4-2015
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement
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Editorial<br />
Elektronik in der Medizin - Innovative Produkte<br />
für die „Theranostik“<br />
Dr. Thomas R. Dietrich,<br />
Geschäftsführer IVAM<br />
Fachverband für Mikrotechnik<br />
1958 wurde der erste Herzschrittmacher,<br />
der vollständig in den menschlichen Körper<br />
eingebettet war, in Betrieb genommen. Zu<br />
diesem Zeitpunkt hatte niemand mit dem<br />
großen Erfolg dieser Technologie gerechnet.<br />
Aber allein in Deutschland erhalten derzeit<br />
rund 130.000 Patienten pro Jahr ein derartiges<br />
Implantat und gewinnen dadurch eine<br />
deutlich verbesserte Lebensqualität.<br />
Dies war allerdings erst der Anfang – denn<br />
immer mehr Hightech-Produkte finden ihren<br />
Weg in die Medizin. Insbesondere in einer<br />
alternden Gesellschaft, in der chronische<br />
Krankheiten ein zunehmendes Problem sind,<br />
sind technische Hilfsmittel erforderlich, um<br />
die Lebensqualität der Bevölkerung zu erhalten<br />
und gleichzeitig die Folgekosten für das<br />
Gesundheitssystem einzudämmen. Auf der<br />
COMPAMED <strong>2015</strong> werden in den Hallen 8 a<br />
und b Innovationen gezeigt, die in der Lage<br />
sind, die Medizinprodukte zukünftig kostengünstiger,<br />
sicherer und zuverlässiger zu machen.<br />
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auch<br />
in diesem Jahr auf miniaturisierten Systemen<br />
und innovativen Elektronik-lösungen wie<br />
z. B. implantierbare oder druckbare Elektronik<br />
sowie elektronisch aufgewertete Textilien.<br />
Für so genannte „Wearables“ werden beispielsweise<br />
miniaturisierte Sensoren benötigt,<br />
die zuverlässig und kontinuierlich exakte<br />
Messwerte liefern. So können Vitalparameter<br />
durch Geräte direkt am Körper gemessen<br />
werden. Miniaturisierte optische Sensoren<br />
sind bereits in der Lage, schmerzfrei<br />
Blutwerte zu ermitteln. Ein In-Ohr-Sensor ist<br />
beispielsweise in der Lage, den Pulsschlag<br />
und den Sauerstoffgehalt des Blutes nichtinvasiv<br />
zu messen und kontinuierlich an ein<br />
Aufzeichnungsgerät zu übermitteln.<br />
Sehr kleine elektrische Sensoren können<br />
künftig auch waschfest, reißfest und dehnbar<br />
in Textilien eingearbeitet werden, um zahlreiche<br />
Funktionen zu ermöglichen, die ältere<br />
Personen in ihrem täglichen Leben unterstützen,<br />
insbesondere bei der dauerhaften<br />
Behandlung von chronischen Krankheiten.<br />
Durch Sensoren in Matratzen oder der Kleidung<br />
von Patienten können Körperfunktionen<br />
überwacht und im Notfall ein Arzt verständigt<br />
werden. Auf Intensivstationen könnte tragbare<br />
Sensorik dazu beitragen, die Menge an Großgeräten<br />
und die Verkabelung der Patienten<br />
auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Weitere<br />
Beispiele für Wearables auf der COMPAMED<br />
sind z. B. autarke Kraftsensorschuheinlagen<br />
zur akustischen Ganganalyse, mobile Atemgasanalysesysteme<br />
oder in Zahnprothesen<br />
integrierte Medikamentendosiersysteme. So<br />
können z.B. Parkinson-Medikamente direkt<br />
und kontinuierlich an die Mundschleimhaut<br />
abgeben werden.<br />
Mikroelektronische Implantate spielen<br />
dabei eine immer größere Rolle. Diese intelligenten<br />
Implantate kombinieren Therapie und<br />
Diagnose (Theranostik) in einem einzigen<br />
System. Sie verbinden Sensoren, Aktoren<br />
und Signalverarbeitung. Diese technisch<br />
hochentwickelten, komplexen, medizinischen<br />
Geräte stellen hohe Anforderungen an Forschung,<br />
Entwicklung, Produktion, Qualitätskontrolle<br />
und Genehmigungsprozesse. Die<br />
eng vernetzte interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
zwischen Ärzten, Ingenieuren, Materialwissenschaftlern,<br />
Biochemikern und Mikrotechnik-Experten<br />
ist daher essentiell für den<br />
Erfolg der Technologie.<br />
Um implantierbarer Elektronik zu entwickeln,<br />
müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt<br />
werden: Die Miniaturisierung von Funktionen,<br />
Langzeitstabilität, Chip-Technologie,<br />
integrierte Netzteile, Sterilisation und Telemetrie.<br />
Moderne Methoden der Mikro- und<br />
Nanotechnologie helfen dabei, die winzigen<br />
Komponenten der Implantate hermetisch abzusichern,<br />
um langfristige Stabilität und Sicherheit<br />
zu erreichen. Bio-Stabilität und Biokompatibilität<br />
sind ebenfalls große Herausforderungen,<br />
die es mit Hilfe der Hightech-Industrien<br />
zu lösen gilt, um das geeignete Material<br />
und die perfekte Oberfläche für Schutzschichten<br />
herzustellen.<br />
Die COMPAMED bietet durch die Ausstellung<br />
der innovativen Produkte aber auch<br />
die Vorträge von neuesten Entwicklungen,<br />
z.B. auf dem IVAM Hightech-Forum in Halle<br />
8a, die beste Gelegenheit miteinander ins<br />
Gespräch zu kommen und den passenden<br />
Partner für die Entwicklung oder Herstellung<br />
von zukunftsfähigen Produkten zu finden.<br />
Dr. Thomas R. Dietrich<br />
meditronic-journal 4/<strong>2015</strong><br />
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