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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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212 Tatjana Chahoud<br />

terstützung der Kleinbauern-, wobei wiederum tvpischerweise hervorgehoben wird,<br />

daß letztere unbedingt etwaige Marktverzerrungen (z. B. Zinssubventionen) ausschließen<br />

sollten (44 H.). Wie sehr sich die Weltbank mit solchen Ausführungen im<br />

Kreise dreht, wird spätestens deutlich, wenn Subventionen zugunsten von Kleinbauern<br />

mit dem Hinweis abgelehnt werden, diese Mittel flössen ohnehin vorrangig den<br />

Großgrundbesitzern bzw. dem wohlhabenden Agrarunternehmer zu (73 f.).<br />

Die große Zahl der landlosen Bauern soll- soweit ihre Bedürfnisse überhaupt angesprochen<br />

werden - über forcierte arbeitsintensive Kleinunternehmen resp. öffentliche<br />

Arbeitsprogramme »begünstigt« werden (44).<br />

Welche Klassen und Schichten durch entsprechende öffentliche Infrastrukturarbeiten<br />

und Arbeitsprogramme hier in der Hauptsache profitieren, wird nicht weiter hinterfragt.<br />

Da man jedoch davon ausgehen kann, daß den Autoren des Weltentwicklungsberichtes<br />

mindestens die Ergebnisse einer weltbanknahen Studie (Chenery 1974)<br />

bekannt sein dürften, muß davon ausgegangen werden, daß man eine weitere Stärkung<br />

des Großgrundbesitzes bzw. des modernen Agrobusiness bewußt in Kauf<br />

nimmt. Der übliche Verweis auf positive Erfahrungen in sozialistischen Ländern ist in<br />

diesem Zusammenhang unzulässig, da sich nicht einzelne Elemente des gesellschaftlichen<br />

Systems isoliert auf Entwicklungsländer übertragen lassen.<br />

Ernsthafte Kritik an den herrschenden Klassenstrukturen des Agrarsektors sucht<br />

man - trotz partieller Andeutungen - vergeblich. Zum Stellenwert bäuerlicher Pachtverhältnisse<br />

heißt es beispielsweise: " ... man (sollte) ihnen, (gemeint sind die Pachtverhältnisse,<br />

d. Verf.) im Rahmen der entwlcklungspolitischen Zielsetzungen, <strong>das</strong><br />

Wachstum zu beschleunigen und die Armut zu mildern, doch keine übermäßige Bedeutung<br />

zumessen" (49).<br />

Auch <strong>für</strong> die Staaten Afrikas südlich der Sahara werden die Entwicklungsaussichten<br />

- wie es heißt - in entscheiden er Weise von der Landwirtschaft abhängen, womit primär<br />

eine Steigerung der sich ständig verschlechternden Nahrungsmittelproduktion<br />

gemeint ist. Wie wenig die Weltbank fähig bzw. gewillt ist, die tatsächlichen Ursachen<br />

der rückläufigen Nahrungsmittelproduktion zu analysieren, kommt darin zum Ausdruck,<br />

daß sie die v. a. von multinationalen Konzernen forcierte landwirtschaftliche<br />

Expansion auf Kosten der Produktion <strong>für</strong> den einheimischen Nahrungsmittelkonsum<br />

gar nicht in Betracht zieht, sondern eher psychologisierend die Ursachen dieses beklagten<br />

Zustands aus falschen wirtschaftspolitischen »Neigungen« (56) abzuleiten<br />

versucht.<br />

Für die »Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen" sieht der Bericht die<br />

entwicklungsstrategischen Prioritäten v. a. über forcierte Integration in den kapitalistischen<br />

Weltmarkt. Konkret werden die Entwicklungsländer aufgefordert, noch bestehende<br />

Hemmnisse <strong>für</strong> den Export abzubauen resp. vorhandene Bestimmungen im<br />

Sinne einer importsubstituierenden Industrialisierungsstrategie aufzugeben. Eine<br />

entsprechend veränderte Wirtschaftspolitik soll selbst eine steigende Arbeitslosigkeit,<br />

die erwartungsgemäß (sie!) vorübergehend sei, in Kauf nehmen (67)! Die orthodoxe,<br />

an der komparativen Kostentheorie orientierte Strategie der Weltbank zeigt sich hier<br />

nochmals plastisch: »Obgleich die Aussichten <strong>für</strong> die Fertigwarenausfuhr heute ungünstiger<br />

sind als früher, wäre es (dennoch) wünschenswert (sie!), daß Länder (gemeint<br />

sind die Entwicklungsländer, d. Verf.) ihre Anreizsysteme auf die Ausfuhr ausrichten"<br />

(66).

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