interessieren<br />
mich die Reformversuche vor<br />
allem, weil ich mich immer frage, ob<br />
ich diese Formate auch <strong>für</strong> meine Projekte<br />
nutzen kann.<br />
GZ Fächerauflösung wird natürlich auch<br />
in der Debatte um Transdisziplinarität<br />
(z.B. in der Performancetheorie) lange<br />
diskutiert und praktiziert. Und die Ganztagesschule<br />
entspricht der Campus-<br />
Idee. Es gibt ja im Moment eher wieder<br />
einen Backlash, der sagt: Lieber wieder<br />
die klassischen Fächer studieren und<br />
danach vielleicht transdisziplinär<br />
werden — vielleicht aber auch nicht…<br />
MH … gerade <strong>des</strong>halb weitermachen!