PDF des gesamten Heftes (5MB) - Institut für Theorie ith
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Das Deutsche Hygiene-Museum<br />
ist mehr — als ein Museum<br />
Die Entwicklung von vernetzten, ungewöhnlichen<br />
Vermittlungsangeboten begleitend zu den Ausstellungen<br />
war und ist zukünftig <strong>für</strong> das Deutsche Hygiene-Museum<br />
von noch größerer Bedeutung als bisher. Grundsätzlich<br />
wird nun eine Ausstellung mit seinem Thema zum Anlass<br />
genommen, das Thema der Ausstellung, und damit das<br />
Medium Ausstellung, zusätzlich und ergänzend durch ein<br />
umfangreiches Beiprogramm in die Öffentlichkeit zu tragen.<br />
Eine Ausstellung ist wie eine Spinne im Mittelpunkt<br />
ihres Netzes. Doch im Netz befinden sich viele weitere<br />
thematische Ankerpunkte, die die Spinne benötigt: Tagungen,<br />
Diskussionen, Vorträge, Lesungen, Begleitbücher,<br />
unzählige museumspädagogische Angebote <strong>für</strong> sehr unterschiedliche<br />
Zielgruppen (von Schulklassen bis hin zu den<br />
Senioren). Das Deutsche Hygiene-Museum versucht so auf<br />
seine Weise, praxisorientierte Antworten (die aber ständig<br />
überprüft werden müssen) auf folgende Fragen zu<br />
geben:<br />
— Es gibt immer mehr Gruppen, <strong>für</strong> die das Museum als<br />
Bildungsort fremd geworden ist. Viele Jugendliche müssen<br />
erst wieder an das Medium Ausstellung herangeführt<br />
werden. Wir können heute nicht mehr davon ausgehen,<br />
dass eine breite Bevölkerung über einen einheitlichen und<br />
traditionellen Wissenskanon verfügt. Das traditionelle Bildungsbürgertum<br />
— soweit es dies überhaupt noch gibt<br />
— ist nicht mehr die alleinige Zielgruppe der Museen.<br />
Wenn der Museumsbesuch nicht zum Distinktionsmerkmal<br />
werden bzw. ein solches bleiben soll, müssen neue<br />
Formen der Vermittlung gefunden werden, sind Experimente<br />
nötig. Wie können diese aussehen?<br />
— Aus einem sich ständig vervielfachenden Wissensbestand<br />
richtig ausgewähltes Wissen ist das Kapital einer<br />
Wissensgesellschaft. Damit wird Aufmerksamkeit zur<br />
umkämpften Ressource — die Frage der Relevanz rückt in<br />
den Blickpunkt. Wie werden sich Museen am Wettbewerb<br />
um die Aufmerksamkeit derjenigen Menschen beteiligen,<br />
die — wie SchülerInnen, StudentenInnen, Multiplikatoren,<br />
EntscheidungsträgerInnen — über wenig Zeit und<br />
viele Angebote verfügen?<br />
— Die demographischen Entwicklungen verändern die<br />
Zielgruppen und deren Dichte: Weniger SchülerInnen,<br />
Auszubildende, StudentInnen, weniger Berufstätige, mehr<br />
SeniorInnen. Das Publikum wird individueller werden.<br />
Wie will das Museum diese BesucherInnen erreichen?<br />
— Durch die Veränderung der Arbeitsgesellschaft wird es<br />
zunehmend Menschen mit viel (Frei-)Zeit, aber wenig<br />
Museumserfahrung geben. Wie will sich das Museum an<br />
diese BesucherInnen wenden?<br />
Es wird also zukünftig notwendiger als in der Vergangenheit<br />
sein, dass das Museum seine jeweilige Arbeit überprüft,<br />
sehr unterschiedliche, neue Vermittlungsangebote,<br />
Ausstellungsformate, Veranstaltungsformate <strong>für</strong> unterschiedliche<br />
Zielgruppen einer Ausstellung entwickelt. Das<br />
Museum sollte nicht mehr nur nach dem Motto «Ich will<br />
so bleiben, wie ich bin» arbeiten. Vielmehr muss es seine<br />
unendlich vielen Möglichkeiten der Kommunikation mit<br />
seinem Publikum immer wieder neu reflektieren, wenn es<br />
weiterhin und zukünftig ein Ort lebendiger Vermittlung<br />
von Wissen und Bildung, ein Ort der Kommunikation und<br />
<strong>des</strong> Diskurses innerhalb der Gesellschaft sein möchte.