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Text - Beratungsstelle für Landesgeschichte

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Leimgruber / Meier / Sablonier • Kinder der Landstrasse 159<br />

war er offensichtlich mit der Herstellung dieser engen Verbindung zwischen «Kinder<br />

der Landstrasse» und Bundesrat einverstanden.<br />

Wiederum drei Jahre später erfolgte ein weiterer <strong>für</strong> die Rolle des Bundes wichtiger<br />

Schritt. Die Pro Juventute richtete am 25. Februar 1929 unter dem Stiftungsratspräsidium<br />

des EJPD-Chefs, Bundesrat Heinrich Häberlin, ein Subventionsgesuch an den<br />

Bund. Darin heisst es: «Die Massnahmen zur Sanierung einer Tessiner Schirmflickerfamilie,<br />

auf welche die Stiftung durch Herrn Bundesrat Motta aufmerksam gemacht<br />

worden war, liessen vor ca. drei Jahren den Plan zu einer besonderen Aktion<br />

<strong>für</strong> die Kinder herumziehender Korber und Kesselflicker reifen.» 334 In den vergangenen<br />

zweieinhalb Jahren seien bereits über hundert solch armer, geistig und körperlich<br />

aufs höchste gefährdeter und verwahrloster Kinder aus dem «ihnen schädlichen<br />

Milieu entfernt und rechtschaffenen Pflegeeltern oder gut geleiteten Anstalten zugeführt<br />

worden». Die gemachten Erfahrungen seien positiv, die Be<strong>für</strong>chtung, «es<br />

möchten diese Kinder sich überhaupt einer geregelten Lebensweise nicht mehr anpassen<br />

und sich bald durch die Flucht entziehen», sei nur in ganz wenigen Fällen in<br />

Erfüllung gegangen. Auch in erzieherischer Hinsicht scheine «eine günstige Prognose<br />

erlaubt». Da die Bekämpfung des Übels die ganze Schweiz interessiere, müsse<br />

auch der Bund zur Finanzierung beitragen. Es wurde deshalb beantragt, «es möchte<br />

der Stiftung Pro Juventute als Beitrag an ihre Fürsorgeausgaben <strong>für</strong> die Kinder vagabundierender<br />

Schweizerfamilien während der Dauer von mindestens zehn Jahren<br />

eine Subvention aus Bundesmitteln ausgerichtet werden. Für das Jahr 1930 wären<br />

Fr. 15'000 in Aussicht zu nehmen.» 335<br />

Das Subventionsgesuch war dokumentiert mit einem Bericht vom 29. Januar 1929<br />

über «Umfang der Vagantität und Aufgaben der nächsten Jahre», einem Exposé<br />

«Vagantität u. Fürsorge», der Jahresrechnung und dem Tätigkeitsbericht 1928 und<br />

dem Stammbaum der Familie Fecco samt Erläuterungen.<br />

Der Stammbaum der Familie Fecco von Mosaglia war von Siegfried aufgrund des<br />

Burgerrodels am 31. Dezember 1928 aufgenommen worden. Ihm wurde der Vermerk<br />

beigefügt: «Stammbaum der Familie Fecco befindet sich schon in Bern, Bundeshaus,<br />

Polizeiabt.» 336 In den «Erläuterungen und Anmerkungen zum Stammbaum<br />

der Familie Fecco» heisst es: «Wir haben als Beispiel die Familie Fecco gewählt,<br />

weil über sie ziemlich vollständige Angaben vorhanden sind und weil sie ohne Zweifel<br />

eine der schlimmsten Sippen unter den Fahrenden darstellt.» Bei der Beilage<br />

«Jahresrechnung und Tätigkeitsbericht 1928» handelt es sich um die gedruckt vorliegende<br />

Nr. 4 der «Mitteilungen des Hilfswerkes <strong>für</strong> die Kinder der Landstrasse», und<br />

bei der weiteren Beilage «Exposé Vagantität u. Fürsorge» um einen Separatabzug<br />

des Artikels «Vagantität und Jugend<strong>für</strong>sorge» von Siegfried, erschienen im «Armenpfleger»,<br />

Nr. 2 vom 1. Febr. 1929.<br />

In der nicht unterzeichneten Beilage «Umfang der Vagantität und Aufgaben der<br />

nächsten Jahre» heisst es: «Im Dezember 1928 wurden an 35 schweizerische Gemeinden<br />

Fragebogen über die dort heimatberechtigten Personen, die zu den Fahrenden<br />

gerechnet werden müssen, versandt. Es liefen 30 Antworten ein. In ihnen<br />

334 BAR, E 3001 (A) 1, Bd. 11; zum folgenden vgl. auch Huonker, Fahrendes Volk, 77–80.<br />

335 Brief der Pro Juventute an den Bundesrat, unterzeichnet vom Präsidenten der Stiftungskommission,<br />

Ulrich Wille, und von Zentralsekretär Dr. Loeliger, 25. Febr. 1929, BAR, E 3001 (A) 1, Bd.<br />

11.<br />

336 Vgl. die Reproduktion dieses Belegs in: Huonker, Fahrendes Volk, 79.

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