das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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322 Besprechungen<br />
als leistungsfähiger angesehen. Weil Hundt aber zu Beginn dem Verhältnis von ökonomie,<br />
Realgeschichte und Wissenschaft nicht genauer nachgegangen ist, kann er dem<br />
Schein der Beliebigkeit des Paradigmenwechsels nun nur wenig »Materielles« entgegensetzen<br />
und muß es bei vereinzelten Hinweisen bewenden lassen.<br />
Ein zentrales Kapitel in diesem Buch beschäftigt sich mit der BWL zur Zeit des Faschismus<br />
in Deutschland. Hundt gelingt es hier, <strong>das</strong> Verhältnis Wissenschaft-Politik<br />
beispielhaft zu konkretisieren: die BWL hat den Faschismus nicht »wissenschaftlich<br />
begründet«, hat ihm nicht »vorgearbeitet«, war nicht selbst faschistisch, sondern die<br />
Struktur der BWL zu dieser Zeit - Schmalenbachs Fixkostenansatz forderte Kontrolle<br />
der großen Unternehmen; die »gemeinwirtschaftliche Aufgabe« des Unternehmens<br />
mußte wahrgenommen werden (Nicklisch) -ließ den Faschismus zu: die nationalsozialistische<br />
Volksgemeinschaftsideologie konnte fast mühelos integriert werden; <strong>das</strong><br />
betriebliche Rechnungswesen, unter Schmalenbach schon vom bloßen Gewinnermittlungsverfahren<br />
zum Instrument der inneren Kontrolle betrieblicher Abläufe geworden,<br />
erhielt in der »gebundenen Wirtschaft« ein reiches Entwicklungsfeld.<br />
All dies ist von Hundt sehr sauber herausgearbeitet, flüssig geschrieben und <strong>für</strong> den<br />
Leser gut nachvollziehbar. Von großem Vorteil sind auch die vielen Literaturhinweise,<br />
die auch dem Nichtfachmann eine weitergehende Beschäftigung am Punkt ermöglichen.<br />
Trotz der oben gemachten Einschränkungen also ein lesenswertes und zumindest<br />
<strong>für</strong> Betriebswirte wichtiges Buch. Michael Ernst-Pörksen (Berlin/West)<br />
Meyer, Regine: Streik und Aussperrung in der Metallindustrie.<br />
Analyse der Streikbewegung in Nordwürttemberg-Nordbaden 1971.<br />
Verlag Arbeiterbewegung und Gesellschaftswissenschaft, Marburg 1977<br />
(426 S., br., 28,- DM).<br />
In der Einleitung zu ihrer leicht gekürzten und veränderten Dissertation von 1974,<br />
schreibt Regine Meyer, sie wolle die Frage beantworten, ob es der Industriegewerkschaft<br />
Metall gelungen sei, in einem der härtesten und größten Lohnkämpfe der Geschichte<br />
der BRD den konzentrierten (sozial)politischen Angriff der Unternehmervereinigung<br />
Gesamtmetall und im weiteren der Bundesvereinigung der Deutschen<br />
Arbeitgeberverbände abzuwehren; sie habe sich daher nicht auf den Ablauf der Tarifverhandlungen<br />
im engeren Sinne beschränken können. - Nachdem die Autorin in der<br />
Einleitung (Kapitel I) ihr Thema umrissen hat, untersucht sie im folgenden Kapitel die<br />
ökonomischen Ausgangsdaten der Tarifrunde 1971/72; im Kapitel II! schätzt sie kurz<br />
die Rolle der verschiedenen Unternehmerverbände und deren Aufgaben ein, und<br />
zwar der BDA und des »Gesamtverbandes der Metallindustriellen Arbeitgeberverbände«<br />
(Gesamtmetall), dessen organisatorischer Aufbau und strategisch-taktische<br />
Hauptorientierung exakt herausgearbeitet werden. In dem rund 100 Seiten umfassenden<br />
Kapitel IV, »Die gesellschaftliche Funktion der Gewerkschaften«, beschreibt<br />
Meyer Struktur und Aufgaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes - der im Gegensatz<br />
zur BD A keine tarifpolitische Führerschaft seiner angeschlossenen Mitgliedsverbände<br />
innehat (49, 98) - und der IG Metall, sowohl was den Vorstand, den Gewerkschaftstag,<br />
die Bezirksleitungen, Vertreterversammlung und Ortsverwaltung und Betriebsräte<br />
als auch die Großen Tarifkommissionen und die Vertrauenskörper angeht;<br />
die Autorin bedauert, daß die satzungsmäßigen Grundeinheiten der IG Metall nicht<br />
die (betrieblichen) Vertrauenskörper, sondern die (territorialen) Ortsverwaltungen<br />
sind, und weist nach, um wieviel schlagkräftiger die Organisation im ersteren Fall sein<br />
könnte (158 ff.). Schließlich behandelt sie im Kapitel V die Lohnrunde 1970/71, die<br />
als eine der erfolgreichsten in der Geschichte der IG Metall charakterisiert wird.<br />
Gesamtmetall steuerte zielstrebig auf die offene Auseinandersetzung zu (332), wo-