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Stuttg. Beitrag_17

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80 Edgar H. Tritschler<br />

unzureichende Rating-Aktivitäten zu exorbitanten Finanzierungskosten und zu<br />

unmittelbar existenziell gefährdenden Unternehmenssituationen führen können.<br />

Kreditinstitute<br />

Controlling und Rating verhalten sich zueinander wie z.B. gesundheitsbewusste<br />

Lebensführung und ärztliche Diagnostik. So etwa könnte man die Ausgangslage<br />

umschreiben, vor deren Hintergrund im Verhältnis von Kreditwirtschaft zu Kredit-<br />

kunden ein weit reichender Kulturwandel stattfindet. Um im Bild zu bleiben und<br />

etwas überspitzt formuliert: Ein funktionstüchtiges Controlling hat die Bank seither<br />

nur insoweit interessiert, wie es im Jahresabschluss von Unternehmen sichtbar<br />

geworden ist. Umgekehrt: Brachte die Geschäftsleitung eines Kredit nehmenden<br />

Unternehmens gar keine oder unzureichende Controlling-Instrumente zur Anwen-<br />

dung, war es der Bank so lange gleichgültig, wie „schwarze Zahlen“ auf den Tisch<br />

kamen.<br />

Nun zur „ärztlichen Diagnostik“ mit einer Binsenwahrheit: Der Arzt kann nur dia-<br />

gnostizieren und therapieren, was ihm vorgeführt wird. Wenn der Patient nicht<br />

erscheint oder dem Arzt Krankheitssymptome oder Lebensgewohnheiten verschweigt<br />

oder „geschönt“ darstellt, ist eine Erfolg versprechende Diagnose und Therapie<br />

schwierig. Genauso können Banken und Sparkassen die Verhältnisse von Kredit-<br />

kunden nur soweit bewerten, wie sie sie kennen und plausibel nachgewiesen<br />

bekommen. Ignorieren oder verschweigen kann in beiden Beispielen fatale Folgen<br />

nach sich ziehen.<br />

Dies ist im Bankwesen im Grunde nichts Neues. Denn schon die rechtzeitige Vorlage<br />

von Bilanzen, GuV-Rechnungen, BWAs etc. wird schon immer von den Banken einge-<br />

fordert, wenngleich schon die Mahnung der Hausbank etwa im September, nun<br />

endlich den Jahresabschluss per Ende des letzten Jahres vorzulegen, von vielen Unter-<br />

nehmen (sehr zu Unrecht) als bürokratische Plage empfunden wird. Die Kenntnis<br />

dieser auch schon nicht mehr aktuellen Zahlen fließt als rein quantitatives, wesent-<br />

liches Kriterium in den Rating-Prozess ein. Insofern ist der Bankenapparat aus langer<br />

Tradition auf das bankinterne Rating bestens vorbereitet. Denn besonders die Kredit-<br />

leute unter den Bankern sind professionelle Bilanzanalysten; damit kennen sie sich<br />

wirklich aus. Aber eben überwiegend auf quantitative Kriterien bezogen.<br />

Die „ärztliche Kunst“, sprich: die Kunst des Bankers oder die Kultur der Kredit-<br />

wirtschaft drückt sich nunmehr darin aus, den Patienten nicht mehr nur danach zu<br />

fragen, „wie es uns denn heute geht“, sondern danach, warum ein Unternehmen so<br />

existiert, wie es existiert. Damit wird der Kulturwandel und das weitgehend neue<br />

Anforderungsprofil auf der Seite der Kreditgeber sichtbar. Die Entscheidungsträger<br />

auf der Bankenseite müssen sich weitaus tiefer in betriebswirtschaftliche und bran-<br />

chentypische Sachverhalte ihrer Kreditkunden hineindenken, als es bisher von ihnen<br />

verlangt wurde. Gut gemachtes (bankinternes) Rating auf der Seite der Kredit-<br />

wirtschaft muss sich nun also fortentwickeln von der Rolle des „Adressenausfall

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