das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Soziale Bewegung und Politik 305<br />
»Bantu-Erziehung«, die er als ein Instrument der Apartheid identifiziert. In einem<br />
dritten Kapitel beschreibt er die Strukturen Sowetos, um an ihnen examplarisch die<br />
Existenz und Funktion der städtischen Gettos <strong>für</strong> Schwarze aufzuzeigen. Zum Funktionieren<br />
der Apartheid gehören aber auch die "homelands«, die Brückner als »Bevölkerungsreservate<br />
<strong>für</strong> Südafrikas Industrie und Landwirtschaft« charakterisiert.<br />
Darum wird im vierten Kapitel vor allem <strong>das</strong> Modell der Transkei vorgestellt. Die<br />
Schülerunruhen wandten sich aber nicht allein gegen die Durchführung des Afrikaans-Erlasses<br />
und gegen die »Bantu-Erziehung«, sondern wurden sehr bald zum<br />
Widerstand gegen die Apartheid schlechthin. Diese Entwicklung bis August 1977, die<br />
wiederum durch Streiks, Boykotts und massiven Terror durch <strong>das</strong> weiße Minderheitsregime<br />
gekennzeichnet war, charakterisiert Brückner im fünften Kapitel. Das<br />
folgende widmet der Autor der Black Consciousness-Bewegung und geht schließlich<br />
noch auf die »Laager-Mentalität« der Weißen ein. Als Pfarrer ist <strong>für</strong> ihn zum Schluß<br />
die Frage von besonderer Wichtigkeit, ob und in wieweit die Kirchen heute im Prozeß<br />
des Widerstandes und der Befreiung relevant sind. Das Buch enthält 8 Seiten mit Dokumentarfotos<br />
und einen Stadtplan von Soweto.<br />
Das dritte Buch versucht auf eine völlig andere Weise, die Problematik zu erfassen.<br />
Sipho Sepamla schrieb den Gedichtband »Soweto, <strong>das</strong> ich liebe«. Hier faßt ein<br />
schwarzer Schriftsteller seinen Augenzeugenbericht der Ereignisse von Soweto in<br />
Gedichten zusammen. Diese Gedichtsammlung verkörpert die Erniedrigung und den<br />
Schmerz der schwarzen Massen von Soweto, aber auch ihre Hoffnungen und ihren<br />
Widerstand. Sie ist »eine bildhafte Darstellung mit poetischer Stimme, die <strong>das</strong> Fühlen<br />
der Bevölkerung von Soweto während des Aufstands 1976 artikuliert« (Sepamla). Sepamla<br />
wurde 1932 geboren und verbrachte den größten Teil seines Lebens in Soweto.<br />
Als erster schwarzer Schriftsteller wurde er mit dem Literaturpreis Pringle Award<br />
ausgezeichnet. Otto Brunken, Herausgeber dieses Bandes, stellt in einem Anhang<br />
kurz den Dichter vor und analysiert die Soweto-Unruhen, die »Bantu-Erziehung«<br />
und die Apartheid insgesamt als deren Ursachen, <strong>das</strong> Leben in Soweto und die Entwicklung<br />
der Black-Consciousness-Bewegung. Sein Anhang weist im wesentlichen<br />
denselben Aufbau auf, wie <strong>das</strong> Buch Brückners.<br />
Hans-Martin Große-Oetringhaus (Münster)<br />
Berger, Peter L.: Welt der Reichen - Welt der Armen. Politische Ethik<br />
und sozialer Wandel. List Verlag, München 1976 (312 S., Ln., 29,80 DM).<br />
Während man Bergers religions soziologischer Arbeit aufgrund des zurückgebliebenen<br />
Stands der Disziplin die Beachtung nicht versagen sollte (vgl. die Rezension in:<br />
Das Argument 88, S. 952 ff.), begibt er sich mit dem vorliegenden Buch in die Unterentwicklungsdebatte,<br />
die, wenngleich mit kontroversen Ergebnissen, inzwischen ein<br />
relativ breitgefächertes Spektrum abdeckt, dem sich der Autor aber nicht gewachsen<br />
zeigt und <strong>das</strong> er auch nicht bereichert.<br />
Die Ursache <strong>für</strong> die Unzulänglichkeiten Bergerscher Meinungen (<strong>Theorie</strong> wäre zuviel<br />
gesagt) liegt in seiner Methode, einer kaum modifizierten Wissenssoziologie<br />
Mannheimseher Prägung. Der »Gestus der harmlosen Skepsis«, der alles in Frage<br />
stellt und nichts angreift (Adorno über Mannheim), ist ironischerweise nahezu wörtlich<br />
bei Berger anzutreffen: sein »<strong>kritische</strong>s Unterfangen« ist »kein Angriff auf Intellektuelle<br />
als Anfertiger von Mythen und keine Polemik gegen dieses oder jenes Entwicklungsmodell.<br />
Es ist vielmehr eine Suche nach undogmatischen Zugängen zu den<br />
drängenden anstehenden Fragen« (50). Wie kommt es dann, daß sich Passagen wie ein<br />
amerikanisches Pendant zu Sontheimers und Schelskys Schimpf auf die linken Intellektuellen<br />
lesen, daß schließlich Frantz Fanon mittels einer unverschämten sophisti-