Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer
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Die Watt- und Wasserflächen<br />
112<br />
Das <strong>Wattenmeer</strong> in seiner Gesamtheit hat eine besondere Bedeutung für die Vogelwelt. Dieser Lebensraum ist sowohl für<br />
den Vogelzug, als auch als Winterrückzugsgebiet und Mauserplatz für Entenvögel, Limikolen (Watvögel) und Möwen unverzichtbar.<br />
Die Rast- und Überwinterungsgebiete der Vogelwelt<br />
Abb. 1: Rastende Möwen am Nordstrand von Scharhörn. Foto Helm.<br />
Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> stellt mit seiner<br />
Vielfalt an Lebensräumen und im Verbund mit den angrenzenden<br />
Wattflächen ein bedeutendes Rast- und Überwinterungsgebiet für<br />
die Vogelwelt dar.<br />
Im Laufe ihres Jahreszyklus nutzen 10-12 Millionen Wat- und Wasservögel<br />
das <strong>Wattenmeer</strong> entlang der Nordseeküste.<br />
Für mindestens 52 geographisch getrennte Bestände von 41 Arten<br />
ist das <strong>Wattenmeer</strong> als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung.<br />
Während eines Jahres suchen etwa 2-2,5 Millionen Gänse und<br />
Enten das <strong>Wattenmeer</strong> auf, wobei die Höchstzahlen im Herbst<br />
erreicht werden. Am zahlreichsten vertreten sind Pfeifenten,<br />
Brandgänse und Eiderenten. Die Anzahl an Watvögeln, die jährlich<br />
das <strong>Wattenmeer</strong> anfliegen, wird sogar auf 6-7 Millionen<br />
geschätzt. Auch bei dieser Gruppe werden die höchsten Individuenzahlen<br />
im Herbst erreicht. Austernfischer und Alpenstrandläufer<br />
kommen am Häufigsten vor.<br />
Das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> gliedert<br />
sich für die Vogelwelt in folgende Bereiche:<br />
• die eigentlichen Wattbereiche, in denen Sand- und Mischwatt<br />
vorherrschen,<br />
• die Scharhörnplate und Sände, die bei normalen Hochwässern<br />
nicht überspült werden,<br />
• die Insel Neuwerk.<br />
<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />
Watten<br />
Im Scharhörner und Neuwerker Watt gehören Austernfischer,<br />
Sanderling, Knutt, Großer Brachvogel, Pfuhlschnepfe,<br />
Alpenstrandläufer und Kiebitzregenpfeifer zu den häufigsten<br />
Rastvögeln. Alle genannten Arten übertreffen das Mengenkriterium<br />
(mindestens 1% der biogeographischen Population) der<br />
Ramsar-Konvention zum Schutz internationaler Feuchtgebiete<br />
(siehe Seite 126) um ein Vielfaches. Auch die Brandente ist zur<br />
Mauserzeit mit international bedeutsamen Beständen im<br />
Scharhörner Watt präsent.<br />
Die unterschiedlichen Standortbedingungen (Schlickanteil im<br />
Wattboden, Überflutungsdauer, Strömungsgeschwindigkeit etc.)<br />
bewirken die unterschiedlichen Artenzusammensetzungen der<br />
Wattbodenfauna. Je nach Beutespektrum und Mechanismen des<br />
Nahrungserwerbs suchen sich die einzelnen Watvogelarten die<br />
für sie günstigsten Standorte aus.<br />
Platen und Sandbänke<br />
Die Scharhörnplate mit ihren Düneninseln Scharhörn und<br />
Nigehörn besitzt in mehrerer Hinsicht eine bedeutende Funktion<br />
für Rast- und Gastvögel.<br />
• So stellt seine Lage im Inneren der Deutschen Bucht für<br />
Zugvögel, die sich an Leitlinien orientieren, eine wichtige<br />
Landmarke dar.<br />
• Eine weitere wichtige Funktion übt die Scharhörnplate als<br />
hochwassersicherer Rastplatz für die Vögel des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />
aus. Es sammeln sich viele tausend Vögel auf den Sandplaten des<br />
Scharhörnsandes, um die Hochwasserzeit abzuwarten und danach<br />
mit der Nahrungssuche fortzufahren. Die Inseln selbst jedoch<br />
werden von diesen Arten in der Regel nur bei extremen Hochwässern<br />
aufgesucht.<br />
• Ein dritter, für die Vögel wichtiger, Punkt ist die Nahrungsverfügbarkeit<br />
auf den Sänden. Während die meisten Arten ihre<br />
Nahrung auf den Sand- und Mischwatten oder in den Prielen<br />
suchen, stellen für andere die höher gelegenen Sände die attraktiveren<br />
Nahrungsgründe dar. Insbesondere der Sanderling, dessen<br />
Hauptnahrung aus Insekten besteht, sucht vermutlich auf den<br />
relativ festen und trockenen Sänden nach angespülten oder angewehten<br />
Insekten, verschmäht jedoch auch leicht erreichbare<br />
Weichtiere und Krustentiere nicht. Der Sandregenpfeifer bevorzugt<br />
zur Nahrungssuche die relativ trockenen Sände, während die<br />
meisten Arten die feuchteren und dichter besiedelten Sandwatten<br />
und schlickigeren Bereiche nach Nahrung durchsuchen.<br />
Neuwerk<br />
Neuwerk stellt eine Besonderheit für die Vogelwelt dar, da die<br />
Insel beständig hochwasserfrei ist. Sie ist daher Hochwasser-<br />
Rastgebiet für die Watvögel, die in den umgebenden Watten nach<br />
Nahrung suchen. Außerdem stellt sie einen überregional bedeut-<br />
Populations-<br />
größe<br />
(HÄLTER-<br />
LEIN 1995)<br />
Rastzahlen<br />
gesamtes<br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
(MELTOFTE<br />
1994)<br />
Rastzahlen<br />
Niedersachsen<br />
u. Schleswig-<br />
Holstein<br />
(MELTOFTE<br />
1994)<br />
Rastzahlen<br />
hamb.<br />
<strong>Wattenmeer</strong><br />
(DIVERSE<br />
AUTOREN)<br />
Austernfischer 874.000 739.000 310.000 40.000<br />
Sanderling 70.000 20.200 8.000 10.000<br />
Knutt 857.000 433.000 195.000 71.000<br />
Großer Brachvogel 350.000 227.000 64.000 15.000<br />
Pfuhlschnepfe 820.000 341.000 40.000 10.000<br />
Alpenstrandläufer 2.208.000 1.200.000 290.000 171.500<br />
Kiebitzregenpfeifer 168.000 140.000 43.000 6000<br />
Tab. 1: Tageshöchstzahlen rastender <strong>Wattenmeer</strong>vögel im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> (zusammengestellt nach verschied. Autoren).<br />
samen Zufluchtsort bei widrigen Wetterbedingungen dar. Nicht<br />
zuletzt ist die Biotopvielfalt ausschlaggebend für die Bedeutung<br />
als Landmarke und Rastgebiet für ziehende Singvögel.<br />
Überwinterer<br />
Auch in der kalten Jahreszeit werden die Wattgebiete des<br />
<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> von Vögeln aufgesucht.<br />
Bei milder Witterung harren z.B. Alpenstrandläufer und<br />
Großer Brachvogel so lange aus, bis der Winter auch für diese<br />
Arten zu extrem wird und sie sich weiter Richtung Westen in ihre<br />
Winterquartiere begeben. Die robusten Austernfischer bleiben<br />
auch in kalten Wintern im Gebiet. Andere Arten, wie z.B.<br />
Pfuhlschnepfe, Kiebitzregenpfeifer, Sanderling und Knutt kehren<br />
dagegen erst im Frühjahr aus ihren Winterquartieren in Afrika<br />
oder dem westlichen Europa zurück.