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Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

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Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />

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Watt, Salzwiesen, Dünen, Seegraswiesen und Brandseeschwalbe, Finte, Seehund, Schweinswal - allen diesen Lebensräumen<br />

und Arten des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ist gemeinsam, dass sie europaweit selten und in ihrem Fortbestand<br />

bedroht sind. Um dieses Naturerbe und die biologischen Vielfalt in Europa auch für kommende Generationen zu erhalten,<br />

wurden vom Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft verbindliche Richtlinien zum Schutz gefährdeter Lebensräume<br />

und ihrer Arten verabschiedet.<br />

Europäische Naturschutzrichtlinien im <strong>Wattenmeer</strong><br />

Die Europäische Vogelschutzrichtlinie<br />

Um den Erhalt der natürlichen Artenvielfalt in Europa zu sichern,<br />

hat die Europäische Union bereits 1979 die Richtlinie<br />

79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der<br />

wildlebenden Vogelarten (zuletzt geändert am 29.7.1997) – kurz<br />

benannt als Europäische oder EG-Vogelschutzrichtlinie - verabschiedet.<br />

Diese Richtlinie sieht vor, dass für bestimmte in einem<br />

Anhang aufgelistete Vogelarten besondere Schutzgebiete auszuweisen<br />

sind, um deren Erhalt langfristig zu sichern. Dabei handelt<br />

es sich in der Regel um besonders wichtige Brut- , Rast- , Überwinterungs-,<br />

Nahrungs- oder Mausergebiete für diese Vogelarten,<br />

ggf. auch in Kombination mehrerer der benannten Funktionen.<br />

Bei der Benennung von EG-Vogelschutzgebieten wird darüber<br />

hinaus auch das Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere<br />

als Lebensraum für Wat- und Wasservögel von internationaler<br />

Bedeutung – kurz RAMSAR-Konvention benannt – berücksichtigt,<br />

welchem im Rahmen von Staatsverträgen weltweit bereits<br />

über 100 Länder beigetreten sind. Als wichtiges Kriterium für den<br />

besonderen Wert eines Gebietes im Sinne der Ramsar-Konvention<br />

ist festgelegt, dass sich mindestens 1% des biogeographischen<br />

Bestandes einer Vogelart oder einer ihrer geografischen Unterarten<br />

regelmäßig dort aufhält und sich dort ernährt. Derartige international<br />

bedeutsame Vogelschutzgebiete unterliegen ebenfalls dem<br />

Schutz der Europäischen Vogelschutzrichtlinie.<br />

Die Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> erfolgte in zwei Phasen. Mit Einführung<br />

der Richtlinie meldete Hamburg bereits 1982 zwei Bereiche des<br />

hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es gegenüber der Europäischen<br />

Union als besonders zu schützende Gebiete im Sinne der Richtlinie<br />

an. Hierbei handelte es sich um die damaligen Naturschutzgebiete<br />

Scharhörn (ausgewiesen 1967, ca. 200 ha) und Neuwerk/<br />

Kleiner Vogelsand (1982, ca. 380 ha). Nachdem der <strong>Nationalpark</strong><br />

kurz nach seiner Gründung im August 1990 unter dem Schutz der<br />

Ramsar-Konvention gestellt wurde, folgte dann in einem zweiten<br />

Schritt die Ausweisung als EG-Vogelschutzgebiet im März 1998.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Europäische Flora – Fauna – Habitat-Richtlinie<br />

Die langjährigen Erfahrungen im Umgang mit der Vogelschutzrichtlinie<br />

machten schon bald deutlich, dass sie nicht in ausreichendem<br />

Maße den gesteigerten Anforderungen an einen gemeinschaftsweit<br />

verbindlichen Schutz von seltenen und gefährdeten<br />

Lebensräumen und Arten in ganz Europa genügen konnte. Aus<br />

diesem Grund erließ der EU-Ministerrat die Richtlinie 92/43/-<br />

EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen<br />

Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (geändert<br />

durch die Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997) –<br />

kurz Flora – Fauna - Habitat- Richtlinie (auch FFH-Richtlinie)<br />

genannt. In ihr werden erstmals in Ergänzung des Vogelschutzes<br />

durch die Vogelschutzrichtlinie umfassende Schutzvorschriften<br />

für weitere, in Anhängen zur Richtlinie aufgelistete Tierarten,<br />

Pflanzen und Lebensräume festgeschrieben<br />

Die Ausweisung von FFH-Gebieten folgt im Gegensatz zur<br />

EG-Vogelschutzrichtlinie in einem dreistufigen Verfahren<br />

Phase 1: Die EU-Mitgliedstaaten benennen nach bestimmten<br />

Auswahlkriterien, die in einem gesonderten Anhang der FFH-<br />

Richtlinie aufgeführt sind, ihre Vorschlagsgebiete gegenüber der<br />

EU-Kommission. In Deutschland sind für dieses Verfahren die<br />

Bundesländer zuständig.<br />

Phase 2: Die EU-Kommission bestimmt im Einvernehmen mit<br />

den Mitgliedstaaten diejenigen Gebiete, die in eine gemeinschaftliche<br />

Liste eingetragen werden.<br />

Phase 3: Die Mitgliedstaaten weisen die als FFH-Gebiete ausgewählten<br />

Gebiete bis spätestens 2004 aus.<br />

Im Rahmen der ersten Phase hat Hamburg seine Benennungen<br />

von FFH-Gebieten abgeschlossen. Trotz seiner im Vergleich zur<br />

gesamten Europäischen Union verschwindend geringen Flächengröße<br />

von ca. 870 km 2 kommen hier immerhin 34 Lebensräume<br />

und 20 Arten der FFH-Richtlinie vor. Dies führt dazu, dass 6,3 %<br />

der Hamburger Landesfläche als europäische Schutzgebiete benannt<br />

sind. Mit dem seit Dezember 1998 in dieses Netzwerk integrierten<br />

<strong>Nationalpark</strong> beläuft sich der Anteil sogar auf fast 19 %.<br />

Natura 2000 –<br />

das Verbundsystem europäischer Schutzgebiete<br />

Sinn und Zweck der FFH- Richtlinie ist neben dem Arten- und<br />

Lebensraumschutz insbesondere die Einrichtung eines europäische<br />

ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete. Dieses<br />

umfassende Biotopverbund- und Trittsteinsystem trägt den<br />

Namen NATURA 2000 und schließt auch die Gebiete der<br />

Europäischen Vogelschutzrichtlinie mit ein.<br />

Wie notwendig in der heutigen Zeit die Schaffung eines solchen<br />

staatenübergreifenden Netzwerkes von Schutzgebieten ist, verdeutlichen<br />

insbesondere die großräumig wandernden Tierarten.<br />

So ist ein regionaler Schutz z.B. von bestimmten Vogelarten,<br />

Meeressäugern oder Fischen in ihren Fortpflanzungsbiotopen nur<br />

von wenige Erfolg begleitet, wenn nicht gleichzeitig für diese<br />

Arten auch in ihren Rast- und Überwinterungsgebieten die notwendigen<br />

Überlebensgrundlagen geschaffen werden. Wird nur<br />

eines dieser im komplizierten Ablauf der Lebenszyklus einer Art<br />

bedeutende vernichtet, so kann dies bei fehlenden oder unzureichenden<br />

Ausweichmöglichkeiten zu gravierenden, möglicherweise<br />

existenzbedrohenden Verlusten in den von diesem Lebensraum<br />

abhängigen Tier- oder Pflanzenarten führen. Nur ein europaweiter<br />

Schutz aller Lebensstätten im Sinne des Netzwerkes Natura<br />

2000 kann hier den Fortbestand der Art sichern.<br />

Konsequenzen aus der Ausweisung europäischer<br />

Schutzgebiete<br />

Da mit der Einrichtung von Schutzgebieten nach der Europäischen<br />

Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie der Bewahrung<br />

der Naturgüter, auch als Beitrag für unsere eigene Lebensqualität,<br />

Vorrang eingeräumt wird, sind menschliche Eingriffe in diese<br />

Schutzgebiete eingeschränkt bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />

möglich.<br />

Ganz allgemein gilt zunächst ein Störungs- und Verschlechterungsverbot<br />

für diejenigen Arten und Lebensräume, für die ein Gebiet<br />

als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen wurde. Dies schließt auch<br />

negative Einwirkungen von außen auf das Gebiet ein. Daneben<br />

sind für alle Vorhaben, die ein solches Natura 2000-Gebiet erheblich<br />

beeinträchtigen könnten, Verträglichkeitsprüfungen im<br />

Hinblick auf die festgelegten Erhaltungsziele des Schutzgebiets<br />

durchzuführen. Kommt die Verträglichkeitsprüfung zu dem<br />

Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der FFH-relevanten<br />

Schutzgüter vorliegt oder nicht zweifelsfrei ausgeschlossen<br />

werden kann, so ist das Vorhaben unzulässig. Allerdings dürfen<br />

solche Vorhaben dann durchgeführt werden, wenn keine<br />

Alternativlösung vorhanden ist und für deren Durchführung<br />

zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses

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