Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />
122<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> ist Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen und gleichzeitig ein stark von Menschen beeinflusstes<br />
Gebiet. Die Bemühungen, diesen einzigartigen Naturraum zu schützen und zu erhalten, erfordern ein grenzüberschreitendes<br />
Handeln. Seit Ende der siebziger Jahre arbeiten die drei Wattemeeranrainerstaaten Dänemark, Deutschland und die<br />
Niederlande zusammen und wenden dabei gemeinsame Grundsätze und Instrumente für den Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es an.<br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des<br />
<strong>Wattenmeer</strong>es<br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
beruht auf einer Absichtserklärung der drei Regierungen. Die so<br />
gewählte Form der Zusammenarbeit hat die erfolgreiche Überbrückung<br />
vieler bestehender Unterschiede begünstigt und die<br />
Voraussetzungen in Richtung eines integrierten Schutzes des<br />
gesamten <strong>Wattenmeer</strong>es geschaffen. Um die Zusammenarbeit zu<br />
intensivieren, wurde 1987 das ”Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat”<br />
mit derzeitigem Sitz in Wilhelmshaven eingerichtet.<br />
Eckpunkte trilateraler Politik im <strong>Wattenmeer</strong><br />
Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
basiert auf der ”Gemeinsamen Erklärung zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es”<br />
aus dem Jahre 1982. Die trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>politik<br />
baut auf den bestehenden unterschiedlichen nationalen Strukturen<br />
auf und wird in diesem Rahmen umgesetzt. Die gemeinsame<br />
Politik beinhaltet folgende Eckpunkte:<br />
• Gemeinsame Grundsätze (Common Principles),<br />
• Gemeinsame Ziele (Common Targets),<br />
• Gemeinsames Kooperationsgebiet (Trilateral Cooperation Area),<br />
• Trilateraler <strong>Wattenmeer</strong>plan (Trilateral Wadden Sea Plan),<br />
• Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>-Umweltbeobachtungsprogramm<br />
(Trilateral Monitoring and Assessment Program)<br />
Dieses ‘Paket’ gemeinsamer Politik wurde auf den Regierungskonferenzen<br />
zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es in Esbjerg, Dänemark<br />
1991, in Leeuwarden, Niederlande 1994 und in Stade, Deutschland<br />
1997 vereinbart und ausgebaut.<br />
1. Gemeinsame Grundsätze<br />
Der leitende Grundsatz der trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>politik ist, ”so<br />
weit wie möglich ein natürliches und sich selbst erhaltendes Ökosystem,<br />
in dem natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, zu<br />
erreichen”. Im Zusammenhang damit sind gemeinsame Prinzipien<br />
formuliert worden wie z. B. das Vorsorgeprinzip. Sie bilden<br />
die Grundlage für jegliche zu treffende Entscheidung bezüglich<br />
des Schutzes und Managements des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
2. Gemeinsame Ziele<br />
Die drei Staaten haben vereinbart, die Vielfalt der Biotoptypen<br />
des <strong>Wattenmeer</strong>es, die zu einem natürlichen und dynamischen<br />
Ökosystem gehören, zu erhalten. Dazu gehören Salzwiesen, Tidebereiche,<br />
Ästuare, Strände und Dünen, Offshore-Bereiche und<br />
ländliche Gebiete. Jeder dieser Lebensräume sollte eine bestimmte<br />
Qualität aufweisen, die durch geeignete Maßnahmen erreicht<br />
werden kann. Die Qualität der Biotope, die durch bestimmte<br />
Strukturen, Organismen und abiotische Faktoren (z.B. chemische<br />
Substanzen in Wasser und Sediment) charakterisiert werden, soll<br />
erhalten oder verbessert werden.<br />
3. Gemeinsames Kooperationsgebiet<br />
Um die unterschiedlichen nationalen Strategien und Instrumente<br />
zur Umsetzung gemeinsamer Naturschutzziele zusammenzuführen,<br />
wurde ein Gebiet definiert, in dem die gemeinsamen<br />
Grundsätze und Ziele Anwendung finden: das Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>kooperationsgebiet.<br />
Das Kooperationsgebiet umfasst in<br />
der Regel das Gebiet zwischen der 3-Seemeilenzone und dem<br />
Hauptdeich bzw. der Brackwassergrenze. Dort, wo kein Hauptdeich<br />
vorhanden ist, gehören das Gebiet seewärts der Springtiden-Hochwasserlinie<br />
inklusive der Inseln und Ästuare und der<br />
Binnenlandgebiete dazu, die als Ramsar-Gebiete und EG-Vogelschutzgebiete<br />
ausgewiesen sind. Die bestehenden Schutzgebiete<br />
und <strong>Nationalpark</strong>e im Bereich des Kooperationsgebietes sind als<br />
trilaterales Schutzgebiet (Conservation Area) definiert. Die Vereinbarung<br />
sieht ausdrücklich vor, dass es in dem Kooperationsgebiet<br />
Bereiche gibt, in denen die Nutzung durch den Menschen<br />
Priorität genießt.<br />
4. Der Trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>plan<br />
Der trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>plan basiert auf den gemeinsamen<br />
Zielen, die für jeden Lebensraum und für ausgewählte Arten festgelegt<br />
wurden. Er enthält Vereinbarungen für eine gemeinsame<br />
Naturschutzpolitik sowie trilaterale Aktivitäten und Projekte, um<br />
die angestrebten Zielsetzungen zu erreichen.<br />
Der Plan bezieht sich auf das gesamte Kooperationsgebiet. Er<br />
deckt auch Themen wie landschaftliche und kulturelle Aspekte ab<br />
und bezieht Bereiche mit ein, die außerhalb der nationalen<br />
Schutzgebiete liegen und bisher nicht oder nicht im vollem Umfang<br />
Gegenstand der trilateralen Vereinbarungen waren. Dazu<br />
gehören Ästuare, Dünen und Offshore-Gebiete.<br />
Für nahezu alle menschlichen Aktivitäten wurden gemeinsame<br />
Regelungen vereinbart, um das <strong>Wattenmeer</strong> umfassend zu schützen.<br />
Gleichzeitig wird im <strong>Wattenmeer</strong>plan ausdrücklich betont,<br />
dass auch in Zukunft menschliche Aktivitäten im Sinne einer<br />
nachhaltigen Nutzung möglich sind.<br />
5. Das Trilaterale Umweltbeobachtungsprogramm<br />
Ein wichtiges Werkzeug für die politischen Entscheidungsfindung<br />
ist die Bewertung des Zustandes des <strong>Wattenmeer</strong>ökosystems.<br />
Dazu werden Qualitätszustandsberichte erstellt, die den<br />
aktuellen Zustand von Flora und Fauna und ihrer Lebensräume<br />
analysieren. Nationale Programme zur Umweltüberwachung<br />
(Monitoring) stellen die dazu notwendigen Grundlagen bereit.<br />
Um die Beobachtungsprogramme zu harmonisieren wurde im<br />
Jahr 1994 das sogenannte ”Trilateral Monitoring and Assessment<br />
Program” (TMAP) ins Leben gerufen. Zu den bereits bestehenden,<br />
trilateral abgestimmten Programmen wie Seehund- und<br />
Vogelzählungen, werden in den nächsten Jahren weitere Parameter<br />
hinzukommen. Alle Ergebnisse werden in einem gemeinsamen<br />
Datenverarbeitungssystem gespeichert und damit einfacher<br />
und schneller verfügbar sein als bisher.<br />
Erste erfolgreiche Schritte wurden bereits mit gemeinsamen<br />
Monitoring-Programmen für Seehunde sowie für Brut- und Rastvögel<br />
unternommen. Seit 1990 werden z.B. alle fünf Jahre<br />
Bestandserfassungen von Brutvögeln im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />
organisiert. Sie werden ergänzt um jährliche Zählungen in ausgewählten<br />
Gebieten. Diese Erfassungen sind nur möglich, weil<br />
Hunderte von ehrenamtlichen Zählern sie mit großem<br />
Engagement unterstützen.<br />
Ausblick<br />
Die Erarbeitung eines gemeinsamen Managementplanes und<br />
einer gemeinsamen Umweltüberwachung verstärkt die trilaterale<br />
Zusammenarbeit und gibt Impulse für neue Aktivitäten. Für die<br />
Zukunft soll gemeinsam ein nachhaltiger Schutz sowie eine harmonisierte<br />
Entwicklung und Nutzung des <strong>Wattenmeer</strong>es gewährleistet<br />
und weiterverfolgt werden. Das wiederum ist nur durch die<br />
Weiterentwicklung eines integrierten Ansatzes durch Maßnahmen<br />
auf unterschiedlichen Ebenen möglich.