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Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

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Insel Neuwerk<br />

48<br />

Der dauerhafte Erhalt der Insel Neuwerk ist ohne die bereits seit Jahrhunderten durchgeführten Maßnahmen insbesondere<br />

zum Schutz vor Sturmfluten undenkbar. Der Hochwasserschutz und seine Einrichtungen haben das Gesicht der Insel maßgeblich<br />

mit geprägt.<br />

Hochwasserschutz<br />

Geschichtliches<br />

Die maßgeblichen Entwicklungen im Hochwasserschutz für die<br />

Insel Neuwerk sind über die Jahrhunderte gut dokumentiert worden.<br />

Sie sind insbesondere geprägt von der Darstellung katastrophaler<br />

Naturereignisse und deren Folgen für die Insel und deren<br />

Erhalt. Bis zur Hansezeit konnte die Insel wegen der ständigen<br />

Sturmflutgefahren nur als Sommerweide und Fischplatz genutzt<br />

werden. Erst mit dem Bau des über 40 m hohen Wehrturms in den<br />

Jahren 1300 – 1310 begann die Besiedlung der Insel, da der Turm<br />

auch ausreichenden Schutz vor Hochwassern bot. Mit seinem<br />

festen Gemäuer hat dieses weithin sichtbare Wahrzeichen viele<br />

Sturmfluten überstanden.<br />

Die ersten ständigen Bewohner waren der Turmvogt und sein<br />

Gesinde. Dennoch berichtet die Inselchronik von Sturmflutkatastrophen,<br />

bei denen Bevölkerung und Vieh ertranken. Von<br />

1556 bis 1559 entstand der erste Ringdeich, der zunächst kaum<br />

höher und breiter als ein Sommerdeich war. Ab 1560/61 wurden<br />

bereits weitere Erhöhungsmaßnahmen vorgenommen. Direkt<br />

dahinter wurden im Norden der Inseln einzelne Hochstellen<br />

("Wurten") aufgeworfen, auf denen wenige Jahre später die<br />

Gehöfte errichtet wurden. Durch diese Maßnahmen konnte eine<br />

ganzjährige Besiedelung und Bewirtschaftung der Insel durch<br />

Fischer und Bauern ermöglicht werden.<br />

In der Nacht vom 24. auf den 25. 12.1717 hielten die Deiche im<br />

Norden und Westen der schweren "Weihnachtsflut" nicht mehr<br />

stand und brachen an mehreren Stellen, so dass die gesamte Insel<br />

überflutet wurde. Dieses Ereignis hat bis heute zwei deutliche<br />

Spuren hinterlassen. Bevor nämlich mit der umfangreichen und<br />

zeitraubenden Wiederherstellung des Hauptdeichs begonnen werden<br />

konnte, errichtete man zunächst zur Sicherheit vor weiteren<br />

Sturmfluten einen kleinen Ringdeich um die Hochstelle am Turm,<br />

die heute als Turmwurt bezeichnet wird. Bei den Sicherungsmaßnahmen<br />

am Hauptdeich wurde der durch den Deichbruch entstandene<br />

tiefe Kolk nahe der Nordspitze nicht verfüllt sondern –<br />

wie auch in den Elbmarschen üblich - der Deich um das neue entstandene<br />

Brack-Gewässer seewärts herum vorverlegt. Nach einer<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Serie sehr schwerer Sturmfluten Ende des 18. Jahrhunderts musste<br />

der immer noch zu schwache Ringdeich erneut entscheidend<br />

verstärkt werden. Außerdem wurde die Sturmflutsicherheit<br />

dadurch erhöht, dass man in den Jahren von 1795-1797 eine zunächst<br />

900 Meter lange Eichenpfahlwand um die Südwestspitze<br />

errichtete, die als Wellenbrecher gegen mittelhohe Sturmfluten<br />

diente. Bereits 28 Jahre später nach einer weiteren schweren<br />

Sturmflutwurde der 4 km lange Deich 1825 erneut aufgehöht und<br />

auch die Pfahlwand konnte 1826 um weitere 155 Meter nach<br />

Norden verlängert werden. Der erhöhte Deich geriet dadurch,<br />

dass er am Fuß nicht verbreitert wurde, sehr steil in den<br />

Böschungen. Die Neuwerker waren sich dieser Schwäche bei<br />

Wellenangriff oder gar Wellenüberlauf durchaus bewusst. Noch<br />

mehr Boden für einen besseren Deich heranzukarren, überforderte<br />

aber offensichtlich ihre Kräfte. Außerdem gab es zum<br />

Ausgleich des letzten Risikos nach wie vor den Turm.<br />

Vor der West- und Südseite der Insel erneuerte Hamburg 1934,<br />

zwei Jahre vor Übergabe der Insel an Niedersachsen, die<br />

Eichenpfahlwand.<br />

Abb. 1: Eichenpfahlwand. Foto Graack.<br />

Abb. 2: Flut bis zur Krone des Sommerdeiches. Foto Körber.<br />

Bis in jüngste Jahrzehnte wurde über die laufende Ausbesserung<br />

von Schäden hinaus an Neuwerks Deich gearbeitet. Nach den<br />

Erfahrungen der Holland-Sturmflut 1953 verstärkte das damals<br />

zuständige Land Niedersachsen den 4 km langen Ringdeich und<br />

brachte ihn auf Höhen zwischen NN + 5,50 und 6,20 m. Diese<br />

Höhen sind nach Lage und Windrichtung entsprechend den örtlich<br />

erkannten Notwendigkeiten gestaffelt.<br />

Während der Februar-Sturmflut 1962, die in Hamburg viel<br />

Schaden anrichtete und 315 Menschenleben forderte, geriet auch<br />

Neuwerks Deich an den Rand eines Bruches und wurde schwer<br />

beschädigt. Die überschlagenden Wellen überspülten die Insel bis<br />

auf höher gelegene Bereiche und die Wurten.<br />

Am 3. Januar 1976 lief nicht nur für Hamburg, sondern auch für<br />

Neuwerk die bisher höchste Sturmflut an der deutschen Nordseeküste<br />

auf. Die Wellen schlugen vor allem im Süden und Südwesten<br />

große Löcher in den Deich. Die Schäden wurden in einem<br />

Gemeinschaftseinsatz des Hamburgischen Hafen- und Bauamtes<br />

und der Neuwerker Einwohner mit rd. 30.000 Sandsäcken ausgebessert.<br />

Als 18 Tage später eine zweite Sturmflut heranrollte und<br />

erneut Deichbruchgefahr bestand, sorgten Hubschrauber der<br />

Bundeswehr für den Transport von Sandsäcken, Strohmatten und<br />

Stackpfählen, um schnell eine provisorische Schadensausbesserung<br />

zu ermöglichen.

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