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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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298 Besprechungen<br />

Schriftverkehr im Innern des Staatsapparates auf Regierungsebene sowie programmatische<br />

Äußerungen, Reden, Erklärungen usw. von wirtschaftlichen und politischen<br />

Verbänden, Parteien und Interessengruppen) sollen sowohl konzeptionelle überlegungen<br />

als auch die praktische Durchführung der Herrschaft durch denjunkerlichbürgerlichen<br />

Machtblock und den Staatsapparat im deutschen Kaiserreich darstellen<br />

und belegen. Das der Auswahl zugrundeliegende Verständnis von »Herrschaftsmethoden<br />

des deutschen Imperialismus« stellt W. Gutsche in seiner Einleitung (7-39),<br />

die zugleich auf den Forschungsstand der DDR-Geschichtsschreibung zu diesem<br />

Thema hinweist, dar. Danach ist die Herrschaft im imperialistischen System bestimmt<br />

durch die" Verschärfung des Antagonismus zwischen dem die Demokratie negierenden<br />

Imperialismus und den zur Demokratie strebenden Massen« (11). Die grundlegenden<br />

Herrschaftsmethoden der Monopolbourgeoisie wie auch der im vormonopolistischen<br />

Stadium herrschenden Klassen bestehen zum einen in der offenen gewaltsamen<br />

Unterdrückung, zum anderen im "Liberalismus«, d. h. in Zugeständnissen an<br />

die Unterdrückten durch Reformen, Einräumung politischer Rechte usw., wobei<br />

diese beiden Methoden sowohl alternativ als auch miteinander kombiniert angewandt<br />

werden. Zudem arbeitet der Anwendung der "liberalen" Methode der während des<br />

Imperialismus in der Arbeiterbewegung aufkommende Opportunismus entgegen.<br />

Die Anwendung der »liberalen" Methode wird zunehmend unumgänglich: "Im Zeitalter<br />

des Buchdrucks und des Parlamentarismus konnten die Volksmassen nicht ohne<br />

ein weitverzweigtes, systematisch angewandtes, solide ausgerüstetes System von<br />

Schmeichelei, Lüge und Gaunerei geführt werden, ,<strong>das</strong> mit populären Modeschlagworten<br />

jongliert, den Arbeitern alles mögliche, beliebige Reformen und beliebige Wohltaten<br />

verspricht - wenn diese nur auf den revolutionären Kampf <strong>für</strong> den Sturz der Bourgeoisie<br />

verzichten.< (Lenin)«( 13). Insgesamt zeichnete W. Gutsche daher <strong>das</strong> imperialistische<br />

Herrschaftssystem als »raffiniert« mit »Heuchelei, Lüge und anderen ideologischen<br />

Verwirrungsmanövern« operierend (9). Welche der möglichen Herrschaftsvarianten<br />

im konkreten Einzelfall zum Zuge kam, hing vom Kräfteverhältnis zwischen<br />

den verschiedenen Gruppen der herrschenden Klassen und deren jeweiligen objektiven<br />

Interessenlagen sowie von den durch dieses Kräfteverhältnis geschaffenen<br />

Entscheidungsspielräumen der staatlichen Exekutive ab.<br />

Gegen dieses Verständnis von imperialistischer Herrschaft ist einzu wenden, daß es<br />

diese ausschließlich als die Summe verschiedenartiger, bewußt geplanter, auf der unmittelbar<br />

politischen Ebene durchzusetzender Unterdrückungsmaßnahmen und Betrugs<br />

manöver darstellt. Außerhalb dieses Verständnisses von Herrschaft liegen die<br />

Fragen nach den herrschaftssichernden Funktionen gesellschaftlicher <strong>Institut</strong>ionen<br />

und Bereiche, die nicht unmittelbar politischen Charakters sind: Arbeitswelt, Reproduktionsbereich,<br />

Erziehungssystem, Kultur, Religion ... - Grundlagen bürgerlicher<br />

Herrschaft, die in der jüngeren westdeutschen Diskussion häufig im Zusammenhang<br />

mit Gramscis Begriff der »Hegemonie« oder Althussers Begriff der »ideologischen<br />

Staatsapparate« erörtert wurden. - Dennoch stellt die Dokumentation im Rahmen ihrer<br />

Beschränkung ein nützliches Arbeitsinstrument dar.<br />

Thomas Lindenberger (Berlin/West)<br />

Bußmann, Walter: Wandel und Kontinuität in Politik und<br />

Ge s chi c h t e. Ausgewählte Aufsätze zum 60. Geburtstag, hrsg. von Werner Pöls.<br />

Harald Bold! Verlag, Boppard am Rhein 1973 (474 S., Ln., 48,- DM).<br />

Der Titel des Buches ist irreführend. Der Leser findet keine speziellen Untersuchungen<br />

zur so heiß umstrittenen Entwicklungsproblematik in Politik und Geschichte.<br />

Es handelt sich lediglich um eine sehr heterogene Ausatzsammlung, die mehr oder

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