das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Geschichte 299<br />
minder willkürlich unter diesem anspruchsvollen Thema zusammengefaßt wurde. Da<br />
es zur sachlichen Information von Interesse ist, sei eine Inhaltsangabe gestattet. Um<br />
den Schwerpunkt Bismarck-Zeit gruppieren sich Aufsätze Bußmanns über "Qtto von<br />
Bismarck. Geschichte, Staat, Politik,« "Europa und <strong>das</strong> Bismarckreich«, »Preußen<br />
und <strong>das</strong> Jahr 1866«, "Zwichen Revolution und Reichsgründung. Die politische Vorstellungswelt<br />
Ludwig Bambergers« und "Königliche Armee - Volksheer« . Dem Abschnitt<br />
Politik und Ideologie sind Bußmanns Beiträge »Zur Geschichte des deutschen<br />
Liberalismus im 19. Jahrhundert«, »Gustav Freytag. Maßstäbe seiner Zeitkritik« und<br />
"Politische Ideologien zwischen Monarchie und Weimarer Republik« zugeordnet.<br />
Der sehr weit gefaßte Bereich Zeitgeschichte ist durch Bußmanns Untersuchungen<br />
über "Der deutsche Katholizismus im Jahre 1933«, »Die innere Entwicklung des<br />
deutschen Widerstandes gegen Hitler«, »Zur Entstehung und überlieferung der >Hoßbach-Niederschrift«<<br />
und "Der deutsche Widerstand und die ,Weiße Rose«< vertreten.<br />
Fast die Hälfte des Sammelbandes steht unter dem Thema Biographie und Historiographie,<br />
dem Bußmanns besonderes Interesse galt. Im einzelnen wurden von ihm<br />
folgende Beiträge nachgedruckt: "Friedrich der Große im Wandel des europäischen<br />
Urteils«, "Eine historische Würdigung Friedrich Wilhe1ms IV«, >,Wandel und Kontinuität<br />
der Bismarck-Wertung«, »Staatssekretär Graf Herbert von Bismarck«,<br />
"Treitschke als Politiker«, "Heinrich von Sybel«, "Friedrich Meinecke« und "Siegfried<br />
A. Kaehler«.<br />
Aus all diesen Publikationen, deren Erstdrucke nicht immer leicht zugängig sind,<br />
spricht ein konservativer Historiker, der als Hochschullehrer in der BRD die über<br />
Friedrich Meinecke und Siegfried A. Kaehler führende Traditionslinie fortzusetzen<br />
sucht und der mit besonderer Empfindlichkeit auf die oppositionelle Studentenbewegung<br />
reagierte. Von einem Wandel in seinen Auffassungen ist - um nochmals auf den<br />
eingangs kritisierten Buchtitel zurückzukommen - bei ihm wenig zu spüren, wohl<br />
aber von Kontinuität, die selbst in der BRD schon ein wenig antiquiert wirkt, weil ihr<br />
die Raffinesse fehlt, mit der flexiblere Historiker alte Anliegen mit neuen Methoden<br />
zu verwirklichen suchen. Joachim Petzold (Berlin/DDR)<br />
Kuhn, Hansmartin: Der lange Marsch in den Faschismus. Zur <strong>Theorie</strong><br />
der <strong>Institut</strong>ionen in der bürgerlichen Gesellschaft. Verlag Klaus Wagenbach,<br />
BerliniWest 1974 (128 S., br., 6,50 DM).<br />
Kuhn will Gehlens Strategie enthüllen. Er charakterisiert sie als den Versuch, die<br />
Unerträglichkeit der Enttäuschung durch <strong>das</strong> institutionelle Ritual der Distanzierung<br />
vom Gegenstand des Begehrens so zu arrangieren, daß sie zur zuverlässigen Triebkraft<br />
des Verzichts wird und zur Anerkennung der übermächtig herrschenden Macht,<br />
zur Identifikation mit dem Aggressor, führt. (48) Gehlens Sorge gilt dem Schutz der<br />
bürgerlichen Gesellschaft vor der Revolution. Dem dienen die <strong>Institut</strong>ionen, allen<br />
voran der Staat. Dieser Zweck muß aber verhüllt bleiben; der Staat vor allem muß als<br />
"Selbstwert« gelten, sein wirklicher Charakter als Mittel zum Zweck <strong>für</strong> <strong>das</strong> Kapital<br />
darf nicht augenfällig werden. Seiner Verhüllung dienen die »moderne Magie« der sozialen<br />
Befriedungstechnik und der "moderne Ritus« des Parlamentarismus (49 H.).<br />
Mit ihrer Hilfe soll der Klassenkampf institutionalisiert und »auf <strong>das</strong> sozial Tragbare«<br />
beschränkt werden (53). Gehlen mißtraut indessen der Fähigkeit des »Sozialstaates«,<br />
diese Beschränkung auf die Dauer zu gewährleisten. Wie der Qpferritus bei den Urmenschen<br />
ist der schockierende Terror des Ausnahmezustandes in der modernen Gesellschaft<br />
zeitweilig notwendig, um die kollektive Unterwerfung der Beherrschten,<br />
ihre Identifikation mit dem Aggressor, immer wieder zu erneuern und zu restabilisieren<br />
(54 H.). Kuhn weist nach, daß Gehlen die Ergebnisse der Urgeschichtsforschung