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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Geschichte 301<br />

von >oben< aufheben.« (15) Dies wird als Hauptvorwurf gegen die <strong>Theorie</strong> vom<br />

staatsmonopolistischen Kapitalismus gerichtet (93). Demgegenüber ist festzustellen,<br />

daß die reformistischen <strong>Theorie</strong>n sich dadurch auszeichnen, daß sie den Staat weder<br />

als fiktiven noch als realen Gesamtkapitalisten, sondern als über allen Klassen stehend<br />

und ein fiktives gesellschaftliches Gesamtinteresse wahrnehmend ausgeben, und daß<br />

die <strong>Theorie</strong> vom staatsmonopolistischen Kapitalismus mit ihrer Feststellung vom<br />

Verwachsen der Apparate der Monopole und des Staates keineswegs die Vorstellung<br />

vom Staat als realem Gesamtkapitalisten verbindet, vielmehr <strong>für</strong> unmöglich hält, was<br />

Altvater und mit ihm Kuhn dem bürgerlichen Staat immerhin zutrauen, daß er sich<br />

nämlich »seiner grundlegenden Schwäche ... entziehen (kann), indem er sich als autoritärer<br />

Staat über die Widersprüche erhebt«. (93)<br />

Die Kritik Kuhns, der Begriff des staatsmonopolistischen Kapitalismus gehe von<br />

der Regulierbarkeit der ökonomisch-gesellschaftlichen Antagonismen durch die<br />

Staatstätigkeit aus, ist an die falsche Adresse gerichtet; sie wird auch nicht durch <strong>das</strong><br />

von ihm angeführte Zitat bestätigt (93), weil dort ausdrücklich von einem Staat gesprochen<br />

wird, wie er nach dem politischen Sieg über die Finanzoligarchie bestehen<br />

wird.<br />

Das eigentliche Problem - <strong>das</strong> hat die Entwicklung der letzten Jahre, vor allem in<br />

Chile, in aller Deutlichkeit gezeigt, <strong>das</strong> machte auch der letzte Parteitag der FKP erneut<br />

eindringlich klar - ist nicht die von Kuhn verworfene Perspektive eines friedlichen<br />

überganges zum Sozialismus nach der politischen Entmachtung der Finanzoligarchie,<br />

sondern diese Entmachtung selbst, d. h. die Schaffung eines solchen Kräfteübergewichtes<br />

der progressiven Kräfte, <strong>das</strong> imstande wäre, den Machtapparat der<br />

Monopolbourgeoisie lahmzulegen bzw. ihm Paroli zu bieten. Daß dies durch eine<br />

Regierungsbeteiligung der Kommunisten allein noch nicht erreicht ist, versteht sich<br />

von selbst.<br />

Nachdem Kuhn so überzeugend die Strategie der gewaltsamen und der »sanften«<br />

Integration der Beherrschten mittels der <strong>Institut</strong>ionen des bürgerlichen Staates dargelegt<br />

hat, hätte die Entwicklung einer Gegenstrategie der Arbeiterbewegung den folgerichtigen<br />

Abschluß des Bändchens bilden müssen. Aber Kuhn hat eine solche Gegenstrategie<br />

offenbar nicht anzubieten - es sei denn die der totalen Verweigerung. Die<br />

Frage der Ausnützung der <strong>Institut</strong>ionen des bürgerlichen Staates <strong>für</strong> die Sammlung,<br />

Schulung und Formierung der revolutionären Kräfte wird von Kuhn gar nicht erst<br />

aufgeworfen. Wozu auch, wenn doch »der lange Marsch durch die <strong>Institut</strong>ionen, die<br />

zugelassen sind«, nur immer wieder »in die Verblendung der institutionellen Fiktionen<br />

des Kapitals« zurückführen kann? (94) Was aber bleibt dann, außer völliger Untätigkeit<br />

und passivem Warten auf die spontane Entwicklung der revolutionären Bewegung<br />

oder verzweifelten anarchistischen Gewaltaktionen zur »Aufrüttelung der Massen«,<br />

(von denen wir zur Genüge erlebt haben, daß sie mehr als alle Wirkungen des<br />

bürgerlichen <strong>Institut</strong>ionalismus die Massen zur »Identifikation mit dem Aggressor«<br />

führen)? Es scheint fast so, als ob am Ende Kuhn selbst ein Opfer der Gehlenschen <strong>Institut</strong>ionenlehre<br />

geworden ist: seine Furcht, sich mit den bürgerlichen <strong>Institut</strong>ionen in<br />

irgendeiner Weise einzulassen, spricht da<strong>für</strong>, daß er sie <strong>für</strong> stärker und wirkungsvoller<br />

hält als den Klassenantagonismus und die Erziehung der Arbeiter zum Klassenbewußtsein<br />

durch die Wahrheit des Marxismus. Kurt Gossweiler (Berlin/DDR)<br />

Morsey, Rudolf: Der Untergang des politischen Katholizismus.<br />

Die Zentrumspartei zwischen christlichem Selbstverständnis und »Nationaler<br />

Erhebung« 1932/33. Belser-Verlag, Stuttgart-Zürich 1977 (279 S., Ln., 38,- DM).<br />

Es handelt sich um eine überarbeitung von Morseys Beitrags zur Deutschen Zentrumspartei<br />

in dem Standardwerk »Das Ende der Parteien 1933« (Düsseldorf 1960).

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