PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
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31 — # 08/09 (Dezember 2006)<br />
Das Magazin <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Theorie</strong><br />
der Gestaltung und Kunst Zürich (<strong>ith</strong>)<br />
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Galerie, sondern eine kulturelle Produktionsstätte, Monte<br />
Katerna Hall of Men. In den drei Jahren Kokerei Zollverein<br />
| Zeitgenössische Kunst und Kritik wurde das Budget<br />
jährlich um 50 Prozent gekürzt. Da die Lan<strong>des</strong>regierung<br />
<strong>für</strong> Klavierkonzerte der Ruhr-Trienale Geld brauchte, wurden<br />
im Dezember 2003 alle bis Ende 2005 laufenden Verträge<br />
mit dem Produktionsteam fristlos gekündigt und das<br />
Gesamtprojekt eingestellt. Wer heute das Gelände der<br />
Kokerei Zollverein besucht, kann noch im Werksschwimmbad<br />
von Paschke/Milohnic baden, die «Rules Series» von<br />
Angela Bulloch studieren und sich überlegen, was es mit<br />
der Leuchtschrift von Marko Lulic auf sich hat. Dem<br />
Romancier Marcel Proust zufolge sind die wahren Paradiese<br />
stets die, die man verloren hat.<br />
«Nizza Transfer», Photographie: Wolfgang Günzel<br />
II<br />
Zone städtischen Handelns —<br />
«Nizza Transfer» (2004)<br />
In Frankfurt am Main, dem Schauplatz von «Nizza<br />
Transfer», verhindern die allmähliche Privatisierung und<br />
Ökonomisierung <strong>des</strong> öffentlichen Stadtraums im Namen<br />
korporativer Interessen und das Vorgehen privater Sicherheitsdienste<br />
die zunehmende Aneignung und Umkodierung<br />
modernistischer und postmoderner Architektur<br />
durch Skateboarding. In der fünftgrößten Stadt Deutschlands<br />
werden Skateboarder marginalisiert und kriminalisiert,<br />
Alternativen in Form von Outdoor-Skateparks oder<br />
Skate-Hallen stehen nicht zur Verfügung.<br />
Das Projekt «Nizza Transfer» definierte sich als autonome<br />
Zone städtischen Handelns im öffentlichen Raum<br />
von Frankfurt, in der künstlerische Aktivitäten, urbaner<br />
Diskurs und Jugendkultur aufeinander treffen. Ein zentraler,<br />
aber kaum beachteter Ort am Mainufer wurde auf diese<br />
Weise in das gesellschaftliche Alltagsleben zurückgeführt.<br />
BesucherInnen, PassantInnen und Jugendliche aus<br />
Frankfurt und Umgebung waren in diesen Prozess urbanen<br />
Handelns einbezogen und hatten in Workshops die<br />
Möglichkeit, eigene Inhalte zu produzieren und zusammenzustellen.<br />
Es wurden Vorträge, Konzerte, Film- und<br />
Videovorführungen zur Geschichte und politischen Kultur<br />
<strong>des</strong> Skateboarding, Kunst, Stadttheorie und Revolte angeboten,<br />
die sowohl open air als auch in den Räumen innerhalb<br />
<strong>des</strong> Skate-Parks stattfanden.<br />
Die (über eine Dauer von drei Monaten) stets gut<br />
besuchten Veranstaltungen zur politischen Praxis im<br />
öffentlichen Raum untersuchten die Herrschaftsverhältnisse<br />
— Nationalismus, Sexismus, Rassismus und die<br />
mit ihnen verknüpfte kapitalistische Produktion. Skateboarding<br />
als solche Praxis betrachtet die Herrschaftsverhältnisse<br />
in den Formen der kulturellen Grammatik und<br />
formuliert Ansatzpunkte da<strong>für</strong>, wie sie in Frage gestellt<br />
werden könnten.<br />
Zeichen existieren nicht um ihrer selbst willen, weshalb<br />
Skater, wenn sie sich gegen diese Zeichen wenden,<br />
automatisch auch die zugrunde liegende Logik von Profit,<br />
Effizienz, Kontrolle und der Regulierung von Zeit und<br />
Raum kritisieren. Skateboarding stellt die Vorstellung in<br />
Frage, dass der Raum da ist, damit man ihm gehorsam<br />
Folge leiste, und dass wir nur als effiziente Automaten in<br />
den Prozessen <strong>des</strong> Tauschs und der Akkumulation existieren.<br />
Diese Schlussfolgerung liegt den Subversionsstrategien<br />
zugrunde, die unter Begriffen wie ‹Street-Skaten› in<br />
Formen der Aneignung, der Destruktion, der Parodie und