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Gerontopsychiatrisch veränderte Menschen im Krankenhaus ...

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Die Erklärung, dass sie ruhig liegen bleiben sollte, bis sie abgeholt würde,<br />

hat meine Mutter sicher mit einem Lächeln und einem „Ja“ beantwortet, ohne<br />

sich über die Bedeutung <strong>im</strong> Klaren zu sein. Aber als sie allein war, versuchte<br />

sie nach kurzer Zeit, sich zu erheben und von der Trage zu klettern;<br />

ich kam gerade noch rechtzeitig, um sie vor einem erneuten Sturz zu bewahren<br />

oder vor dem Herauslaufen aus dem <strong>Krankenhaus</strong> in das umgebende<br />

große Waldgebiet hinein.<br />

Wenn in einem <strong>Krankenhaus</strong> gerontopsychiatrisch <strong>veränderte</strong>n <strong>Menschen</strong><br />

eine Chance gegeben werden soll, wenn versucht werden soll, für diese<br />

Kranken ein Krisenerlebnis zu vermeiden, dann genügt es nicht, dem Pflegepersonal<br />

best<strong>im</strong>mte Verhaltensregeln zu geben, die sie stereotyp befolgen.<br />

So legte man meine Mutter nach einem akuten Herzanfall aufgrund ihrer<br />

fortgeschrittenen Demenz mit zwei anderen alten kranken Frauen in ein<br />

Vierbettz<strong>im</strong>mer zusammen. Ich hatte einen guten Kontakt zum Pflegepersonal<br />

und somit keinerlei Schwierigkeiten, den Tag über bei meiner Mutter zu<br />

verbringen. Das ist nicht selbstverständlich, sondern zum Teil sogar unerwünscht.<br />

Angehörigen wird als Begründung gesagt, dass sie die Kranken<br />

durch ihre Anwesenheit beunruhigen würden, dass sie störend für den Ablauf<br />

des <strong>Krankenhaus</strong>alltags wirkten, andere Patienten sähen darin eine<br />

Belästigung und fühlten sich in ihrem Ruhebedürfnis gestört. Auf dieser Station<br />

konnte ich aber auch als Laie bei kleinen Verrichtungen helfen und die<br />

Schwerkranke beobachten, um bei Bedarf Hilfe zu holen. Für meine Mutter<br />

waren es opt<strong>im</strong>ale Bedingungen, da sie trotz ihrer Erkrankung meine Nähe<br />

erkannte und beruhigt war.<br />

Die zweite Frau <strong>im</strong> Nachbarbett verschlief fast den ganzen Tag. Sie äußerte<br />

keinerlei Anzeichen von Schmerzen, ich konnte sie mit beobachten und<br />

notfalls Hilfe holen. Die dritte Frau war noch in der Lage zu sprechen, aber<br />

sie war nicht in der Lage, irgendwelche Erklärungen zu verstehen. Sie begriff<br />

kaum, dass sie in einem <strong>Krankenhaus</strong> war und <strong>im</strong> Bett liegen sollte. Da<br />

sie ständig meinte, auf die Toilette gehen zu müssen, klingelte sie häufig,<br />

das heißt, sie drückte auf den Klingelknopf, aber sie begriff natürlich nicht<br />

die Technik der Gegensprechanlage an ihrem Nachttisch. So stellte man die<br />

Klingel ab, die Kranke drückte den Knopf ohne Erfolg, das Bett wurde nass,<br />

und man legte einen Katheter. Den riss sie sich heraus, und so erfolgte eine<br />

Fixierung der Arme.<br />

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