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Individualisierung und mobile Dienste am Beispiel der Medienbranche

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2 Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Zus<strong>am</strong>menhang mit den bereits genannten <strong>Individualisierung</strong>strends stehen<br />

<strong>und</strong> daher im Folgenden kurz erläutert werden.<br />

1. Die Schaffung eines stabilen Marktgleichgewichts nach neoklassischem<br />

Ökonomieverständnis erfor<strong>der</strong>t vollständige Information von sowohl Anbietern<br />

als auch Nachfragern über das Marktangebot <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e<br />

über die <strong>am</strong> Markt gesetzten Preise. 105 Vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> diversifizierten<br />

<strong>und</strong> differenzierten Angebotsstrukturen eines globalisierten<br />

„Marktraums“ 106 stellt eine solche umfassende Zweckrationalität jedoch<br />

eine hohe Anfor<strong>der</strong>ung an das Denkvermögen <strong>der</strong> involvierten Akteure.<br />

Bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts stellte Simon fest,<br />

dass die für eine vollkommene Rationalität erfor<strong>der</strong>liche Kenntnis <strong>und</strong><br />

Voraussicht aller möglichen Konsequenzen bei Wahlentscheidungen in<br />

<strong>der</strong> Realität stets lediglich fragmentarisch bleibt. 107 Die Annahme vollkommener<br />

Rationalität stellt deshalb nach Lindblom lediglich ein „synoptisches<br />

Ideal“ 108 dar, das nicht an bspw. die begrenzten intellektuellen<br />

Fähigkeiten des Menschen, sein generell begrenztes Wissen <strong>und</strong> die<br />

Aufwendigkeit vollständiger Situationsanalysen angepasst ist. 109<br />

2. Im Geiste des radikalen Konstruktivismus 110 lässt sich das menschliche<br />

Problemlösen als ein Prozess <strong>der</strong> Informationsverarbeitung beschreiben,<br />

in dem <strong>der</strong> Entschei<strong>der</strong> durch seine Persönlichkeit in Form<br />

seiner im Langzeitgedächtnis gespeicherten Erfahrungen als Wahrnehmungsfilter<br />

gegenüber Reizsignalen im kapazitär vergleichsweise<br />

beschränkten Kurzzeitgedächtnis fungiert. 111 Dadurch beschränkt sich<br />

das Such- <strong>und</strong> Auswahlverhalten zwischen Entscheidungsvariablen einer<br />

Problemstellung tendenziell in dem Rahmen erfahrungsgeprägter<br />

Muster, innerhalb <strong>der</strong>er lediglich kleine „inkrementale“ Än<strong>der</strong>ungen, jedoch<br />

keine mit erhöhter Unsicherheit behafteten Än<strong>der</strong>ungen im Hin-<br />

105 Vgl. Kirsch (1997a), S. 619 f.<br />

106 Durch die Möglichkeiten medial vermittelter Kommunikation <strong>und</strong> dabei insbeson<strong>der</strong>e durch das Internet<br />

werden nach Ansicht einiger Autoren die lokal geb<strong>und</strong>enen Marktplätze für physische Güter durch<br />

einen sich global ausdehnenden virtuellen Marktraum für Informationen <strong>und</strong> Güter aller Art abgelöst.<br />

Vgl. bspw. Weiber/Kollmann (2000), S. 48.<br />

107 Vgl. Simon (1957), S. 81.<br />

108 Vgl. Kirsch (1998), S. 181: Mit dem Attribut „synoptisch" wird unterstellt, dass <strong>der</strong> Entschei<strong>der</strong> über<br />

einen uneingeschränkten Überblick über alle Alternativen, alle möglichen Umweltsituationen <strong>und</strong> alle<br />

möglichen Ergebnisse <strong>der</strong> Alternativen verfügt.<br />

109 Vgl. Braybrooke/Lindblom (1963), S. 113.<br />

110 Der radikale Konstruktivismus beruht auf <strong>der</strong> neurobiologischen Erkenntnis, dass jede Form von Verstehen<br />

nicht ein getreues Abbild <strong>der</strong> Wirklichkeit, son<strong>der</strong>n durch die kognitiven Prozesse des Nervensystems<br />

lediglich ein internes Konstrukt <strong>der</strong> Außenwirklichkeit darstellt, das kognitive System des Gehirns<br />

demnach also eine operative Geschlossenheit aufweist. Vgl. Maturana/Valera (1987);<br />

Picot/Reichwald/Wiegand (1998), S. 83 f.<br />

111 Vgl. Kirsch (1998), S. 183 f.

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