Stuttg. Beitrag_17
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82 Edgar H. Tritschler<br />
dung abgeben, wenn er im Einzelfall zu einem vom Branchendurchschnitt abwei-<br />
chenden, besseren Ergebnis gelangt ist.<br />
Qualität der Kreditakten<br />
Dass eine bisher quantitativ orientierte Kreditpraxis nur bestimmte Akteninhalte<br />
erzeugt, ist einleuchtend. Die Ausweitung der Erkenntnisbreite auf qualitative<br />
Kriterien erfordert – in weitaus größerem Umfang als bisher – Nachweise für eine von<br />
der Kreditsachbearbeitung durchzuführende Plausibilitätsprüfung. Solange diese der<br />
Bank nicht vorliegen – sei es, dass sie (noch) nicht angefordert wurden oder sie trotz<br />
Aufforderung (noch) nicht eingereicht wurden – ist das Rating-Ergebnis bestenfalls<br />
tendenziell richtig. In sehr vielen Kreditakten fehlen die für qualitative Rating-<br />
Beurteilungen erforderlichen, aussagekräftigen und zitierfähigen Unterlagen.<br />
Aktuelle Kritikpunkte<br />
Ein schwer wiegendes Defizit in der bisherigen Rating-Umsetzungspraxis der Banken<br />
ist die weithin fehlende Transparenz über die angewandten Algorithmen bei der<br />
Berechnung von Rating-Kennziffern und – vor allem – hinsichtlich der Bekanntgabe<br />
dieser Kennziffer gegenüber den betroffenen Kunden. Angesichts der in jedem Fall<br />
eintretenden Wirkungen ist dieser Sachverhalt nur schwer verständlich; dazu ist<br />
allerdings festzuhalten, dass Unternehmen, die „ihre Hausaufgaben“ bereits erledigt<br />
und die Ergebnisse ihren Banken im Rahmen eines begonnenen, ernsthaften Rating-<br />
Berichtswesens kommuniziert haben, ihre Einstufungen häufig mehr oder weniger<br />
detailliert kennen. Der Verbraucherschutzminister Seehofer hat jedenfalls nicht ohne<br />
Grund mehr Transparenz eingefordert und bei weiterem Fehlen mit gesetzlichen<br />
Zwangsmaßnahmen gedroht. 1<br />
Aufgrund neuester Entwicklungen in den USA fürchtet indes der Bundesverband<br />
deutscher Banken ein „Scheitern von Basel II“. 2 Ohne diese erst in Konturen<br />
erkennbare Bedrohung einer weltweit gültigen, von den USA initiierten Regelung,<br />
bereits kommentieren zu können, ist festzuhalten, dass jede, auch nur vage Störung<br />
eines verbindlich vereinbarten Zeit- und Verfahrensplans bei den Beteiligten schwer<br />
wiegende Irritationen auslösen kann. Vor allem bei den KMU, die sich mit der<br />
Akzeptanz und Umsetzung der „Basel II“-Regeln ohnehin noch immer sehr schwer tun<br />
und letztlich hohe (Zins)Kosten aus noch nicht abgeschlossenen Rating-Verfahren zu<br />
tragen haben, wirken solche politische Entwicklungen und teils unbedachte öffentliche<br />
Äußerungen über „den Basel-Weg“ hochgradig kontraproduktiv.<br />
1 Vgl. www.mittelstanddirekt.de/transfer/kdmod_md_showteaser.de v. 28.06.06 (Abruf: <strong>17</strong>.08.2006)<br />
2 Vgl. DIE WELT v. 18.09.2006 (www.welt.de/data/2006/09/18/1041236.html?prx=1) (Abruf: 24.09.2006)