Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Insel Neuwerk/Binnengroden<br />
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Auch in <strong>Nationalpark</strong>en kann eine naturverträgliche Landnutzung in eng begrenzten Räumen und zum Zweck von besonderen<br />
Erhaltungsmaßnahmen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten oder zum Erhalt der alten hergebrachten Lebensformen<br />
der dortigen Einwohner gestattet sein, soweit diese den <strong>Nationalpark</strong> als Ganzes nicht nachhaltig beeinträchtigen.<br />
Nutzungen im Binnengroden<br />
Die Internationale Naturschutzunion (IUCN), die 1948 gegründete<br />
Dachorganisation aus Regierungen und Nichtregierungsorganisationen<br />
zum Schutz der Natur, hat weltweit gültige Definitionen<br />
für die Ausweisung und das Management von <strong>Nationalpark</strong>en<br />
verabschiedet, die heute überall als verbindliche Richtlinien gelten.<br />
Danach sind Nutzungen in einem <strong>Nationalpark</strong> nicht grundsätzlich<br />
auszuschließen, sie dürfen allerdings den Zielen des<br />
<strong>Nationalpark</strong>es nicht abträglich sein und nur auf geringem<br />
Flächenanteil stattfinden. Da, wie im <strong>Nationalpark</strong>gesetz festgelegt,<br />
die wirtschaftliche Existenz der auf der Insel Neuwerk<br />
lebenden Bevölkerung gewährleistet bleiben soll, dient der eingedeichte<br />
Binnengroden als Wohn- und Wirtschaftsraum für Inselbewohner.<br />
In den letzten Jahren hat er sich zum Service-Bereich<br />
für die <strong>Nationalpark</strong>besucher entwickelt.<br />
Fremdenverkehr und Naherholung<br />
Der Fremdenverkehr stellt die bedeutendste Erwerbsquelle der<br />
auf Neuwerk ansässigen Bevölkerung dar. Dieser Erwerbszweig<br />
nimmt jedoch nur einen geringen Anteil der Fläche in Anspruch.<br />
Acht Betriebe bieten Betten für Übernachtungen in unterschiedlichen<br />
Kategorien an, dazu kommen Privatvermieter, Strohlager<br />
und Campingplätze. Weiterhin werden zwei Jugendzeltlager und<br />
zwei Landschulheime dauerhaft auf Neuwerk unterhalten. Die<br />
z.T. langjährigen Dauergäste suchen besonders Erholung im<br />
Naturerlebnis auf der Insel und im Watt. Dieses eher unauffällig<br />
ablaufende Tourismusgeschäft wird an wenigen Stunden am Tage<br />
überlagert, wenn die Tagesgäste eintreffen. Abhängig von der<br />
Tide erreichen die Ausflügler zu unterschiedlichen Zeiten entweder<br />
zu Fuß, mit den Pferdekutschen oder mit dem Fährschiff die<br />
Insel. In Spitzenzeiten prägen bis zu 2000 Tagesgäste, die sich<br />
hauptsächlich im Binnengroden und auf dem Deich aufhalten,<br />
nachhaltig das Bild der Insel.<br />
Landwirtschaftliche Nutzungen<br />
Die Insel Neuwerk ist in ihrer Landschaftsstruktur maßgeblich<br />
von der Landwirtschaft als traditioneller Kulturform geprägt. Die<br />
historische Entwicklung der Landwirtschaft wurde wesentlich<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
von der Eindeichung und Befestigung der Insel seit 1556 bestimmt.<br />
Nach Errichtung der ersten Deiche wurden im Binnengroden<br />
auf den relativ leichten, sandigen Böden Roggen, Weizen,<br />
Gerste, Hafer und Bohnen angebaut. Im Ostteil wurde Heu zur<br />
Winterfütterung gemäht. Die derzeitige Nutzung der landwirtschaftlichen<br />
Flächen weicht jedoch erheblich von der früherer<br />
Jahre ab.<br />
Zur Zeit wirtschaften drei landwirtschaftliche Betriebe auf der<br />
Insel, deren Existenz jedoch nicht ausschließlich auf der Landwirtschaft,<br />
sondern auch auf den Einnahmen aus dem Fremdenverkehr<br />
beruht. Die Viehhaltung ist traditioneller Schwerpunkt<br />
der Landwirtschschaft auf Neuwerk. Sowohl die Kutschpferde<br />
der Neuwerker Kutschen als auch Pensionspferde und Pensionsrinder<br />
weiden derzeit auf den Grünlandflächen.<br />
Der Anteil an Ackerflächen auf der Insel macht mit weniger als<br />
10 ha nur einen geringen Teil der landwirtschaftlichen Flächen<br />
des Binnengrodens aus.<br />
Eine Besonderheit stellt die Ausrichtung eines der Betriebe auf<br />
das Training von Sportpferden (Traber und Galopper) im Watt<br />
sowie die Betreuung und Genesung von Pferden, die an Lunge<br />
oder Bewegungsapparat erkrankt sind, dar.<br />
Naturschutz<br />
Um die von der Landwirtschaft geprägte Kulturlandschaft im<br />
Binnengroden zu erhalten, ist Neuwerk als ein Schwerpunkt des<br />
hamburgischen Programms zum Naturschutz in der Kulturlandschaft<br />
ausgewählt worden. Inzwischen ist es gelungen, mehr als<br />
die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen in die Extensivierungsverträge<br />
dieses Programmes einzubinden, um die<br />
Grünlandflächen im Einvernehmen mit den Landwirten durch<br />
entsprechende Bewirtschaftungsformen für die erfolgreiche<br />
Aufzucht von bedrohten Wiesenvögeln zusätzlich nutzen zu können.<br />
(siehe auch Seite 54)<br />
Verkehr<br />
Neuwerk ist bis auf Traktoren, einem Müllwagen und einigen<br />
Fahrzeugen des Bauhofes eine kraftfahrzeugfreie Insel. Demzu-<br />
folge ist auch das Wegenetz auf der Insel nur gering ausgebaut.<br />
Während die für den Hochwasserschutz wichtigen Rundwege am<br />
binnenseitigen Deichfuß und der ”Mittelweg” mit Betonverbundsteinen<br />
gepflastert sind, wurden die anderen Wege nur als<br />
Fuß- und Fahrwege für Traktoren ausgelegt. Charakteristisch sind<br />
die mit Klinkern ausgebauten Wege an der Turmwurt und auf der<br />
Deichkrone.<br />
Bauen<br />
Die bestehende Bebauung bietet z.T. den Aspekt einer dörflichen<br />
Streusiedlung, wird jedoch durch die Existenz kleingewerblicher<br />
Familienbetriebe der Tourismusbranche überformt.<br />
Einzelne bauliche Anlagen, insbesondere die der Ver- und<br />
Entsorgung dienenden Flächen, stören den Gesamteindruck einer<br />
dörflichen Umgebung.<br />
Jagd<br />
Grundsätzlich ist die Jagd im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />
<strong>Wattenmeer</strong> durch das <strong>Nationalpark</strong>gesetz vom 9. April 1990 auf<br />
der Gesamtfläche verboten. Seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s werden<br />
jedoch Befreiungen aufgrund des § 48 HmbNatSchG für von<br />
der Stadt bestimmte Jagdbeauftragte auf der Insel Neuwerk für<br />
die Jagd ausschließlich auf Hasen und Fasane erteilt, soweit deren<br />
Bestand die Bejagung zulässt. Mit der Jagderlaubnis ist die<br />
Verpflichtung zur Ausübung des Jadgschutzes verknüpft. So werden<br />
z.B. wildernde Katzen außerhalb der Gehöftflächen erlegt.<br />
Ausblick<br />
Die Bewirtschaftung des Neuwerker Binnengrodens zeigt, dass<br />
die natur- und kulturverträgliche Nutzung von geringen Teilflächen<br />
in einem <strong>Nationalpark</strong> (hier weniger als 1%) sich auf die<br />
Ziele des <strong>Nationalpark</strong>s durchaus positiv auswirken kann. Durch<br />
entsprechende Darstellung und begleitende umweltbildende<br />
Aktionen können ressourcenschonende und ökologisch sinnvolle<br />
Maßnahmen vielen Besuchern verständlich gemacht werden und<br />
so zur Nachahmung anregen. Beispielhaft ist auf Neuwerk bereits<br />
die Extensivierung der Landwirtschaft, ebenso wie die fortschreitende<br />
Nutzung der Solarenergie.