Gewölbe- and Pfeilersystem.
Gewölbe- and Pfeilersystem.
Gewölbe- and Pfeilersystem.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
154 F. Mülle r.<br />
finden. Besonders auffallend ist diese Stärke an der aus einer Art Gussmauerwerk aufgeführten<br />
klafterdicken Burgmauer von Sascsor. Solche Mauern trotzten den rohen ZerstörungsWerkzeugen<br />
der Mongolen. Aber eben weil man solche Mauern aufführen musste, um den irdischen<br />
Besitz und die Stätte, wo Gottes Ehre wohnen sollte, gegen räuberische christliche und<br />
heidnische Hände zu sichern, konnte die Kunst sich nicht zu jener heiteren freien Entfaltung<br />
fortbewegen, die im Zeitalter der Hohenstaufen in Deutschl<strong>and</strong> angetroffen wird. Daher fehlt<br />
allen siebenbürgischen Kirchen der schöngegliederte Frontbau, fehlt fast durchgängig das<br />
schlanke Thurmpaar und der durchbrochene Helm mit der offenen Kreuzblum e, fehlt der<br />
schmucke Umgang und die reiche Füllung der Fenster, fehlt die vollständigere Entwickelung<br />
der darstellenden Künste, die an weniger einfache Bedingungen geknüpft sind als die Baukunst<br />
und individuellere Kräfte verlangen J) ; darum erfolgte der Übergang aus dem romanischen<br />
in den germanischen (gothischen) Styl hier um ein volles Jahrhundert später als in Deutschl<strong>and</strong>.<br />
An diesem Punkte treffen die hier geführten Untersuchungen mit den Resultaten nahe<br />
zusammen, welche in dem jüngst veröffentlichten Werke von Dr. Gustav H ei d e r über die<br />
romanische Kirche von Schöngrabern in Niederösterreich (Wien 1855) und später in der<br />
Beschreibung der Abteikirche von Heiligenkreuz (Mittelalterl. Kunstdenkmale des Österreich.<br />
Kaiserstaates. Lieferung 2, 46) für das Erzherzogthum Österreich festgestellt sind, dass bis<br />
etwa zum Schluss des ersten Drittheils des dreizehnten Jahrhunderts der Romanismus in der<br />
österreichischen Baukunst überwiegend gewesen. Nur dass im fernen Karpathenl<strong>and</strong>e, welches<br />
im zwölften Jahrhundert durch seine deutschen Ansiedlungen die eigentliche Ostmark<br />
geworden war, die vom Mutterl<strong>and</strong> ausgegangene Bewegung noch um einige Jahrzehendc<br />
später anbr<strong>and</strong>ete. Was im Rheinl<strong>and</strong>e bei dem Beginne des dreizehnten Jahrhunderts bereits<br />
eine vollendete Thatsache war2), in Österreich um 1230 zu überwiegen anfing, drang gegen<br />
Ende desselben Jahrhunderts, vielleicht nicht ohne Vermittelung des nächsten deutschen<br />
L<strong>and</strong>es, Österreichs, damals, als der erste Herrscher aus deutschem Stamm, der baierische<br />
Otto, auf den ungarischen Thron berufen ward, auch nach Siebenbürgen und führte mit dem<br />
Denkmalbau die Gothik an die Stelle des Romanismus zu dauernderer Herrschaft.<br />
Man kann nämlich mit ziemlicher Gewissheit was in Siebenbürgen zwischen den Jahren<br />
1000 und 1300 gebaut worden, dem romanischen Styl zuweisen. Wie spärlich auch die Denkmale<br />
aus dieser Periode erhalten sind, sie tragen diesen Charakter doch alle in ausgeprägter<br />
Weise an sich. Es dürfte bei dem ersten Anblick fast auffallend erscheinen, dass in dem<br />
L<strong>and</strong>e, welches für die Geschichte der Römerherrschaft in seinen Bautrümmern eine fast<br />
unerschöpfliche Quelle ist, aus Zeiten, die weit später sind, so wenig übriggeblieben. Die<br />
Ursache davon liegt theils in der solideren Bauart der Römer, dann aber vorzüglich in der<br />
langjährigen Verborgenheit dieser Trümmer, welche sie dem Auge und damit der Zerstörungslust<br />
weniger zugänglich machte. Die Jahrhunderte wirrer Völkerw<strong>and</strong>erungen, die für Siebenbürgen<br />
länger dauerten als für <strong>and</strong>ere Länder Europa’s, die hier mannigfaltige Volkselemente<br />
noch chaotisch ungeordnet sich ein<strong>and</strong>er abstossen sahen, als <strong>and</strong>erwärts die Stämme sich<br />
bereits zu Staaten consolidirt hatten, waren bemüht gewesen, die zum Theil grossartigen<br />
Reste der römischen Herrlichkeit in diesem L<strong>and</strong>e tief unter den grünen Rasen zu verbergen,<br />
J) E rn st F ö r ster, G esch . der d eu tsch e n K unst. L e ip z ig 1 8 5 1 , p. 51.<br />
'!) V gl. D r. F ra n z K ugler, H a n d b u c h der K u n stg e sch ic h te . Z w e ite A u flage. S tu ttgart 1 8 4 8 , p. 487 . L e id e r k o n n te ich d ie d ritte so<br />
v ielfa ch v erb e sse r te A uflage d ie s e s a u sg e z e ic h n e te n W erk es n o c h n ich t b en ü tzen .