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Gerontopsychiatrisch veränderte Menschen im Krankenhaus ...

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führt. Umgekehrt gibt es Hinweise darauf, dass psychiatrisch-psychotherapeutische<br />

Interventionen entsprechend zu einer Kostensenkung beitragen könnten. Hier sind<br />

die Forschungsergebnisse allerdings noch widersprüchlich. Wenn aber derartige Interventionen<br />

z.B. zu einer Verringerung von <strong>Krankenhaus</strong>verweildauern führen sollen,<br />

dann müssen diese offenbar in einem Liaisonansatz verfolgt werden.<br />

Der Unterschied zwischen einem psychiatrischen Liaisondienst bzw. einem Konsiliardienst<br />

ist folgender: be<strong>im</strong> klassischen Konsilmodell wird der Psychiater vom behandelnden<br />

somatischen Arzt gerufen, wogegen er be<strong>im</strong> Liaisonansatz von vorneherein<br />

auf einer definierten regulären Basis an der Versorgung somato-psychisch kranker<br />

Patienten teiln<strong>im</strong>mt. Der Vorteil des Liaisonansatzes liegt darin begründet, dass die<br />

somatischen Ärzte viel zu selten an die Möglichkeit einer psychiatrisch-psychotherapeutischen<br />

Mitbetreuung denken: die relative Konsilrate ist, überraschenderweise<br />

weltweit, nämlich niedrig und liegt bei 1 bis 2 % (<strong>im</strong> Gegensatz zu den vermutlich erforderlichen<br />

10 %, wie dies weiter oben bereits ausgeführt wurde). Man könnte also<br />

sagen, dass <strong>im</strong> klassischen Konsilansatz lediglich die Spitze des Eisbergs psychiatrischer<br />

Komorbidität erkannt wird. Dies lässt sich z.B. am akuten Verwirrtheitszustand<br />

älterer <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Allgemeinkrankenhaus zeigen: dieser wird nämlich viel zu selten<br />

erkannt, wobei dann wiederum hauptsächlich das sog. hyperaktive Delir auffällt, also<br />

eine Delirform, bei der die Patienten umtriebig und z.B. aggressiv sind. Das ebenfalls<br />

häufige hypoaktive Delir, das sich dadurch auszeichnet, dass die Patienten eher ratlos<br />

<strong>im</strong> Bett liegen, wird dem gegenüber viel zu selten diagnostiziert und häufig als<br />

Depression verkannt. Hier ist die Aufgabe der psychiatrischen Liaisondienste nicht<br />

nur, die Diagnostik und Behandlung dieser Erkrankungsbilder zu verbessern, sondern<br />

durch eine Unterweisung der somatischen Ärzte, aber auch des Pflegepersonals, <strong>im</strong><br />

Gebrauch von einfachen Screening-Methoden frühzeitig auf die Diagnosestellung<br />

und damit bessere Behandelbarkeit solcher Krankheitsbilder vorzubereiten.<br />

Gleichzeitig geht es hierbei allerdings auch darum, Vorurteile gegenüber psychisch<br />

kranken <strong>Menschen</strong>, der Psychiatrie oder aber insgesamt gegenüber älteren <strong>Menschen</strong><br />

zu beseitigen. Einerseits glauben viele somatisch tätige Ärzte und Pflegekräfte<br />

<strong>im</strong>mer noch, dass Psychiatrie gleichzusetzen sei mit der Verwahrung von „auffälligen“<br />

Personen und dass die psychiatrischen Heilbehandlungen letztlich nicht über<br />

die Gabe von Beruhigungsspritzen und das Anlegen von Zwangsjacken hinausgehen.<br />

Hier ist bei vielen <strong>im</strong>mer noch als Modell der alte Film „Einer flog über das Kuckungsnest“<br />

präsent.<br />

Weitere Vorurteile sind aber auch, dass, wenn man selber etwa einen Herzinfarkt erlitten<br />

habe, man dann sicherlich auch depressiv sei. Dies aber ist durch Forschungsergebnisse<br />

eindeutig widerlegt: lediglich ein Prozentsatz von ca. 10 bis 20 % körperlich<br />

kranker Patienten wird <strong>im</strong> Laufe ihrer Erkrankung eine länger anhaltende depressive<br />

Störung erleben. Die Mehrzahl der körperlich kranken Patienten wird vielleicht mit<br />

Ängstlichkeit und trauriger Verst<strong>im</strong>mung auf die Mitteilung der Diagnose einer Krebserkrankung<br />

reagieren, ist dann aber in der Lage, unterstützt durch die eigene Familie,<br />

medizinisches Personal oder auch Selbsthilfegruppen, auch mit prekären Situationen<br />

kompetent und zielgerichtet umzugehen. Dennoch bleibt aber der o.g. Prozentsatz<br />

an Patienten, bei denen dann schließlich eine behandlungsbedürftige psychiatrische<br />

Diagnose gestellt werden muss. Und hier wiederum lässt sich sagen, dass es mittlerweile<br />

über hinreichend methodisch hoch qualifizierte Studien gelingt, die Wirksamkeit<br />

psychiatrisch-psychotherapeutischer, seien es pharmakologische, aber auch psychotherapeutische<br />

Methoden zu belegen.<br />

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