Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Insel Neuwerk<br />
32<br />
Neuwerk wird nur von wenigen wildlebenden Säugetierarten bewohnt oder besucht. Sie sind entweder als Irrgäste auf die<br />
Insel gelangt, unbeabsichtigt eingeschleppt oder gezielt angesiedelt worden.<br />
Wildlebende Säugetiere<br />
Eine Insel wie Neuwerk ist aufgrund der deutlichen Entfernung<br />
zum Festland erwartungsgemäß arm an wildlebenden Säugetieren.<br />
Der etwa 8 km weite und wegen der ständigen Überflutungsgefahr<br />
gefahrvolle Weg über das Watt ist ein fast unüberwindbares<br />
Hindernis. Trotzdem leben auf der Insel wildlebende<br />
Säugetiere. Ihre Siedlungsgeschichte ist jedoch sehr unterschiedlich,<br />
teilweise beruht sie auf Spekulationen.<br />
Wanderungen<br />
Die meisten Säugetierarten in Mitteleuropa sind relativ sesshaft.<br />
Sie beanspruchen ein bestimmtes Revier, das sie allein oder<br />
gemeinsam mit Artgenossen bewohnen. Doch manchmal unternehmen<br />
einzelne Tiere oder kleine Gruppen weite Wanderungen.<br />
Als besondere Gründe für die Ortsveränderungen, die damit zur<br />
Ausbreitung von Arten oder Ausweitung ihres Lebensraumes beitragen,<br />
kommen insbesondere in Frage:<br />
• Veränderungen des Klimas,<br />
• Nahrungsmangel in ihrem angestammten Lebensraum,<br />
• gravierende Umwälzungen im Lebensraum nach<br />
Naturkatastrophen oder menschlichen Eingriffen.<br />
Da solche Wanderungen nicht zielgerichtet sind und die landlebenden<br />
Arten den Weg über das offene Watt oder durch das<br />
Wasser scheuen, erreichen erwartungsgemäß nur wenige Arten<br />
selbstständig die Insel Neuwerk.<br />
Einführung durch den Menschen<br />
Viel eher werden Säugetiere auf Inseln eingeschleppt, z.B. als<br />
"blinde Passagiere" in der Fracht. So sind auf vielen Inseln Nagetiere<br />
durch den Menschen unabsichtlich eingeführt worden, häufig<br />
mit katastrophalen Auswirkungen für die heimische Tier- und<br />
Pflanzenwelt. Auch im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> gibt es dafür<br />
Beispiele: So gelangten 1949 Ratten mit Buschwerk nach<br />
Scharhörn und vernichteten in den Folgejahren nahezu die<br />
gesamte Bodenbrut der Vögel. Es bereitete große Mühe, die Ratten<br />
wieder von der Insel zu entfernen.<br />
Einige Arten werden auch gezielt von Menschen angesiedelt.<br />
Neben den Haustieren sind dies vor allem jagdbare Wildtiere. In<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
den sechziger Jahren wurden von den Neuwerker Jägern Fasane,<br />
Hasen und Rebhühner ausgesetzt.<br />
Heimisch gewordene Säugetierarten auf Neuwerk<br />
Gelangen Tiere nach Neuwerk, sei es absichtlich oder zufällig,<br />
muss die Insel die für die jeweilige Art geeigneten Lebensräume<br />
aufweisen, um eine längerfristige oder dauerhafte Ansiedlung zu<br />
ermöglichen. Bisher gelang es nur wenigen Arten auf der Insel<br />
Fuß zu fassen. Eine erfolgreiche Ansiedlung gelang Anfang der<br />
sechziger Jahre z.B. mit dem Feldhasen, der neben den ebenfalls<br />
eingeführten Fasanen das einzige jagdbare Wild auf der Insel darstellt.<br />
Der auf der "Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands"<br />
bereits als gefährdet eingestufte Feldhase ist auf dem Festland<br />
Abb. 1: Feldhasen im Neuwerker Vorland. Foto Hecker.<br />
insbesondere durch die fortschreitende Intensivierung in der<br />
Landwirtschaft, durch die Flurbereinigung und durch den Einsatz<br />
von Pestiziden im Bestand rückläufig. Nach der erfolgreichen<br />
Ansiedlung bewohnt er heute mit einer Dichte von über zwei<br />
Tieren pro Hektar im Inselkern die kleinräumig strukturierten<br />
landwirtschaftlich genutzten Flächen und darüber hinaus auch das<br />
Vorland bis hinunter zur Wattkante. Erst in den letzten Jahren ist<br />
Abb. 2: Schermaus. Foto Limbrunner<br />
deutlich erkannt worden, dass unbeweidete Salzwiesen einen<br />
idealen Lebensraum für Feldhasen darstellen. Man nimmt sogar<br />
an, dass Salzwiesen inzwischen zu den am dichtesten besiedelten<br />
Hasenbiotopen in Deutschland gehören. Die in den Salzwiesen<br />
lebenden Hasen sind jedoch im besonderen Maße durch<br />
Sturmfluten gefährdet, da sie ganz offensichtlich bei schnell einsetzenden<br />
hohen Wasserständen die Orientierung verlieren und<br />
ertrinken, obwohl sie gute Schwimmer sind.<br />
Auch die Hausmaus, eine weltweit verbreitete Art, ist zu den auf<br />
Neuwerk heimischen Säugern zu zählen. Zeitweise tritt sie sogar<br />
massenhaft auf der Insel auf. Sie gehört sicherlich zu den unbeabsichtigt<br />
auf Neuwerk eingeschleppten Arten.<br />
Die Waldspitzmaus ist der einzige Insektenfresser unter den<br />
Säugetieren, der Neuwerk erobert hat. Weitere Insektenfresser<br />
wie Igel, Maulwurf und andere Spitzmausarten fehlen auf<br />
Neuwerk. Die Waldspitzmaus ist mit einer stabilen Population,<br />
aber weitaus weniger zahlreich als die Hausmaus, auf der Insel<br />
vertreten.<br />
Als häufigste Säugetierart Neuwerks ist die Schermaus zu nennen.<br />
Sie ist mit Ausnahme der ursprünglich nur in Nordamerika<br />
beheimateten und zu Beginn unseres Jahrhunderts in Europa ausgesetzten<br />
Bisamratte, die größte europäische Wühlmausart. Die<br />
Schermaus ist im Neuwerker Vorland besonders häufig anzutreffen<br />
und wird, sobald sie Schäden an den Deichanlagen verursacht,<br />
im Rahmen der Unterhaltung der Hochwasserschutz-