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PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith

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31 — # 08/09 (Dezember 2006)<br />

Das Magazin <strong>des</strong> <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Theorie</strong><br />

der Gestaltung und Kunst Zürich (<strong>ith</strong>)<br />

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schmücken, war zum einen getragen von der Faszination<br />

der logischen Weiterführung von Andy Warhols Werk. Er<br />

selbst nutzte Material anderer Autoren (im Fall der Blumenbilder<br />

ein Foto von Patricia Caulfield) und Technologien<br />

(etwa jene <strong>des</strong> Siebdrucks) zur Schaffung seiner<br />

Werke. Cornelia Sollfrank wendet die zeitgenössischen<br />

Entsprechungen dieser Methoden — mit digitalen Technologien<br />

— nun auf Andy Warhols Werke selber an. Zum<br />

anderen hätte es uns aber auch interessiert, im Rahmen<br />

eines damit provozierten Rechtsstreites zu erfahren, wie<br />

Juristen über solche künstlerischen Methoden denken und<br />

wo genau sie gegebenenfalls einen Urheberrechtsverstoß<br />

ansiedeln. Bei der Künstlerin? Beim Programmierer, der<br />

den Net Art Generator im Auftrag der Künstlerin geschrieben<br />

hat? Beim Programm selbst, das durch das selbständige<br />

Finden und Weiterverarbeiten der Warhol-Bilder<br />

wohl am ehesten strafbare Handlungen begeht? Oder bei<br />

den Internet-BenutzerInnen, welche diese allfällige Verfehlung<br />

durch einen Mausklick auslösen?<br />

Soweit kam es aber nicht. Mein umsichtiger Vorstand hatte<br />

zu Recht Bedenken, den konservativen politischen Kräften<br />

weitere Argumente zu liefern <strong>für</strong> die nächsten Ratsdebatte<br />

über die Unterstützung von [plug.in] oder allgemein<br />

der Medienkunst. Statt bunten Warhol-Bildern entschied<br />

sich die Künstlerin <strong>des</strong>halb <strong>für</strong> eine Rechtsbelehrung: Sie<br />

befragte vier Urheberrechts-Experten danach, was sie<br />

eigentlich als Künstlerin genau darf und was nicht. Legal<br />

Perspective, so der Titel der Ausstellung, postuliert, dass<br />

nach Jahrhunderten der Zentralperspektive, wo Künstler-<br />

Innen über die Entwicklung der Kunst bestimmten, nun<br />

offenbar eine andere Zeitrechnung anzubrechen scheint.<br />

Die befragten Juristen ihrerseits machten klar, dass es einzig<br />

und alleine der Richter ist, der entscheidet «ob das<br />

Kunst ist» (O-Ton). Bevor dies geschehen ist, wissen wir<br />

gar nichts.<br />

Diese Erfahrung hat mich motiviert, mich weiter und<br />

etwas vertieft mit dem Thema zu beschäftigen. Wie ist es<br />

soweit gekommen, dass das Recht, welches Künstler<br />

eigentlich schützen sollte, sich diesen nun in den Weg<br />

stellt? Gegenstand <strong>des</strong> Schweizerischen Urheberrechtes<br />

sind Kunstwerke, die dort wie folgt definiert werden:<br />

«Werke sind, unabhängig von ihrem Wert oder Zweck,<br />

geistige Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen<br />

Charakter haben.»[5] Die Idee <strong>des</strong> Urheberrechtes<br />

ist es, einen Anreiz <strong>für</strong> künstlerisches Tun zu schaffen —<br />

dadurch nämlich, dass der Urheber / die Urheberin oder<br />

diejenigen, denen diese ihre Rechte abtreten, die Werke<br />

ökonomisch nutzen können. Um diese Nutzung zu gewährleisten,<br />

muss ein Monopol gewährleistet sein — zumin<strong>des</strong>t<br />

<strong>für</strong> eine bestimmte Zeit. Das Monopol seinerseits — und<br />

hier liegt das klassische Dilemma <strong>des</strong> Urheberrechts —<br />

schränkt jedoch die Zirkulation <strong>des</strong> Werkes in der Gesellschaft<br />

ein.<br />

Hier aber beginnen die Probleme bereits: In meiner nunmehr<br />

15-jährigen Berufserfahrung im Zusammenarbeiten<br />

mit KünstlerInnen bin ich noch kaum jemandem begegnet,<br />

der aufgrund monetärer Anreize Kunst macht. Diese<br />

sind allenfalls eine angenehme Nebenerscheinung, aber<br />

schwerlich die Motivation, in diesem schwierigen Beruf zu<br />

bleiben. Zum Glück, denn wenn dies so wäre, wie unser<br />

Recht es vorsieht, hätten wir einen winzigen Bruchteil der<br />

heutigen künstlerischen Produktion und wohl nicht unbedingt<br />

die besten Produkte. Auf die Frage, ob das Recht<br />

nicht andere, <strong>für</strong> KünstlerInnen relevantere Anreize schaffen<br />

könnte, habe ich bis heute keine Antwort gefunden.<br />

Die Tatsache jedoch, dass <strong>für</strong> die kommerzielle Nutzung<br />

künstlerischer Inhalte eben ein Monopol vonnöten ist, war<br />

seit der Geburtsstunde <strong>des</strong> Urheberrechts ein Problem: Je<br />

mehr Monopol, <strong>des</strong>to mehr Profit (<strong>für</strong> den Monopolinhaber)<br />

— und <strong>des</strong>to weniger Zirkulation. Und weniger Zirkulation<br />

bedeutet oftmals auch: weniger Bekanntheit. Es<br />

ist ja grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass Disney<br />

weiterhin vom kommerziellen Erfolg von Mickey<br />

Mouse profitiert. Auch nicht dagegen, dass viele Erben<br />

vom Marktwert der Kunstwerke ihrer Vorfahren profitieren<br />

— und ganz selten auch mal ein lebender Künstler in diesen<br />

Genuss kommt. Aber <strong>für</strong> die vielleicht 94%[6] der Kultur,<br />

die nicht oder nicht mehr kommerziell genutzt wird,<br />

ist die Zirkulation genau gleich eingeschränkt — was <strong>für</strong><br />

diese oft bedeutet, dass sie einfach von der Bildfläche verschwinden.<br />

Bücher etwa liegen selten länger als ein Jahr<br />

in der Buchhandlung. Anschließend könnten diese etwa<br />

auf Online-Bibliotheken zur Verfügung gehalten werden<br />

— hier schiebt aber das Urheberrecht schier unüberwindliche<br />

Riegel. Ein Beispiel aus der Kunst: Die mit Steuergeldern<br />

angekaufte Sammlung <strong>des</strong> Basler Kunstkredits musste<br />

wieder vom Internet verschwinden, weil die Forderungen,<br />

welche Pro Litteris in Übereinstimmung mit den geltenden<br />

Rechten stellte — und die dann in Mikro-Portionen an die<br />

Künstler respektive deren Erben zurückverteilt werden

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