das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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292 Besprechungen<br />
anderen die damit auch immer verbundene Möglichkeit, die )auffällig< gewordenen,<br />
betroffenen Teile der Bevölkerung zu kontrollieren und sie und ihre Umgebung zu<br />
disziplinieren« (118 f.). Diese Dichotomie muß nach D. jedoch nicht bedeuten, daß<br />
Sozialarbeit/Sozialpädagogik "fortschrittlichen« Zielsetzungen, welche <strong>das</strong> Interesse<br />
der Lohnabhängigen nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung in den Mittelpunkt<br />
stellen, überhaupt nicht zugänglich ist. Gerade die aus ihr sich ergebenden<br />
vielfältigen \\'idersprüche können den sozialarbeiterischen/sozialpädagogischen<br />
Fachkräften beständig neue Ansatzpunkte bieten, dazu beizutragen, dieses Interesse,<br />
<strong>das</strong> in unzähligen Formen auch <strong>das</strong> der von Armut betroffenen Gruppen und Personen<br />
dieser Klasse ist, zu artikulieren und ihm Geltung zu verschaffen.<br />
Zum Abschluß noch eine generelle Kritik: In Anlage und Ausführung handelt es<br />
sich, wie gesagt, um die am weitesten entfaltete und umfassendste Theone der Sozialarbeit/Sozialpädagogik,<br />
die mir bekannt ist; bei der Darstellung aber wünschte ich<br />
mir eine weniger spontan-setzende und mehr <strong>argument</strong>ativ-herleitende Verfahrensweise.<br />
Dadurch würde nicht zuletzt die Rezeption erleichtert. Diese wird auch nicht<br />
wenig beeinträchtigt von zahlreichen offenbar drucktechnisch bedingten Unzulänglichkeiten<br />
des Textes. Margarete Tjaden-Steinhauer (Kassel)<br />
Psychologie<br />
Pflüger, Peter Michael (Hrsg.): Tiefenpsychologie und Pädagogik.<br />
über die emotionalen Grundlagen des Erziehens. Klett Verlag, Stuttgart 1977<br />
(235 S., br., 18,- DM).<br />
Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes bestehen zum einen aus Referaten,<br />
die 1975 anläßlich der Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft <strong>für</strong> Tiefenpsychologie<br />
gehalten wurden, zum anderen aus Originalbeiträgen. - In dem Referat<br />
"Tiefenpsychologische Ansätze in der Pädagogik« geht es darum, die vielfältigen,<br />
zum Teil unbewußten (psychischen) Bedingungen schulischer Konfliktsituationen<br />
aufzuzeigen und tiefenpsychologisch fundierte Deutungsmuster zu ihrer Interpretation<br />
anzubieten. »Tiefenpsychologie« gilt dem Autor dabei als »allgemeiner Oberbegriff<br />
<strong>für</strong> die Wissenschaft der Erforschung des unbewußten Anteils der Psyche und<br />
seiner \'I/irkung auf <strong>das</strong> gesamte Leben«; "Psychoanalyse« sei in diesem Zusammenhang<br />
dann als" Verfahren zur Untersuchung und Heilung psychogener Stärungen« zu<br />
verstehen. - In dem Referat "Krankmachende Faktoren der Schule« wird darauf hingewiesen,<br />
daß die gegenwärtig immer zahlreicher werdenden Schulschwierigkeiten<br />
von Kindern mit psychoanalytischen Kategorien allein nicht hinreichend beschrieben<br />
werden können. Vielmehr bedürfen sie der Ergänzung durch sozioökonomische, rollen-<br />
und kommunikationstheoretische sowie sozialpsychologische Betrachtungsweisen.<br />
- Ein anderes Referat (unter zahlreichen weiteren) illustriert an verschiedenen<br />
konkreten Konfliktfällen in der Schule die Fruchtbarkeit einer tiefenpsychologischen<br />
Interpretation des Verhaltens von Lehrern und Schülern, so zum Beispiel die »Gesundung«<br />
eines stigmatisierten, d. h. als "krank" gezeichneten Schülers durch Lchrerwechsel.<br />
- In dem Originalbeitrag »Zur Geschichte der tiefenpsychologisch/psychoanalytisch<br />
orientierten Pädagogik" wird deren Entwicklung von Freud über Adler<br />
und Jung bis heute in groben Zügen nachgezeichnet. Weitere Original beiträge beschäftigen<br />
sich mit Spezialproblemen, so zum Beispiel mit der" übertragung in der<br />
wechselseitigen Beziehung zwischen Schüler und Lehrer«. Eine "übertragung« liegt<br />
dann vor, wenn jemand Erfahrungen aus seiner lebens geschichtlichen Vergangenheit,<br />
die er als Kind mit seinen Bezugspersonen gemacht hat, in die aktuelle Lebenswirklichkeit<br />
hineinlegt, auf Personen seiner jetzigen Umgebung »überträgt«, und zwar so<br />
ausgeprägt, daß er die Wirklichkeit nicht mehr zutreffend wahrnimmt.<br />
DAS ARGL!\IE'\T 114 1979 ':