Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Insel Nigehörn<br />
96<br />
Bei einer Überfliegung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> aus größerer Höhe fällt dem Betrachter sofort die auf der südlichen<br />
Scharhörnplate gelegene annähernd kreisförmige Insel Nigehörn auf. Ihre Gestalt ist ganz augenscheinlich nicht von<br />
der Natur geformt worden. Dieses jüngste Eiland des <strong>Wattenmeer</strong>es wurde erst 1989 aufgespült – und zwar ausschließlich<br />
zu Zwecken des Naturschutzes.<br />
Die Aufspülung der Insel Nigehörn –<br />
ein Naturschutzgroßprojekt von nationaler Bedeutung<br />
Eine Vision wird geboren<br />
Die Idee zur Aufspülung einer Düneninsel im hamburgischen<br />
<strong>Wattenmeer</strong> wurden nicht erst mit der Errichtung Nigehörns<br />
geboren. Die ersten konkreten Planungsskizzen gehen bereits auf<br />
die Vorbereitungen zum Tiefwasserhafen Scharhörn in den sechziger<br />
und siebziger Jahren zurück. Bereits zu damaliger Zeit wurde<br />
für eine möglicherweise für das Hafenprojekt zu überbauende<br />
Insel Scharhörn eine künstlich angelegte weiter östlich gelegene<br />
Insel "Neu-Scharhörn" als Ersatz für die Brutplätze der Seevögel<br />
vorgesehen. Mit dieser Planung wollte die "Forschungs- und<br />
Vorarbeitenstelle Neuwerk" den besonderen Belangen<br />
Scharhörns als Brut- und Rastplatz für zum Teil seltene und<br />
gefährdete Seevögel Rechnung tragen und deren Lebensraum<br />
durch Verlagerung weitgehend erhalten.<br />
Abb. 1: Planungen zum Tiefwasserhafen Scharhörn I (Ausschnitt):<br />
Darstellung eines Ersatz-Vogelschutzgebiets.Aus Temme (1974).<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Eine Insel für die Seevögel<br />
Mit der Zurückstellung der Tiefwasserhafen-Pläne wanderten<br />
auch die Pläne für ein "Neu-Scharhörn" zunächst wieder in die<br />
Schublade. Man erinnerte sich allerdings wieder an diese, als in<br />
der siebziger und achtziger Jahren Scharhörn bei gleichzeitig<br />
zügiger Standortverlagerung rund ein Drittel seiner Größe von<br />
18,3 ha (1973) auf 12,5 ha (1984) verlor. Damals wurden Befürchtungen<br />
laut, Scharhörn könne bei einer großen Sturmflut<br />
gänzlich fortgespült und damit der Sicht des Vogelschutzes international<br />
bedeutsame Brut- und Rastplatz, insbesondere für<br />
Seeschwalben, wieder verloren gehen.<br />
Als vorrangig wurde deshalb aus der Sicht des Naturschutzes<br />
zunächst die Sicherung von Brutplätzen für die auf Scharhörn<br />
brütenden Seevögel angesehen. Gleichzeitig wurde der Versuch<br />
unternommen, eine naturnah gestaltete Insel anzulegen und diese<br />
sich der Dynamik der Naturkräfte folgend ohne Einfluss von<br />
außen entwickeln zu lassen.<br />
Die Baumaßnahmen<br />
Für die Planungen zur Errichtung der Insel durch entsprechende<br />
Aufspülungsarbeiten erwiesen sich die Voruntersuchungen zur<br />
Planung des Tiefwasserhafens als sehr hilfreich. So konnte die<br />
Lage der Insel von vornherein in einem vergleichsweise strömungsarmen<br />
Bereich auf der Südseite der Scharhörnplate<br />
bestimmt werden.<br />
Mit den Bauarbeiten<br />
wurde bereits im Juni<br />
1989 begonnen. Mit<br />
Hilfe eines großen<br />
Saugbaggers wurde<br />
das benötigte Sedimentmaterial<br />
durch<br />
große Stahlrohre aus<br />
Abb. 2: Radlader formen das aufgespülte<br />
Sandmaterial zu einer kreisrunden Insel<br />
(August 1989). Foto Helm.<br />
einem Bereich westlich<br />
des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers<br />
bis<br />
zum vorgesehenen<br />
Standort transportiert. Nach den Aufspülarbeiten von 1,2<br />
Millionen Kubikmeter Sand im Juli bis August 1989 wurde die<br />
Oberfläche der Sandinsel (450 m im Durchmesser) mit Radladern<br />
nach dem Vorbild Scharhörn modelliert. Entsprechend der (damaligen)<br />
Form Scharhörns und Neuwerks wurde eine runde Ausgangsform<br />
gewählt. Zur Verhinderung von starken Erosionserscheinungen<br />
wurden Sandfangzäune rund um die Insel in aufeinander<br />
folgenden Kaskaden quer zur Hauptwindrichtung angeordnet.<br />
Um den feinen lockeren Sand der Insel längerfristig binden<br />
zu können und weiteren Flugsand einfangen zukönnen, wurde<br />
noch im Herbst 1989 in weiten Bereichen der Insel ein Gemisch<br />
aus Raps, Rettich und verschiedenen Salzwiesengräsern ausgesät.<br />
Auf kleineren Flächen wurde zusätzlich Saatgut von auf<br />
Scharhörn gewonnenem Strandhafer, Strandroggen und Strandquecke<br />
ausgebracht. Mit einer Startdüngung von ca. 20 g/m 2 wurde<br />
die Bildung des Wurzelgeflechts so gut unterstützt,<br />
Abb. 3: Ehrenamtliche Helfer des Verein Jordsand begannen schon bald<br />
nach der Aufspülung mit den ersten Pflanzarbeiten, um den lockeren<br />
Sand möglichst auf der Insel zu halten (Mai 1990). Foto Helm.<br />
dass die schweren Sturmfluten im Winter 1989/90 der Insel außer<br />
einer 20-30 cm hohen Abbruchkante keine nennenswerten<br />
Schäden zufügen konnten.<br />
In einem zweiten Bauabschnitt wurden von Juli bis August 1991<br />
abschließende Spülarbeiten auf der Scharhörnplate nordwestlichen<br />
von Nigehörn vorgenommen. Der dort angelegte nierenförmige<br />
Schutzwall wurde so gestaltet, dass er als Wellenbrecher<br />
wirkungsvoll die Insel vor starker Dünung schützte. Das mit der<br />
Erosion abgetragene Sediment sollte direkt auf Nigehörn zugespült<br />
bzw. zugeweht werden und dort die fortschreitende<br />
Dünenbildung fördern. Eine fortschreitende Erosion besonders<br />
des westlichen und nordwestlichen Teils von Nigehörn lässt sich<br />
durch derartige Aufspülungen nicht verhindern. Die ständige