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Text - Beratungsstelle für Landesgeschichte

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166 Leimgruber / Meier / Sablonier • Kinder der Landstrasse<br />

die andere widmete sich der Aufklärung und Belehrung der Mütter. Beides geschah<br />

mit dem gleichen staatspolitischen Ziel, nämlich «unserem Land einen gesunden<br />

Nachwuchs zu sichern». 361<br />

In den sechziger Jahren erhielt die Pro Juventute dann auch Bundessubventionen <strong>für</strong><br />

Ferienkolonien, die überlasteten Müttern Erholung ermöglichen sollten. 362<br />

Da das «Hilfswerk» im Laufe der Jahre immer weniger Kinder betreute, eine Kürzung<br />

der Subventionen aber verhindern wollte, wurden immer wieder Gründe gesucht,<br />

warum der Aufwand nicht geringer werde: Die Heime würden immer teurer<br />

und die Krankenkassenprämien erhöht, alte, treue Gönner könnten nicht ersetzt werden,<br />

363 das Durchschnittsalter steige, mehr Schulentlassene brächten mehr Betreuungsaufwand,<br />

müssten doch <strong>für</strong> Einzelne in «kurzen Zeitabständen» immer wieder<br />

neue Plätze gesucht werden, weil sie infolge Schwachsinns und charakterlicher<br />

Schwierigkeiten nirgends lange bleiben könnten oder wollten. 364 1961 wird im Jahresbericht<br />

der Pro Juventute mit Bezug auf das «Hilfswerk» festgehalten: «Seine<br />

‹heroischen› Zeiten gehören der Vergangenheit an. […] Der Umstand, daß wir es<br />

heute vorwiegend mit schulentlassenen Burschen und Mädchen der herumziehenden<br />

‹Fecker› zu tun haben, während in den ersten 20 Jahren unseres <strong>für</strong>sorgerischen<br />

Wirkens die schulpflichtigen und vorschulpflichtigen Kinder zwei Drittel und mehr<br />

betrugen, macht sich begreiflicherweise im gleichen Sinne bemerkbar, denn auch<br />

hier gilt: ‹Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen.›» 365<br />

1960 wurde das «Hilfswerk» Gegenstand einer Abklärung in der Geschäftsprüfungskommission<br />

des Ständerates. Diese bat um die Beantwortung folgender Fragen:<br />

«Qu’entend-on exactement par ‹familles nomades›? S’agit-il également de familles<br />

‹foraines›? Fait-on une discrimination entre les familles nomades suisses et les<br />

familles nomades de nationalité étrangère ou apatrides? Les pouvoirs publics<br />

s’occupent-ils officiellement de l’éducation des enfants de familles nomades?» Eine<br />

Antwort, wenn möglich in französischer Sprache, wurde innerhalb von fünf Tagen<br />

erbeten. 366 In einem Expressschreiben vom letzten Tag der gesetzten Frist reagierte<br />

die «Hilfswerk»-Mitarbeiterin Clara Reust, hielt aber eingangs fest, die gestellten<br />

Fragen könnten in so knapper Frist nicht beantwortet werden. Zudem sei der Leiter<br />

der Abteilung «Schulkind und Fürsorge» mehrere Tage abwesend und könne zu der<br />

Sache keine Stellung beziehen. In eigener Kompetenz lieferte sie der Geschäftsprüfungskommission<br />

folgende Angaben:<br />

361 Brief von Zentralsekretär O. Binder an den Bundesrat, EDI «Voranschlag der Eidgenossenschaft<br />

<strong>für</strong> das Jahr 1958», 24. Juni 1957, BAR, J II.187, 1201.<br />

362 Zentralsekretariat der Pro Juventute, Ledermann, an den Bundesrat, EDI, «Voranschlag der Eidgenossenschaft<br />

<strong>für</strong> das Jahr 1964», 20. Juni 1963, BAR, J II.187, 1203.<br />

363 Siegfried, Jahresbericht 1958 des Hilfswerkes <strong>für</strong> die Kinder der Landstrasse, 15. Jan. 1959],<br />

BAR, J II.187, 1201.<br />

364 Brief Pro Juventute, Zentralsekretariat, Ledermann, an den Bundesrat, EDI, 27. Juni 1958, BAR,<br />

J II.187, 1201; vgl. auch «Voranschlag der Eidgenossenschaft <strong>für</strong> das Jahr 1954/II.3.3. Bundesbeitrag<br />

1953 zugunsten des Hilfswerkes <strong>für</strong> die Kinder der Landstrasse und der Abteilung Mutter<br />

und Kind des Zentralsekretariates Pro Juventute. Brief von Zentralsekretär O. Binder, an den<br />

Bundesrat, EDI, 1. Juli 1953, BAR, J II.187, 1231; Brief von Pro Juventute-Zentralsekretär O.<br />

Binder an den Bundesrat, EDI «Geschäftsbericht des Bundesrates <strong>für</strong> das Jahr 1958», 17. Jan.<br />

1957, BAR, J II.187, 1201.<br />

365 PJA A 30 Stiftungsrats-Sitzungen, Ordner 16: 1960–1962, Jahresbericht 1960/61 zuhanden der<br />

Sitzung vom 12. Juli 1961, 23.

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