30.01.2013 Aufrufe

Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Insel Neuwerk/Vorland<br />

64<br />

Das Neuwerker Vorland ist nicht nur für die Landwirtschaft und die Ausbreitung von Salzwiesen auf der Insel von großer<br />

Bedeutung, auch für die arten- und zahlenreiche Vogelwelt stellt es ein wichtiges Brut-, Rast- und Nahrungsgebiet im Elbe-<br />

Mündungsgebiet dar.<br />

Die Brut- und Rastvögel im Vorland<br />

Seevogelkolonien mit über 2000 Brutpaaren, vornehmlich<br />

Flussseeschwalben, sind bereits seit dem letzten Jahrhundert für<br />

das Vorland von Neuwerk belegt, doch bis zur Mitte dieses<br />

Jahrhunderts schrumpften sie bis auf nur noch wenige Paare<br />

zusammen. Dieser extreme Rückgang führte zu intensiven<br />

Schutzbemühungen. Die Ausweisung als Naturschutzgebiet<br />

Neuwerk/Kleiner Vogelsand im Jahre 1982 war der erste Schritt,<br />

dem nach einer erweiterten Naturschutzgebietsausweisung im<br />

Jahr 1986 die Ausweisung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> im Jahr 1990 folgte. Die im <strong>Nationalpark</strong>gesetz für<br />

das Vorland festgelegten Schutzbestimmungen sollen einerseits<br />

eine landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen, andererseits soll<br />

durch ein entsprechendes Bewirtschaftungsmanagement der<br />

Bedeutung des Vorlandes für die Neuwerker Vogelwelt Rechnung<br />

getragen werden. Insbesondere der Schutz der Seevogelkolonien<br />

führte zu einer Regelung, nach der die Beweidung im Ostvorland<br />

– dem Standort der größten Kolonien – erst ab 1. August eines<br />

jeden Jahres ermöglicht wird.<br />

Brutkolonien<br />

Die Schutzbemühungen, das Management und das Wegegebot im<br />

Ostvorland zeigen bereits nach wenigen Jahren Erfolge. Die<br />

Seevogelkolonien haben sich deutlich vergrößert. Dominiert werden<br />

die Kolonien von der Lachmöwe, die mit mehr als 2000<br />

Brutpaaren die Insel bevölkert und damit zahlenmäßig stärkster<br />

Brutvogel der Insel ist. Fluss- und Küstenseeschwalbe brüten<br />

regelmäßig mit über 200 Paaren, die auf mehrere Kolonien verteilt<br />

sind. Die Seeschwalben legen ihre Gelege zumeist am Rande<br />

der Lachmöwenkolonien ab und profitieren so von deren Schutz.<br />

Der Säbelschnäbler - eine Charakterart des <strong>Wattenmeer</strong>es - hat<br />

sich wieder als Brutvogel etabliert. Er nistet in direkter Prielnähe.<br />

Mit der Zwergseeschwalbe brütet eine gegenüber Störungen<br />

hochsensible und sehr seltene Seeschwalbenart im Neuwerker<br />

Vorland, doch tritt sie bislang nur unregelmäßig und dazu in kleinen<br />

Koloniestärken auf. Lediglich zwei bis drei Brutpaare sind in<br />

den letzten Jahren nachgewiesen worden. Ihr besonderes Brutgebiet<br />

sind die offenen Dünenbereiche in dem vom Betreten<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

geschützten Bereich des Ostvorlandes.<br />

Auch für die größeren Möwenarten gewinnt Neuwerk als<br />

Brutgebiet an Bedeutung. In den Bereichen vor dem Sommerdeich<br />

haben sich Silbermöwen angesiedelt. Mehr als 90 Brutpaare<br />

können auf Neuwerk gezählt werden, inzwischen brüten<br />

auch einige Sturmmöwen inmitten der Silbermöwenkolonien, in<br />

manchen Jahren auch Heringsmöwen.<br />

Weitere Brutvögel<br />

Das Artenspektrum in den Salzwiesen vervollständigen Sandregenpfeifer,<br />

Rotschenkel, Austernfischer, Kiebitz, Feldlerche<br />

und Wiesenpieper. Vereinzelt brüten Stockenten, Brandenten und<br />

Bachstelzen im Vorland oder in den Küstenschutzbauwerken. Der<br />

Sandregenpfeifer siedelt vorwiegend in den sandigen, offenen<br />

Erosions- und Aufspülungsflächen in der Nähe offener Sandflächen<br />

am Sommerdeich. Aktuell können jedes Jahr etwa 15 bis<br />

20 Brutpaare gezählt werden. Früher brütete auch der Seeregenpfeifer<br />

auf Neuwerk, doch seit 1991 hat er die Insel verlassen, da<br />

sie seinen Ansprüchen an vegetationsfreie, offene Bruthabitate<br />

offenbar nicht mehr genügte (siehe auch Seite 102).<br />

Der Kiebitz bevorzugt das kurzrasige, intensiv beweidete<br />

Nordvorland und profitiert so von extensiv betriebener Landwirtschaft,<br />

während der Rotschenkel seine Niststandorte in langgrasigeren<br />

Beständen in geschützten Bereichen und im Ostvorland<br />

anlegt. Der auffälligste Brutvogel im Vorland - einmal<br />

abgesehen von den Lachmöwen-Kolonien - ist der Austernfischer,<br />

der fast gleichmäßig im gesamten Vorland verteilt ist.<br />

Sein auffälliges Balzverhalten und seine aggressive Gelegeverteidigung<br />

machen einen Spaziergang durch das Vorland zu einem<br />

"spielfilmreifen Erlebnis". Der Austernfischer ist der Charaktervogel<br />

Neuwerks schlechthin.<br />

Rastvögel<br />

Noch augenfälliger als das Brutgeschäft im Vorland ist das alltägliche<br />

Rastgeschehen zu beobachten. Die Vorländer dienen als<br />

Rastplatz für Wat- und Seevögeln, die ihre Nahrung im Watt um<br />

Neuwerk oder in den nordöstlichen Watten um die Scharhörnplate<br />

suchen. Wenn zur Hochwasserzeit die Vögel sich im Vorland<br />

sammeln, finden sich viele Arten ein, die zumeist traditionelle<br />

Rastplätze beziehen. Besonders tief liegende Bereiche entlang der<br />

Priele werden von Austernfischer aufgesucht, Vorlandbereiche<br />

vor dem Sommerdeich z.B. von Großen Brachvögeln und<br />

Pfuhlschnepfen. Die Nordspitze der Insel erscheint zuweilen<br />

weiß von Tausenden von rastenden Möwen. Buhnen, Lahnungen<br />

und Steinpackungen (Deckwerke) werden z.B. von Steinwälzern<br />

besucht, auch Kormorane trocknen hier ihre Gefieder.<br />

Zuflucht Neuwerk<br />

Besonders bei sehr schlechten Wetterbedingungen fallen in das<br />

Neuwerker Vorland zu Tausenden Vögel auch aus entfernteren<br />

Gebieten ein, die dort die ungünstige Witterung abwarten. Mehr<br />

als 40.000 Austernfischer können dann dichtgedrängt in langen<br />

Reihen oder auf engstem Raum hinter Steindämmen und auf<br />

Buhnen auf der dem Wind abgekehrten Seite stehen und dort ausharren,<br />

bis der Sturm nachläßt. Auch von anderen Watvögeln können<br />

ähnlich hohe Rastzahlen an Sturmtagen im Frühjahr oder<br />

Herbst erreicht werden. So rasteten am 9. September 1997 rund<br />

35.000 Alpenstrandläufer. Die ansonsten bevorzugten Rastplätze<br />

auf den Sandbänken sind dann weitgehend verlassen.<br />

Zugvögel<br />

Zur Zugzeit im Frühjahr und Herbst werden die Vorländer zu<br />

einem wichtigen Trittstein für wandernde Vögel. Ringelgänse<br />

und Pfeifenten nutzen die Vegetation des Vorlandes (und auch des<br />

Binnengrodens), um sich Fettreserven für ihren langen Flug in die<br />

Brut- bzw. Winterquartiere anzufressen (siehe auch Seite 66 ff.).<br />

Während z.B. von diesen Arten häufig einige Tausend beobachtet<br />

werden können, treten andere dagegen immer nur vereinzelt auf<br />

und sind dadurch sehr unauffällig. Regelmäßig kann der aufmerksame<br />

Beobachter z.B. Bruchwasserläufer, Grünschenkel<br />

oder Regenbrachvogel entdecken, die zumeist nur wenige Tage<br />

im Vorland und in den angrenzenden Watten verbringen.<br />

Auch Singvögel nutzen das Vorland auf ihrem Zug als Rastplatz:<br />

Steinschmätzer, Schafstelze und Rotkehlchen sind dann im<br />

Vorland in wesentlich größeren Mengen zu entdecken als im<br />

Neuwerker Binnengroden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!