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Text - Beratungsstelle für Landesgeschichte

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Leimgruber / Meier / Sablonier • Kinder der Landstrasse 179<br />

7.2.1. Klärung Verantwortlichkeiten<br />

Betroffene, Beteiligte und Öffentlichkeit haben einen Anspruch auf Abklärung der<br />

Verantwortlichkeiten. Diese ist möglich und dringend.<br />

• Bis heute sind die Verantwortlichkeiten rund um die Aktivitäten des Hilfswerks<br />

nicht genügend geklärt. Der zeitliche Abstand zum Geschehen, aber auch die<br />

grosse Komplexität des Sachverhalts verlangen in dieser Hinsicht weitere Nachforschungen<br />

und gebührende Vorsicht und Zurückhaltung. So weit es zurzeit<br />

überblickt werden kann, ergeben sich sowohl in bezug auf die Rolle von Bund<br />

und Pro Juventute wie auch im Hinblick auf die Funktionen der übrigen Beteiligten<br />

aus den Akten wichtige neue Informationen. Nach der Durchsicht ist evident,<br />

dass die Möglichkeiten einer – wenigstens teilweisen – Klärung bisher noch bei<br />

weitem nicht ausgeschöpft sind. Bisher überwogen einseitig die Rechtfertigungsversuche;<br />

die von der historischen Aufarbeitung angestrebte Annäherung an die<br />

Wahrheit muss aber auch Negatives und Unschönes genauer klären. Eine solche<br />

Untersuchung bedeutet übrigens keine Geringschätzung der Verdienste jener, die<br />

Gutes tun wollten und unter hohem persönlichen Einsatz einfühlsam und verantwortungsbewusst<br />

handelten. Sie gab es ebenfalls und auf allen Ebenen.<br />

• Eine Klärung der Verantwortlichkeiten ist nicht zuletzt ein Gebot der Gerechtigkeit.<br />

Nur eine weitere Erforschung auf wissenschaftlicher Basis kann dazu die<br />

Grundlagen liefern. Die Kantone und Gemeinden auf Behördenseite, beteiligte<br />

Fürsorgeorganisationen, Anstalten, Kliniken und Heime staatlicher, parastaatlicher<br />

und privater Art müssen dazu ebenfalls Hand bieten. Auch kann die Stimme<br />

der Betroffenen dabei nicht einfach als «subjektive Meinungsäusserung» abgetan<br />

werden.<br />

7.2.2. Aktenzugang und Aktenergänzung<br />

Die Pro-Juventute-Akten des «Hilfswerks <strong>für</strong> die Kinder der Landstrasse» müssen<br />

im Bundesarchiv bleiben. Die Einsichtsmöglichkeiten sind nicht nach den restriktiven<br />

Grundsätzen <strong>für</strong> Fürsorgeakten, sondern nach den gängigen Regeln <strong>für</strong> allgemeine<br />

Verwaltungsakten zu gewähren. Die Betroffenen müssen die Möglichkeit<br />

zur Aktenergänzung – im Sinne der individuellen, «subjektiven» Stellungnahme<br />

und der Anfügung zusätzlicher Dokumente aus der Zeit – erhalten. Kantone und<br />

Gemeinden, öffentliche und private Anstalten sind aufzufordern, diese Regeln<br />

ebenfalls zu befolgen, verbunden mit einer rückhaltlosen Offenlegung gegenüber<br />

Betroffenen.<br />

• Mit der Deponierung der Pro-Juventute-Akten im Bundesarchiv machen die staatlichen<br />

Instanzen ihr Monopol auf das Anlegen und Bewahren von Akten geltend.<br />

Die zentrale Deponierung ist sinnvoll, weil sie die Erhaltung der Dokumente und<br />

die Gleichbehandlung von Zugangsnachfragern garantiert. Nicht sinnvoll ist es<br />

dagegen, Sonderregelungen <strong>für</strong> den Zugang zu treffen. Es handelt sich um normales<br />

zeitgeschichtliches Material, das grundsätzlich und unter Wahrung von datenschutz-<br />

und personenrechtlichen Kriterien möglichst vielen möglichst bald zugänglich<br />

gemacht werden sollte (möglichst kurze Sperrfrist, wissenschaftlicher<br />

Gebrauch innerhalb der Sperrfrist mit besonderer Genehmigung der Bundesbehörden<br />

und unter strikter Anonymisierung, effizienter Schutz noch lebender

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