das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Ökonomie 319<br />
unter Verwendung von Angaben der Angeklagten selbst! - dokumentiert. Darüber<br />
hinaus verschafft der Band Einblick in die Schwierigkeiten der meist jahrelangen Vorermittlungsverfahren,<br />
skizziert den Verlauf der Prozesse und nennt die verhängten<br />
Strafen. Zwei Kapitel über juristische Probleme der Strafzumessung und über Prozesse<br />
vor polnischen Gerichten, eine kurze Bibliographie und ein Register runden den<br />
Band ab.<br />
Soweit sehr empfehlenswert, jedoch: die politische Intention des Buches enttäuscht.<br />
Am 31. 12. 79 sollen NS-Gewaltverbrechen endgültig verjähren; <strong>das</strong> würde<br />
zugleich Schließung der Zentralen Stelle in Ludwigsburg bedeuten. Rückert registriert<br />
es kommentarlos. über die politische Bedeutung der Verschonung oder äußerst<br />
schleppenden Verfolgung von NS-Verbrechern durch die bundesrepublikanische<br />
Justiz, über alte Nazis als Strafverteidiger in NS-Prozessen usw. verliert er kein<br />
Wort. Er möchte nur die Deutschen daran erinnern, was sie der Welt angetan haben,<br />
damit so etwas Schreckliches nicht wieder passiert; und <strong>das</strong> sei ja »immer wieder einen<br />
Versuch wert« (27). Bei diesem Unterfangen geht es ihm nun »in erster Linie darum<br />
... aufzuzeigen, in welcher Weise gerichtliche Verfahren dazu beitragen können,<br />
historische Sachverhalte aufzuklären« (305). Daß von 10000 Ermittlungsverfahren,<br />
die aus Materialien der Zentralen Stelle hervorgingen, nur rund 300 zu Anklagen<br />
führten, muß unter diesem Aspekt dann nebensächlich erscheinen; ist doch auch der<br />
Strafzweck von individuellen Strafen <strong>für</strong> solche Verbrechen und nach so langer Zeit<br />
äußerst problematisch, wie Rückerl in seiner Einleitung (natürlich nicht ganz zu Unrecht)<br />
betont. Die Ermittlungsergebnisse als solche seien ja schon wertvoll genug, erhellen<br />
sie doch den damaligen Zeitgeist und die Verantwortung der Gesellschaft insgesamt,<br />
die dann schließlich auch ergänzend und ausgleichend zur individuellen Schuld<br />
der angeklagten Mörder in Betracht zu ziehen seien. Individualisierung der Geschichte<br />
plus Kollektivschuldthese (deren Postulierung er freilich von sich weist),<br />
diese Verbindung erscheint bei Rückerl als optimaler Weg zur Aufklärung über den<br />
Nationalsozialismus. Die wirklichen politischen und ökonomischen Ursachen des<br />
Faschismus werden so wieder einmal übergangen. Das drückt sich auch in der Auswahl<br />
der Texte und vor allem im Kommentar aus, in dem z. B. zwar allgemein von der<br />
»Verwertung« der Juden mit höchstmöglichem Gewinn die Rede ist, jedoch nicht von<br />
der Gruppe der wirtschaftlich Mächtigen, die daraus Nutzen zog, nicht von den Finanziers<br />
beim Aufbau von Lagern, nicht von den Besitzern der Betriebe, in denen die<br />
Häftlinge schuften mußten (was allerdings bei diesem Band umso leichter fallen mußte,<br />
als er nur reine Vernichtungslager, also keine Konzentrations- und Arbeitslager<br />
behandelt). - Zur Information über die Realisierung der »Endlösung der Judenfrage«<br />
in den Vernichtungslagern ist <strong>das</strong> Buch nützlich; der Forderung F. J. Strauß' nach<br />
Generalamnestie <strong>für</strong> alle NS-Verbrecher setzt es seiner Intention nach kein Argument<br />
entgegen; <strong>das</strong> Gegenteil ist eher der Fall. Thomas Doerry (Marburg)<br />
ökonomie<br />
Pasinetti, Luigi L.: Lectures on the Theory of Production. The<br />
Macmillan Pres LTD, London and Basingstoke 1977 (294 S., Ln., 60,- DM).<br />
An Lehrbüchern zur makroökonomischen Produktionstheorie mangelt es eigentlich<br />
nicht, vor allem dann nicht, wenn man bedenkt, daß sich die meisten Darstellungen<br />
inhaltlich nicht sonderlich unterscheiden: Im Vordergrund stehen stets die neoklassischen<br />
Versionen der Produktions- und Verteilungszusammenhänge, insbesondere<br />
<strong>das</strong> Konzept der makroökonomischen neoklassischen Produktionsfunktion<br />
mit ihren fast langweilig »schönen« Eigenschaften wie Stetigkeit, Differenzierbarkeit,<br />
Substituierbarkeit etc. Wozu da noch ein weiteres Lehrbuch zur Produktionstheorie?