Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Insel Neuwerk<br />
30<br />
Der Bodenaufbau prägt als Grundlage für die darauf wachsende Vegetation in besonderem Maße den Charakter einer<br />
Landschaft. Neben der natürlichen Bodenentwicklung bestimmt darüber hinaus auch die Nutzung den Aufbau des Bodens.<br />
Die Insel Neuwerk zeigt für beide Phänomene eindrucksvolls Beispiele.<br />
Bodenaufbau<br />
Der Bodenaufbau beschreibt die oberste, belebte Schicht der Erdoberfläche.<br />
Er entsteht aus mineralischen und organischen<br />
Bestandteilen durch physikalische, chemische und biologische<br />
Prozesse. Je nach Ausgangsmaterial und Bodenbildungsprozessen<br />
bilden sich unterschiedliche Böden mit typischen Schichtabfolgen<br />
heraus. Auch Nutzungen beeinflussen die Bodenbildung<br />
und deren weitere Entwicklung.<br />
Ausgangspunkt für die Bodenbildung ist geologische Entwicklung.<br />
Bohrungen im Bereich Scharhörn/Neuwerk belegen, dass<br />
dort eiszeitliche Ablagerungen in etwa 20 bis 25 m Tiefe liegen.<br />
Über ihnen liegen etwa 7.700 Jahre alte Torfschichten von geringer<br />
Mächtigkeit. Auf den Torfen lagert Klei in einer Schichtdicke<br />
von wenigen Dezimetern bis max. 2,80 m. Darüber finden sich<br />
ungeschichtete, kalkhaltige graue Feinsande mit Muscheln, die<br />
diese Ablagerungen als Meeressedimente kennzeichnen.<br />
Durch die Ablagerung der Sedimente entstanden Sandbänke.<br />
Lagen diese Sandbänke hoch genug und erreichten sie eine ausreichende<br />
Flächengröße, so konnte der Ostwind bei gleichzeitig<br />
niedrigen Wasserständen den Boden austrocknen und den Sand zu<br />
Dünen aufwehen. Die Ansiedlung von Dünenpflanzen, vor allem<br />
von Gräsern, begünstigte diese Entwicklung noch. So begann die<br />
Entwicklung der Insel Neuwerk ähnlich wie die in jüngerer<br />
Vergangenheit gewachsene Insel Scharhörn. Im Schutz der<br />
Düneninsel entstanden beruhigte Bereiche, in denen sich auf<br />
Schlickablagerungen auch Salzwiesen bilden konnten. Noch heute<br />
finden sich auf Neuwerk Reste der ursprünglichen Dünen (an<br />
der Nordspitze, bei der Ostbake und der Ostschleuse), in deren<br />
Schutz sich Schlicklagen geringer Mächtigkeit über den<br />
Meeressanden ablagerten (insbesondere im Ostvorland).<br />
Entgegen anderslautender Darstellungen ist Neuwerk nicht als<br />
Hallig anzusprechen, d.h. als eine Insel, die über ehemaligem, im<br />
Mittelalter verlorengegangenem Kulturland aufschlickte. Die<br />
Hauptbodenarten auf Neuwerk sind Sand und sandiger Lehm,<br />
nicht Tone wie auf den Halligen. Auch gibt es auf Halligen anders<br />
als auf Neuwerk keine Dünen.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Vorland<br />
Das Vorland von Neuwerk weist als Feinbodenarten überwiegend<br />
Feinsand und Lehm auf, die in Schichten sedimentiert sind.<br />
Tonige Ablagerungen sind dagegen nur in geringer Mächtigkeit<br />
entlang der Priele verbreitet. In einzelnen Linsen treten sie auch<br />
in größeren Bodentiefen auf. Auffällig ist der hohe Sandanteil im<br />
Oberboden. Besonders im Nordvorland kann sich diese sandige<br />
Deckschicht bis in über 1 Meter Tiefe erstrecken.<br />
Der Ursprung Neuwerks als Düneninsel führt dazu, dass die<br />
Böden der Insel in weiten Bereichen durch Dünenprofile gekennzeichnet<br />
sind, die durch Flugsandablagerungen entstanden sind.<br />
Sie weisen einen humusreichen Auflagehorizont von lediglich<br />
wenigen Zentimetern Stärke über grobsandigem Unterboden auf.<br />
Weit verbreiteter Bodentyp im Vorland ist der Marschboden mit<br />
der charakteristischen Horizontabfolge. Unter dem humusreichen<br />
Auflagehorizont (Ah) liegen grundwasserbeinflusste Horizonte<br />
mit Rostflecken (Go), auf die in größerer Bodentiefe Horizonte im<br />
Grundwassereinfluss mit reduzierenden Verhältnissen folgen (Gr).<br />
Eine Unterscheidung in relativ unreife Kalkmarsch oder reifere<br />
Klei-Marsch ist nicht deutlich zu treffen, zumal durch die Wasserund<br />
Sedimentzufuhr bei winterlichen Hochwässern die Bodenbildungsprozesse<br />
noch nicht abgeschlossen sind und immer wieder<br />
neu in Gang gesetzt werden. Auf den höheren Vorlandflächen<br />
können sich nur gröbere Sandpartikel ablagern, während es in tieferen,<br />
strömungsberuhigten Bereichen zur Sedimentation von<br />
feinsten Bestandteilen kommen kann. Die deutliche Horizontbildung<br />
mit wiederholter Abfolge von sandigen und feineren Substraten<br />
ist charakteristisch für Überflutungsböden (Sturmflutschichtung).<br />
Im Vorland sind diese Horizontabfolgen noch<br />
deutlich ausgeprägt, was sie als relativ junge Böden kennzeichnet.<br />
Für Deichbau- und -unterhaltungsmaßnahmen werden Gemenge<br />
von Feinbodenanteilen benötigt, die bestimmte physikalische und<br />
chemische Eigenschaften aufweisen müssen. Als gut geeignet<br />
erweisen sich in der Regel schluffige Lehme und schluffige Tone<br />
mit einem Tonanteil von 15-30% (Klei). Boden mit geringeren<br />
Tonanteilen (bis 10%) oder höheren Tonanteilen (über 30%) sind<br />
im allgemeinen aufgrund zu geringer Bindigkeit bzw. zu starker<br />
Schrumpfung bei Austrocknung weniger gut geeignet.<br />
Profilbohrungen zeigen den kleinräumigen Wechsel verschiedener<br />
Schichtfolgen (Abb. 3). Aufgrund der Geländestruktur sind<br />
strömungsberuhigte und strömungsexponierte Bereiche mosaikartig<br />
miteinander verzahnt. Dies führt zu Ablagerungen unterschiedlicher<br />
Korngrößen in benachbarten Bereichen. Eine auf die<br />
Fläche bezogene Vorhersage der Bodenart und Bodenschichtung<br />
ist daher nur bedingt möglich. Entgegen der Erwartung erlaubt<br />
die Geländestruktur somit auch keine Rückschlüsse auf das<br />
Vorkommen abbaubarer Klei-Linsen z.B. in Senken, wie entlang<br />
ehemaliger Priele oder Boden- und Sodenentnahmeflächen.<br />
Insgesamt konnten sich im Vorland von Neuwerk durch Ablagerung<br />
feiner Sedimente nur geringe Kleischichten bilden. In Bodentiefen<br />
ab ca. 30 cm unter Geländeoberfläche finden sich Klei-<br />
Linsen in Schichtdicken von durchschnittlich 30 cm bis 50 cm.<br />
Diese Klei-Vorkommen sind z.T. bereits für Deichbaumaßnahmen<br />
und für Zwecke der Deichunterhaltung abgebaut worden<br />
(siehe Abb. 1).<br />
In einigen Profilbohrungen finden sich sogenannte Verbraunungshorizonte<br />
(Bv), die vermutlich den Sommerdeich oder<br />
andere Aufschüttungen (ehemalige Wegetrassen) kennzeichnen.<br />
Binnengroden<br />
Im Binnendeichsgelände wird bereits seit mehreren Jahrhunderten<br />
landwirtschaftliche Nutzung durch Beweidung und<br />
Ackerbau betrieben. Große Bereiche des Bodens im Binnengroden<br />
sind daher bereits landwirtschaftlich überprägt und weisen<br />
charakteristische Bearbeitungsspuren (Pflugspuren und Vermischung<br />
der Horizonte) in ihren oberen Bodenschichten auf.<br />
Ehemalige, inzwischen abgebaute Kleilager befinden sich z.B.<br />
neben der Turmwurt und östlich des Mittelweges, wo in mehr<br />
oder weniger tiefen Senken Erlen wachsen. In dem Erlenwäldchen,<br />
das sich nordwestlich an die Turmwurt anschließt, sind<br />
noch die alten Gräben ("Pütten") früherer Deichbaumaßnahmen -<br />
vermutlich für die Turmwurt - vorhanden.<br />
Im Ostteil der Insel sind auch heute noch alte Prielverläufe<br />
erkennbar, in deren Randbereichen Ablagerungen feinerer<br />
Bodenbestandteile vermutet werden können. Allerdings sind auch<br />
hier durch Bewirtschaftungsmaßnahmen die natürlichen<br />
Bodenverhältnisse verändert.