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Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

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Insel Scharhörn<br />

88<br />

die Brutbestände der Heringsmöwe, die seit 1989 mit wachsender<br />

Zahl auf Scharhörn brütet, sowie der Sturmmöwe (seit 1994 mit<br />

bis zu 6 Brutpaaren). In den letzten Jahren wachsen wattenmeerweit<br />

die Bestände von Heringsmöwe und Sturmmöwe steil an.<br />

Der beobachtete Rückgang des Bruterfolgs der Silbermöwe wird<br />

in erster Linie auf die Konkurrenz mit Heringsmöwen zurückgeführt,<br />

denen die Silbermöwe während der Phase der Jungenaufzucht<br />

unterlegen zu sein scheint. Für die Bestandsvermehrung<br />

von zunächst Herings- und jetzt auch Sturmmöwe werden<br />

menschliche Aktivitäten verantwortlich gemacht, insbesondere<br />

die bessere Ernährungssituation durch über Bord geworfene<br />

Fischereiabfälle. Anders als die Silbermöwe, die auch auf Müllplätzen<br />

zu finden ist, sind Sturm- und Heringsmöwe überwiegend<br />

Fischfresser, die allerdings auch zusätzlich Gelege und Jungvögel<br />

schwächerer Arten erbeuten können.<br />

Auch die Scharhörner Brutkolonie der Lachmöwe hat noch bis<br />

1996 deutlich zugenommen. Seit Beginn der fünfziger Jahre verlegten<br />

die früher vorwiegend binnenländischen Populationen ihr<br />

Brutgebiet an die Küste und vervielfachten innerhalb kurzer Zeit<br />

ihre Bestände. Auf Scharhörn erfolgte eine dauerhafte Ansiedlung<br />

erst 1972. Von den Vogelwärtern wurde versucht, eine Etablierung<br />

der Lachmöwe auf Scharhörn zu verhindern, weil man in<br />

ihnen eine zu starke Konkurrenz für die Seeschwalben vermutete.<br />

Die Ansiedlung konnte jedoch langfristig nicht unterbunden<br />

werden. Während in den letzten Jahren die Teilpopulation auf<br />

Scharhörn rückläufige Bestandszahlen aufweist, nimmt der Bestand<br />

auf Nigehörn deutlich zu. Für das deutsche <strong>Wattenmeer</strong> insgesamt<br />

ist noch kein Ende des Bestandszuwachses abzusehen,<br />

weil die anpassungsfähige Lachmöwe schnell neue Nahrungsquellen<br />

erschließen kann.<br />

Anders als die großen Möwenarten rauben die Lachmöwen nur<br />

vergleichsweise selten die Nester von Seeschwalben aus. Im<br />

Gegenteil, die Brandseeschwalben suchen zur Brutzeit die Nähe<br />

und den Schutz der gegenüber den großen Möwen äußerst aggressiven<br />

Lachmöwenkolonien.<br />

Während in den frühen Jahren der Inselbetreuung zunächst eine<br />

ernsthafte Bedrohung der Seeschwalben und ihrer Brutplätze in<br />

der Konkurrenz durch die Möwen gesehen wurde, hat sich in den<br />

letzten Jahren immer wieder herausgestellt, dass die direkte<br />

Erbeutung von Gelegen und Jungvögeln durch die Silbermöwen<br />

für die Seeschwalben von größerer Bedeutung ist. Verschärfend<br />

für die Brutsituation der Seeschwalben auf Scharhörn kommt hinzu,<br />

dass die Biotopstrukturen im Bereich der traditionellen<br />

Neststandorte der Fluss- und Küstenseeschwalbe auf Scharhörn<br />

nicht den für sie günstigsten Verhältnissen entsprechen. Die<br />

Vegetation ist vergleichsweise zu hoch und stark verfilzt, wo-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

durch die Erreichbarkeit der Nester und deren Verteidigungsmöglichkeit<br />

gegenüber den zu Fuß durch die Kolonien laufenden<br />

Möwen herabgesetzt wird, und die Küken bei feuchter Witterung<br />

nicht schnell genug trocknen können.<br />

In Kombination mit schlechten Ernährungsbedingungen blieb in<br />

den neunziger Jahren mehrere Jahre nacheinander nennenswerter<br />

Bruterfolg der Seeschwalben auf Scharhörn aus. Flussseeschwalben<br />

weisen große Standorttreue auf und geben ihre<br />

Kolonien erst auf, wenn sie mehrere Jahre hintereinander keinen<br />

Bruterfolg hatten. Beispielsweise hat sich die Kolonie auf<br />

Trischen erst nach mehreren aufeinanderfolgen Jahren ohne<br />

Bruterfolg stark reduziert, dafür ist es andernorts zu einer erfolgreichen<br />

Ansiedlung gekommen.<br />

Im Laufe der natürlichen Dünenentwicklung stellen Silbermöwen<br />

nach den Seeschwalben die folgende Stufe der Besiedlung durch<br />

Brutvögel dar. Der lokale Rückgang der Seeschwalben beruht<br />

also auch auf einer Veränderung der Bruthabitate, durch die Ansiedlung<br />

von Silbermöwenkolonien kann der Bestandsrückgang<br />

der Seeschwalben beschleunigt werden. Die Seeschwalben weichen<br />

in der Regel in andere Gebiete aus, bis die Zahl der Fressfeinde<br />

sich aufgrund populationsökologischer Faktoren wieder<br />

reduziert hat. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, eine Gesamtübersicht<br />

der Seeschwalbenkolonien im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />

vorzunehmen, um deren Entwicklung abschätzen zu können.<br />

Abb. 5: Küken der Silbermöwe. Foto Janke.<br />

Weitere Arten<br />

Schon frühzeitig nach ihrer Entstehung hatten auch weitere Arten<br />

die Insel als Brutplatz entdeckt. Die Brandenten siedelten bereits<br />

auf den ersten kleinen Dünen. Im Rahmen der allgemeinen<br />

Brutbestandszunahme im Küstenraum stieg auch der Brutbestand<br />

auf Scharhörn, der zwischen 1950 und 1969 durch die Anlage<br />

künstlicher Bruthöhlen gefördert wurde. In den siebziger und<br />

achtziger Jahren konnten dann zumeist über 50 Brutpaare auf der<br />

inzwischen über ausreichend natürliche Bruthabitate (dicht<br />

bewachsenen Dünen) verfügenden Insel gezählt werden. In den<br />

letzten Jahren sinkt der Brutbestand wieder. Auch bei der Stockente,<br />

die seit 1960 hier regelmäßig brütet, ist diese Bestandsabnahme<br />

zu verzeichnen.<br />

Der auf Scharhörn brütende Rotschenkel ist eigentlich kein typischer<br />

Brutvogel einer Düne. Er legt seine Nester in dichter<br />

Vegetation an und konnte sich daher erst mit wenigen Brutpaaren<br />

ansiedeln, als diese Biotopstrukturen vorhanden waren (ab 1947).<br />

Er steigerte seinen Brutbestand kontinuierlich auf maximal 28<br />

Brutpaare (1979 und 1981), dieser nimmt in den letzten Jahren<br />

jedoch wieder - wie auch auf dem Festland - rapide ab. Seine<br />

bevorzugten Bruthabitate sind die dicht bewachsenen Salzwiesen<br />

und älteren Dünenkomplexe. Jedoch weist der Rotschenkel im<br />

langjährigen Schnitt nur einen recht geringen Aufzuchtserfolg<br />

auf, was sowohl am Nahrungsmangel auf der Düne als auch in der<br />

ungünstigen Biotopstruktur liegen mag, da die dichten und verfilzten<br />

Grasbestände für Küken nur schwer zu durchdringen sind.<br />

Auch Singvögel sind auf der Insel beheimatet. Regelmäßig seit<br />

1961 brütet der Wiesenpieper mit durchschnittlich etwa 10<br />

Paaren. Von 1948 bis 1995 brütete auch die Feldlerche alljährlich<br />

mit maximal über 30 Brutpaaren. Zu den unregelmäßigen Brutgästen<br />

zählen weiterhin Bachstelze, Elster, Star und Bluthänfling.<br />

Scharhörn als Rastgebiet<br />

Neben der Funktion als Brutstätte ist Scharhörn als Rückzugspunkt<br />

für Limikolen bei Extremhochwässern von großer<br />

Bedeutung. Die hochgelegene Plate ist bedeutender Rastraum für<br />

mehr als 100.000 Vögel. Vornehmlich Alpenstrandläufer, Knutts,<br />

Austernfischer, Kiebitzregenpfeifer, Brachvögel, Pfuhlschnepfen<br />

und Großmöwen suchen den Scharhörnsand bei normal auflaufendem<br />

Wasser auf. Bei hohen Wasserständen werden auch Randbereiche<br />

der Insel genutzt, insbesondere von Möwen und Brachvögeln,<br />

während andere Arten (z.B. Austernfischer) in das Vorland<br />

von Neuwerk abziehen oder die Hochwasserzeit fliegend<br />

überbrücken wie z.B. die Knutts.<br />

Scharhörn dient aufgrund seiner Lage in der inneren Deutschen<br />

Bucht als Rast- und Orientierungspunkt für ziehende Singvögel.<br />

Die Hauptzugwege zumindest im Herbst scheinen allerdings östlich<br />

an der Insel vorbeizulaufen und der Küstenlinie Schleswig-<br />

Holsteins als Landmarke zu folgen. Auch zur Rast wird<br />

Scharhörn von vielen Singvögeln aufgesucht, entweder nur für<br />

eine kurze Stippvisite oder auch für mehrere Tage.

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