das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
270 Besprechungen<br />
grad von Systemdefinitionen ist nicht beliebig, sondern abhängig von den Randbedingungen<br />
des zu untersuchenden Sachverhaltes selbst, "<strong>für</strong> den ein homomorphes<br />
(strukturäquivalentes) kybernetisches Systemmodell gefunden werden soll« (26).<br />
Dies sind die »diHerentiae specificae« gegenüber bürgerlichen, an Maximen wie Stabilität,<br />
Gleichgewicht, status quo orientierten sozialwissenschaftlichen Systemtheorien,<br />
deren SystembegriH allzuleicht zur Ontologisierung gesellschaftlicher Sachverhalte<br />
gerinnt.<br />
Die Leseanleitungen zu den drei Hauptteilen des Readers (historische und philosophische<br />
Aspekte der Kybernetik, marxistische Gesellschaftstheorie und Kybernetik,<br />
Sprache und Kybernetik in marxistischer Sicht) informieren über Argumentationslinien,<br />
Entwicklungszusammenhänge und methodisch-theoretische Defizite.<br />
Schwer zugängliche Beiträge aus sozialistischen Ländern zu Problemen wie Bewußtsein<br />
und Regelung in gesellschaftlichen Prozessen (Lewada), Entwicklungsbesonderheiten<br />
des kompliziertdynamischen Systems Sprache (Kubrjakowa) sind mit<br />
grundsätzlichen und z. T. kontroversen Beiträgen (Offene Fragen der Systemtheorie<br />
(Holz), Zum Verhältnis von kybernetischer Systemtheorie und marxistischer Philosophie<br />
bei G. Klaus (Damus)) kombiniert. Hinzu kommen Originalbeiträge der Herausgeber<br />
über Grundbegriffe der kybernetischen Systemtheorie, zur Rezeptionsgeschichte<br />
der Kybernetik in den sozialistischen Ländern und zur Anwendung der Kybernetik<br />
in der marxistischen Literaturwissenschaft. Ulrich Degen (Berlin/West)<br />
Sprach- und Literaturwissenschaft<br />
Bock, Helmut, und Dieter Schiller (Hrsg.): Dialog über Tradition und<br />
Erb e. Kolloquium des Forschungsbereichs Gesellschaftswissenschaften der<br />
Akademie der Wissenschaften der DDR. Akademie-Verlag, Berlin 1976<br />
(218 S., br., 22,- M).<br />
Der Band veröffentlicht Beiträge eines interdisziplinären Kolloquiums von 1973. In<br />
der Vorbemerkung wird bedauert, daß »hier <strong>das</strong> interdisziplinäre Gespräch noch immer<br />
in den Anfängen steckt und zudem <strong>das</strong> Erbe in den Bereichen des gesellschaftlichen<br />
überbaus eingegrenzt bleibt« (7). Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist es,<br />
daß Fächer wie Psychologie und Soziologie nicht vertreten waren. Soll die Erbeforschung<br />
über Bestandsaufnahmen einzelner überbauten hinausgetrieben werden, läge<br />
in der Zusammenarbeit mit diesen Fächern, spezieller: mit dem jungen Forschungszweig<br />
»Kulturtheorie als angewandter historischer Materialismus« (vergl. 1. Dölling<br />
in: DZfPh 3/1975, S. 440 H.) die beste Möglichkeit, zur immer wieder angezielten<br />
Verknüpfung mit der materiellen Kultur vorzustoßen.<br />
Wichtig <strong>für</strong> die hiesige Diskussion sind eigentlich alle Beiträge, so die unter »Befragung<br />
der Klassiker« zusammengefaßten überblicke, die die Klassikeräußerungen in<br />
deren historisch-politische Koordinaten einrücken, wobei sich z. B. <strong>für</strong> Lenin ergibt,<br />
daß seine "Außerungen zu Fragen der Kultur und insbesondere seine <strong>Theorie</strong> der sozialistischen<br />
Kulturrevolution ( ... ) nur in übereinstimmung mit der jeweils besonderen<br />
politischen Situation verstanden werden« können (86); so auch Berichte über<br />
Forschungsvorhaben einzelner Disziplinen, z. B. über ein Projekt »Kulturgeschichte<br />
der Antike« (109 H.), an dem Altphilologie, Alte Geschichte, Archäologie arbeiten,<br />
Fächer also, die bei uns allmählich nicht nur aus dem Bewußtsein, sondern bald wahrscheinlich<br />
sogar aus den Universitäten verschwunden sein werden. Wichtig dürfte<br />
insgesamt auch die Wahrnehmung der Offenheit dieser Diskussion sein, die sich in<br />
dem Band überall widerspiegelt.<br />
Als gemeinsames, auch in anderen einschlägigen DDR-Publikationen der letzten<br />
fünf Jahre vorgetragenes Ergebnis aller Beiträge ist festzuhalten die Absage an jede ab-