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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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308 Besprechungen<br />

vom Autor <strong>für</strong> möglich gehaltenen Kombination von Marx'scher Politischer ökonomie<br />

mit Webers Herrschaftssoziologie als »theoretische Säulen der Arbeit« (S. 9)<br />

findet. Dieser Ansatz veranlaßt den Autor, nicht die Entwicklung der Produktivkräfte<br />

und der mit ihnen verbundenen gesellschaftlichen Kräfte als Ausgangspunkt<br />

und objektive Grundlage der Untersuchung zu wählen, um die Durchsetzung politischer<br />

Herrschaftsformen zu begründen, sondern vielmehr von einer Typologisierung<br />

der Herrschaftsformen auszugehen und Erläuterungen zur politischen und wirtschaftlichen<br />

Entwicklung danebenzustellen. Dem Autor gelingt es demzufolge nicht,<br />

die Durchsetzung einer bestimmten Herrschaftsform in der jeweiligen Epoche aus ihren<br />

materiellen (wirtschaftlichen, politisch-klassenmäßigen und ideologisch-religiös-kulturellen)<br />

Voraussetzungen logisch abzuleiten und den Fluß der geschichtlichen<br />

Entwicklung in Äthiopien und die Veränderung politischer Herrschaft theoretisch<br />

im historischen Gesamtzusammenhang zu begründen.<br />

Hans-Jürgen Gottschalk (Darmstadt)<br />

Sigrist, Christian, u. a.: Indien. Bauernkämpfe: Die Geschichte<br />

einer verhinderten Entwicklung von 1757 bis heute. Wagenbach­<br />

Verlag, Berlin (West) 1976. (158 S., br., 8,50 DM).<br />

In insgesamt sieben Beiträgen geben die zwei indischen und zwei deutschen Autoren<br />

eine übersicht über den Hergang und die sozialen Hintergründe von Bauernkämpfen<br />

in Indien. Das Buch enthält kurze Beschreibungen über den Ablauf des<br />

Volkskrieges in Telengana (Andra Pradesh) 1945-1951 und der Naxalitenaufstände in<br />

Naxalbari (nördliches Westbengalen) und im Bergland von Parvathipuram (noröstliches<br />

Andra Pradesh) zwischen 1967 und 1972. Dazu kommt eine sehr ausführliche exemplarische<br />

Darstellung in einem Beitrag von Sarma Marla über eine mehrjährige<br />

Klassenauseinandersetzung in einem einzelnen Dorf in Andra Pradesh. Diese Schilderungen<br />

zeigen, daß es in den vergangenen dreißig Jahren im ländlichen Indien mehrfach<br />

revolutionäre Bewegungen gab, deren Ausmaß, Dauer, Militanz und zunächst<br />

errungene Erfolge in keinem Verhältnis stehen zum hierzulande herrschenden Unwissen<br />

darüber. Gemeinsam ist diesen Bauernerhebungen aber auch ihr Scheitern<br />

nach den Anfangserfolgen. Die Gründe <strong>für</strong> dieses Scheitern zu durchleuchten, ist <strong>das</strong><br />

eine Anliegen der Autoren; gleichzeitig soll <strong>das</strong> Zustandekommen dieser Bewegungen<br />

durch Elemente einer Klassenanalyse verständlich gemacht werden.<br />

Zum Scheitern der Aufstände: Die Bauernerhebungen blieben sozial und lokal begrenzte<br />

Bewegungen. Es gelang weder, <strong>das</strong> städtische Proletariat einzubeziehen, noch<br />

die regionalen Kämpfe auf nationale Ebene auszudehnen. Die ethnische, sprachliche<br />

und religiöse Heterogenität der Bevölkerung in Indien, <strong>das</strong> Monopol der herrschenden<br />

Klassen über jegliche Kommunikationsmittel vom Flugzeug bis zum Druckerzeugnis,<br />

und schließlich <strong>das</strong> Kastensystem, <strong>das</strong> die Klassen spaltet und Antagonismen<br />

verschleiert, sind Gründe <strong>für</strong> die regionale und soziale Beschränktheit der Aufstände.<br />

Dazu kommen erhebliche Schwierigkeiten und Fehler in der Führung, die sich zu einem<br />

großen Teil aus dem Kleinbürgertum rekrutierte. Eine Vielzahl von Fraktionenallein<br />

drei Kommunistische Parteien (CPI, CPI/M, CPI/ML) - und ideologische<br />

Zersplitterung verhinderten die notwendige Einheit. Damit verbunden waren<br />

schwerwiegende ideologische und theoretische Mängel auf Führungsebene, sowohl<br />

was die Konzeption von Revolution insgesamt betraf als auch hinsichtlich des militärischen<br />

Vorgehens und der Einschätzung der strategischen Situation. Die Klassenverhältnisse<br />

in Indien sind äußerst komplex und vielschichtig. Reste aus verschiedenen<br />

ökonomischen Formationen haben sich erhalten und existieren neben- oder miteinander<br />

und durchdringen sich gegenseitig. In seinem Beitrag arbeitet Sigrist vor allem<br />

die geschichtlichen Veränderungen der ursprünglichen Formation unter dem Kolo-

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