das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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238 Ulrich Hampicke<br />
43-47 BVerfGG und §§ 32-33 PartG keine dem Entzug der Klagebefugnis analoge<br />
partielle Funktionsbeschränkung bei Parteien. Es kann nur, auf Antrag eines hohen<br />
Verfassungsorgans (Bundestag, Bundesrat, Bundes-, evtl. Landesregierung) die Verfassungswidrigkeit<br />
einer Partei durch <strong>das</strong> Bundesverfassungsgericht an Hand der in<br />
Art. 21,2 GG dargelegten Kriterien festgestellt werden, worauf diese Partei zu verbieten<br />
ist. Aus guten Gründen ist <strong>das</strong> Verbotsverfahren <strong>für</strong> Parteien von vornherein<br />
unter Einbezug des höchsten Gerichts festgesetzt worden. Andere Körperschaften,<br />
selbstverständlich auch Umweltschutzvereine, können auf dem Verwaltungsweg verboten<br />
werden und können von sich aus ein Gericht dagegen anrufen. Es ist ein Unding,<br />
einem Umweltschutzverein <strong>das</strong> Verbandsklagerecht, wenn es ihm sonst zusteht,<br />
in der vom Rat vorgeschlagenen Weise abzuerkennen: Betreibt ein Verein<br />
rechts- oder verfassungswidrige Zielsetzungen, so muß er verboten werden, betreibt<br />
er sie aber nicht, so müssen seine auf fachlicher Qualifikation beruhenden Rechte gewährleistet<br />
sein. Betreiben einige seiner Mitglieder strafbare Handlungen, so sind sie<br />
da<strong>für</strong> zur Rechenschaft zu ziehen. Entweder wird dann festgestellt, daß diese Handlungen<br />
im wesentlichen Vereinsaktivitäten waren, worauf der Verein ggf. verboten<br />
wird, oder daß es sich um Privatdinge der Mitglieder handelte, womit diese belangt<br />
werden, aber Vereinsrechte untangiert bleiben müssen. Wenn also ein nicht verbotener<br />
Verein eine Klage einreicht, zu der er statutenmäßig befugt ist, so muß über die Sache<br />
gerichtlich entschieden werden, wie immer sich Mitglieder ansonsten »tatsächlich<br />
verhalten« mögen. Dies ist nur ein ganz elementares rechtsstaadiches Grundprin<br />
ZIp.<br />
Selbstverständlich muß es fachliche Kriterien <strong>für</strong> die Kompetenz von Vereinen geben,<br />
<strong>das</strong> Verbandsklagerecht in Umweltangelegenheiten ausüben zu dürfen. Hier<br />
hätte sich der Rat sinnvolle Gedanken machen sollen, ebenso wie darüber, ob <strong>das</strong><br />
Verbandsklagerecht überhaupt so eminent wichtig ist; betrifft es doch Probleme, die<br />
letztlich politisch statt juristisch gelöst werden müssen, wie die langfristige Erhaltung<br />
der Lebensbedingungen auf der Erde. Beide Probleme sind freilich vom Rat nicht behandelt<br />
worden.<br />
Der Vorschlag des Rates leistet nicht nur nichts zur Klärung der inhaltlichen Probleme<br />
um <strong>das</strong> Verbandsklagewesen, sondern ist auch juristisch nahezu obsolet. Die<br />
Vereinigungen, an die der Rat offensichtlich denkt- Bürgerinitiativen mit radikalem<br />
Auftreten und deren Gefolgschaft - wären in einem künftigen Verbandsklagewesen<br />
auf Grund ihrer beschränkten Argumentationsfähigkeit bei komplexen Fragen langfristiger<br />
ökologischer Planung nur Randfiguren. So lassen sich kaum andere als politische<br />
Motive <strong>für</strong> den Vorschlag des Rates finden. Ist dieser Vorschlag auch so abwegig,<br />
daß von ihm in concreto wenig zu be<strong>für</strong>chten ist, so ist doch die dahinter stehende<br />
Haltung erschreckend genug; er dokumentiert wieder einmal die Leichtfertigkeit, mit<br />
der in der BRD der verbliebene Bestand liberaler Rechtsstaatlichkeit zur Disposition<br />
gestellt wird. Der normale Weg, politisch unliebsame Tendenzen obrigkeitlich zu bekämpfen,<br />
besteht bisher darin, daß Organisationen publizistisch als verfassungswidrig<br />
denunziert werden, ihr Verbot, womit eine gerichtliche Klärung möglich wäre,<br />
unterlassen wird und die Mitglieder oder Anhänger (»Verfassungsfeinde«) schweren<br />
Nachteilen wie Berufsverboten ausgesetzt werden. Das hierzu komplementäre und<br />
nun vom Sachverständigenrat anvisierte Prinzip besteht darin, Organisationen, die<br />
man aus juristischen oder politischen Gründen nicht verbieten kann, ebenfalls unter-