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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Jura 317<br />

zialstaatlicher Zivilprozeßtheorie liegt in dessen Behandlung der normativen Grundlagen,<br />

insbesondere der Reflexion der Normen des materiellen Zivilrechts. »Ziel des<br />

Zivilprozesses ( ... ) ist die Erteilung des Rechtsschutzes an die Partei, die materiell im<br />

Recht ist« (86). Damit ist die enge Verbindung zu den materiellen Normen aufgezeigt,<br />

die es erforderlich macht, nach der Funktion eines »sozialen Zivilprozesses« zu fragen,<br />

solange die Normen des materiellen Zivilrechts nicht ebenfalls an der »Sozialstaats-Elle«<br />

gemessen werden. An Stelle von doch recht vagen verfassungsrechtlichen<br />

Interpretationen hätte man sich gerade wegen Wassermanns Sicht von der Bedeutung<br />

des »Sozialstaatsgebots« einen Aufruf an den Gesetzgeber gewünscht, hier sowohl im<br />

materiellen Recht als auch im Prozeßrecht konkrete politische Vorgaben zu normieren.<br />

Statt dessen läßt der Autor an mehreren Stellen erkennen, daß er der vermehrten<br />

Einräumung breiter Spielräume <strong>für</strong> die Gerichte den Vorzug gibt, um den sich ständig<br />

wandelnden Anforderungen einer modernen Gesellschaft besser »gerecht« werden zu<br />

können. Damit bleibt aber der Weg <strong>für</strong> richterliche Rechtserfindungen - auch contra<br />

legern und nicht nur im Zivil(prozeß)recht - offen, selbst wenn ihren »Erfindern« dabei<br />

ihr »nichtsozialstaatliches« Vorverständnis justizsoziologisch bewußt wird. Auch<br />

Wassermanns Schlußbetrachtung, »ob Recht auch Gerechtigkeit bedeutet«, läßt dieses<br />

rechtspolitisch-perspektivische Defizit bestehen.<br />

Das Buch ist leicht verständlich geschrieben, will auch nicht nur Juristen ansprechen,<br />

sondern »den Bürgern, in deren Interesse der Zivilprozeß ja veranstaltet wird,<br />

( ... ) helfen, <strong>das</strong> Gerichtsverfahren besser zu verstehen« (10). Wer sich hingegen als<br />

»Nicht jurist« lediglich mit Wassermanns sozialstaatlichen Anforderungen an den Zivilprozeß<br />

vertraut machen will, sollte zu dessen - <strong>für</strong> diesen Zweck durchaus ausreichenden<br />

- Beitrag »Der Zivilprozeß im sozialen Rechtsstaat« in: Aus Politik und<br />

Zeitgeschichte (kostenlos über die Bundeszentrale <strong>für</strong> politische Bildung zu beziehende<br />

Beilage zur Wochenzeitschrift »Das Parlament«) B 11/78, S. 14 H. greifen.<br />

Wolfgang Borchers (Gießen)<br />

Blank, Michael, u. a.:Wohin treibt der Rechtsstaat? Pahl-Rugenstein<br />

Verlag, Köln 1977 (328 S., br., 14,80 DM).<br />

Die Autoren wollen die Hintergründe der bundesdeutschen konservativen Rechtsprechung<br />

und der konservativ eingestellten Justiz untersuchen und dabei eine »methodisch<br />

gesicherte ... und didaktisch sinnvolle ... Einführung in <strong>das</strong> verfassungsrechtliche<br />

Denken über <strong>das</strong> Grundgesetz« der Bundesrepublik geben, wie es Wolfgang<br />

Abendroth in seinem Vorwort formuliert (11), wobei die umfassende Kritik der<br />

vorherrschenden konservativen Rechtsprechung und Verfassungs auslegung »im Mittelpunkt<br />

des Arbeitsbuches« steht (14). Ausgehend von dieser Grundbestimmung des<br />

Buches haben die Autoren den ersten Teil des Bandes in vier Stoffeinheiten gegliedert,<br />

die sich unterschiedlichen Aspekten der Verfassungsentwicklung und Rechtsprechung<br />

und der sozialökonomischen Entwicklung Deutschlands bzw. der BRD<br />

widmen, um von einer historischen Betrachtungsweise aus zu schlüssigen Erklärungen<br />

der heute dominierenden konservativen Verfassungsinterpretation, Rechtsprechung<br />

und Juristenausbildung zu gelangen.<br />

Die Stoffeinheit »Verfassungsrecht und gesellschaftliche Grundlagen« (19) behandelt<br />

die historischen Ursachen der Entwicklung von Grundrechten, Demokratie,<br />

Rechtsstaat und Sozialstaat in Deutschland, ausgehend vom aufstrebenden Bürgertum<br />

des 19. Jahrhunderts, mit deren Arrangement mit dem Feudaladel die Grundlagen<br />

des heutigen Rechtsstaats gelegt wurden (40), bis zur Weimarer Republik. Im<br />

zweiten Teil »Demokratie, Rechtsstaat und freiheitlich-demokratische Grundordnung<br />

des Grundgesetzes (77) wird, basierend auf der historischen Darstellung in der

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