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PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith

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31 — # 08/09 (Dezember 2006)<br />

Das Magazin <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Theorie</strong><br />

der Gestaltung und Kunst Zürich (<strong>ith</strong>)<br />

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III<br />

Ausstellungsformat und Vermittlungsdisplay<br />

— «Manifesta 6» (2004-2006)<br />

Wer Biennalen oder die europäische «Manifesta»<br />

besucht, erwartet Kunstausstellungen, Unterhaltung und<br />

ein angemessenes Vermittlungsprogramm. Biennalen treten<br />

<strong>für</strong> etwas ein. Sie positionieren sich politisch, bewerben<br />

eine neue Produktpalette oder inszenieren den<br />

Glauben an eine transzendentale ästhetische Erfahrung.<br />

Biennalen sind gestaltete Erfahrungssysteme, in deren<br />

Rahmung Kunst und Kunstwerke, Objekte und Informationen<br />

in ein konstruiertes environment eingebettet sind.<br />

Botschaften und Bedeutungen werden darin auf visueller,<br />

räumlicher, ästhetischer, gestalterischer, ideologischer,<br />

psychologischer und emotionaler Ebene verhandelt.<br />

Davon ausgehend, dass Ausstellungen in Innenräumen<br />

durch die gegebenen institutionellen Bedingungen<br />

eingegrenzt werden, sind auch die Beziehungen zwischen<br />

der Ausstellung, der <strong>Institut</strong>ion und dem Ausstellungsraum<br />

streng kodiert. Auswahl und Einrichtung innerhalb<br />

eines gestalteten environment konstituieren eine spezifische<br />

Form von kultureller Praxis und Produktion. Akademische<br />

Vorstellungen vom Kuratieren bringen überdies<br />

nur ein begrenztes Vokabular an Formaten, Strukturen<br />

und Präsentationsstrategien hervor. Insbesondere die Vorstellung,<br />

dass jeder Ausstellungsinhalt schlichtweg in<br />

bereits bestehende Formate eingepasst werden kann, ist<br />

problematisch, denn weder sind diese Formate neutral,<br />

noch existiert so etwas wie Allgemeingültigkeit.<br />

Die Begriffe education, Ausbildung und Wissensproduktion<br />

sollten <strong>des</strong>halb bei der Manifesta im September<br />

2006 in Nicosia (Zypern) auf transdisziplinäre Weise<br />

thematisiert werden. Die Mittelmeerinsel Zypern, deren<br />

griechischer Südteil seit Mai 2004 EU-Mitgliedsstaat ist,<br />

hätte sich aufgrund seiner Geschichte und seiner geopolitischen<br />

Bedeutung (sie wird von drei Kontinenten flankiert)<br />

in idealer Weise <strong>für</strong> ein zukunftsgerichtetes Projekt<br />

geeignet, in <strong>des</strong>sen Mittelpunkt neue Wege und Modelle<br />

der Vermittlung von Wissen und education stehen sollten.<br />

Meine m6school war von einem education-Programm<br />

dominiert, das sich vor allem der politischen Kulturproduktion<br />

und dem Kampf <strong>für</strong> kulturelle Freiheiten<br />

verpflichtet sieht. Dieses Angebot verknüpft sich mit dem<br />

Auftrag, sich selbst zu organisieren und vorhandene Strukturen<br />

kreativ zu nutzen, um an den politischen und sozialen<br />

Zukunftsfragen der Gesellschaft mitzuwirken und Lösungsansätze<br />

zu entwickeln. Die kulturelle Praxis an der<br />

m6school sollte <strong>des</strong>halb Kultur und Wissensproduktion<br />

mit gesellschaftlichem Handeln durch charakteristische<br />

Methoden <strong>des</strong> kritischen Lesens von sinnstiftenden kulturellen<br />

Praktiken verbinden. Die m6school sollte eine intellektuelle<br />

Praxis sein, deren Aufgabenstellung ist, zu fragen,<br />

wie dem alltäglichen Leben von Menschen durch kulturelle<br />

Praktiken politischer Sinn gegeben werden kann.<br />

Die m6school wollte diskutieren, wie Menschen<br />

innerhalb politischer und ökonomischer Strukturen, die<br />

ihr Leben bestimmen, kulturelle Möglichkeiten und Spielräume<br />

<strong>für</strong> individuelles Handeln finden und wie diese<br />

genutzt werden können. Es ging darum, jene kulturellen<br />

Mechanismen und Strukturen zu untersuchen, die solches<br />

Handeln begünstigen, fördern oder einschränken, und<br />

gleichzeitig konkrete politische Machtverhältnisse zu thematisieren,<br />

in denen Realitäten und ihre Wirkungsweisen<br />

konstruiert und gelebt werden. Denn eine zeitgenössische<br />

Kunst-Biennale sollte in der Lage sein, alternative Präsentationsmodelle<br />

zu entwerfen und unterschiedliche Disziplinen<br />

einzubeziehen. Das System Ausstellung als analytisches<br />

Werkzeug stellt einen zentralen Knoten von<br />

Diskursen, Praktiken und Orten dar, welche die <strong>Institut</strong>ionen<br />

innerhalb eines bestimmten Kontextes definieren.<br />

Ende März, während der Eröffnung der Berlin Biennale<br />

informierte man uns dann, dass ein Teil der Schule<br />

nicht im türkischen Teil von Nicosia realisiert werden<br />

kann. Darauf hin wurden verschiedene offizielle und<br />

inoffizielle Mediationen angesetzt, die alle scheiterten. Bei<br />

der vertraglich vereinbarten Mediation wurden folgende<br />

Punkte, die zu klären gewesen wären, von unserem Auftraggeber,<br />

Nicosia for Art (NFA), ohne Kommentar abgelehnt:<br />

Transparenz <strong>des</strong> Budgets, Kommunikation <strong>des</strong> Projektleiters,<br />

Arbeitserlaubnis <strong>für</strong> die Kuratorin Mai Abu<br />

ElDahab, KünstlerInnen-Verträge, Cash Flow und die Etablierung<br />

von einem Teil der Schule im türkisch besetzten<br />

Teil von Nicosia.<br />

Die Begründung der NFA, warum der Nordteil nicht<br />

offiziell in die Schule integriert werden kann, war, dass<br />

griechische Zyprioten an der Green Line ihren Ausweis<br />

vorzeigen müssen und das bedeutet — nach der Interpretation<br />

der NFA — keinen «Free Access» zu den Spielorten,<br />

wie in unserem Vertrag festgeschrieben. Das gilt natürlich<br />

auch <strong>für</strong> türkische Zyprioten, die aber von griechischer<br />

Seite bei dieser Diskussion gar nicht berücksichtigt wurden.<br />

Bis Mitte Februar 2006 produzierte die NFA zahlreiche<br />

Dokumente wie Presse-Erklärungen, Interviews etc.,<br />

in denen sie von einem bi-kommunalen Projekt auf beiden<br />

Seiten der Green Line sprach.

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