das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
286 Besprechungen<br />
form« alltäglichen Inhalten von Phantasien "konkret-sinnliche Gestalt« verliehen, die<br />
auf diese Weise als Erfahrung in die bauliche Struktur hätten eingehen können (10;<br />
151). Bezogen auf diese sich ehemals in ornamentalen Formen artikulierende ästhetische<br />
Erfahrungssprache fragt Müller danach, ob und wie sich eine der »sinnlich-mimetischen<br />
Bedeutung« des Ornaments entsprechende ästhetische Sprache auf heutigem<br />
Niveau technologischer Konstruktionsmöglichkeiten herausbilden könnte. Er<br />
kommt zu der These, daß dies nur dann möglich sei, wenn die» Erfahrungssprache der<br />
Betroffenen« als »aktives Element fortlaufender Konstruktion« in die Architekturproduktion<br />
eingehen könnte. Da die funktionalistische »Aufhebung ästhetischer Architektur«<br />
dieser Erfahrung widerspreche, fordert Müller <strong>das</strong> Zusammenwirken von<br />
Architekten und Betroffenen, als dessen mögliches Ergebnis er die Entwicklung einer<br />
ästhetischen Sprache sieht, die eine sinnlich-nachvollziehbare Vergewisserung eigenen<br />
Handelns und eigener Geschichte anhand der baulichen Struktur ermöglichen, zu<br />
einer "bewußten Aneignung« der sich in ihr manifestierenden gesellschaftlichen Widersprüche<br />
und Erfahrungshorizonte führen könnte (176-180).<br />
Trotz des globalen Abstraktionsniwaus ihrer abschließenden Thesen könnten von<br />
Müllers Arbeit Anstöße <strong>für</strong> Diskussionen über solidarische Handlungsmöglichkeiten<br />
in den Wohnghettos heutiger Städte ausgehen. Matthias Lange (Göttin gen)<br />
Lissner, Ivar: So lebten die Völker der Urzeit. Walter-Verlag Olten,<br />
3. Auflage 1975, (1. Auflage 1958. Titel: »Aber Gott war da«)<br />
(304 S., 72 Abb., Ln., 39,80 DM).<br />
Gesamteindruck:<br />
Droben in dem Sternenzelte,<br />
Auf dem goldnen Herrscherstuhle,<br />
Weltregierend, majestätisch,<br />
Sitzt ein kolossaler Eisbär.<br />
( ... )<br />
Ihm zu Füßen sitzen fromm<br />
Bärenheil'ge, die auf Erden<br />
Still geduldet, in den Tatzen<br />
Der Band ist dem Bärenkult gewidmet.<br />
Erziehungswissenschaften<br />
Ihres Martyrtumes Palmen.<br />
( ... )<br />
Werde ich unwürd'ger Troll<br />
Einstens solchen Heils teilhaftig?<br />
Und aus irdisch niedrer Trübsal<br />
übergehn ins Reich der Wonne?<br />
(Atta Troll, Caput VIII)<br />
Christa Thoma-Herterich (Wuppertal)<br />
Hurrelmann, Klaus: Erziehungssystem und Gesellschaft. rororo<br />
studium, Reinbek 1975 (222 S., br., 9,80 DM).<br />
Auf der Grundlage einer Integration von Gesellschafts-, Organisations- und<br />
Interaktionstheorie und angeregt von "neueren Strömungen der ,<strong>kritische</strong>n Gesellschaftstheorie<<br />
« stellt der Autor den Anspruch einer Erklärung der »Gesamtheit der<br />
Strukturen und Prozesse gesellschaftlich organisierter Sozialisation« (12). Der Vorzug<br />
der Arbeit besteht hauptsächlich darin, einen überblick zu gewähren über den<br />
gegenwärtigen Stand der Bildungsforschung und der fortgeschrittensten (bürgerlichen)<br />
wissenschaftlichen Ansätze (Habermas, Offe, Luhmann, Oevermann, u. a.). Die<br />
Bezugspunkte des gesellschaftstheoretischen Teils bilden politisches, ökonomisches<br />
und Erziehungssystem mit dem Hinweis, in entwickelten Industriegesellschaften<br />
gebe es "kein eindeutiges Primat eines funktional ausdifferenzierten Teilsystems«<br />
(43). Inkonsequenterweise vermerkt der Autor an anderer Stelle, materielle Ressourcen<br />
könnten nur in dem Maße in den Erziehungssektor einfließen, »wie ihre abolut<br />
krisenvermeidende Funktion nachgewiesen werden kann« (49); ebenso sei politische