Text - Beratungsstelle für Landesgeschichte
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18 Leimgruber / Meier / Sablonier • Kinder der Landstrasse<br />
entsprechende Materialien von seiten der Privaten weitgehend. Die Sicht der Verwalter<br />
ist dokumentiert, diejenige der Verwalteten nicht. Wer die Art und den Umfang<br />
der Schriftlichkeit bestimmt, bestimmt damit auch weitgehend das Bild, das<br />
man sich von einer Sache macht bzw. machen kann. Erschwerend kommt dazu, dass<br />
sich die Kultur der Fahrenden ohnehin sehr viel stärker auf mündliche als auf schriftliche<br />
Überlieferung beruft.<br />
Alle diese Vorbehalte mögen nun als geradezu erdrückende Einschränkungen erscheinen.<br />
Dennoch: Sie stellen zwar hohe Anforderungen an Bearbeitung und Interpretation,<br />
in der einen oder anderen Form aber ist jede historische Untersuchung mit<br />
diesen Problemen der Quellenkritik konfrontiert, und das Quellenmaterial ist nie<br />
vollständig. Eine sorgfältige Berücksichtigung der Ungleichgewichte erlaubt es der<br />
Forschung durchaus, wenigstens grundsätzlich, aber auch in manchen konkreten<br />
Vorgängen den damaligen Handlungssituationen gerecht zu werden. Und eine entsprechend<br />
aufmerksame und methodisch überlegte Sichtung auch nur dieses Materials<br />
vermag unsere Kenntnisse sehr zu vermehren. Das ändert aber nichts am Desiderat<br />
einer systematischeren Untersuchung, die sämtliche noch vorhandenen Informationsquellen<br />
– auch die Aussagen der Betroffenen und Beteiligten müssen einbezogen,<br />
allerdings ebenfalls kritisch beurteilt werden – auswerten müsste. Erst eine<br />
solche systematische Untersuchung könnte beispielsweise das vielfältige intellektuelle,<br />
politische, gesellschaftliche und persönliche Beziehungsnetz der Akteure auf<br />
befriedigende Weise rekonstruieren – oder auch vermehrt die Lücken des Materials<br />
offenlegen.