das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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318 Besprechungen<br />
ersten Stoffeinheit, die Entwicklung und Funktion des Rechtsstaatsbegriffs in der<br />
Bundesrepublik herausgearbeitet, um anschließend im dritten Teil die ökonomischen<br />
Determinanten der bürgerlichen Grundrechte am Beispiel von Pressefreiheit - Pressekonzentration<br />
aufzuzeigen (129). Im letzten Teil der Stoffeinheiten analysieren die<br />
Autoren den Sozialstaatsbegriff des Grundgesetzes und stellen die Intention der »Väter«<br />
des Grundgesetzes den gesellschaftlichen Realitäten und den Handlungen, besonders<br />
fiskalischen Entscheidungen des Staates, gegenüber (181). Dieses Buch gibt<br />
insgesamt eine umfangreiche und detaillierte Analyse über die Ursachen und historischen<br />
Voraussetzungen herrschender konservativer Rechtsauffassung; es wird insoweit<br />
der von W. Abendroth dargestellten Intention, zu »zeigen, daß <strong>kritische</strong> juristische<br />
Analyse als Instrument des Kampfes <strong>für</strong> die Demokratisierung des Staates und<br />
der Gesellschaft dienen kann« (12) gerecht. Mit einer ausführlichen didaktischen Anleitung<br />
soll es Lernenden und Lehrenden eine optimale Aneignung der Thematik ermöglichen.<br />
Jeder Stoffeinheit wird ein aktueller Fall aus dem Themenbereich, der die<br />
Problematik verdeutlichen soll, vorangestellt; in jeder Einheit sind die wesentlichen<br />
Kernpunkte in Form von Lernzielen zusammengefaßt und eingangs werden jeweils<br />
die Lernschritte angegeben. Das Buch eignet sich von daher sehr gut <strong>für</strong> die Durchführung<br />
von Unterrichtsprojekten und Seminaren. So befaßt sich denn auch sein<br />
zweiter Teil mit grundlegenden Fragen der Ausbildung von Juristen an den Hochschulen<br />
und den »Rahmenbedingungen einer Studienreform« (296). Die Autoren<br />
üben hier scharfe Kritik an den vorherrschenden Lehr- und Ausbildungsinhalten, bei<br />
denen »der pragmatische Positivismus ... die unreflektierte theoretische Grundlage<br />
der Jurisprudenz (bildet)«, der sich »im Staats- und Verfassungsrecht, aber auch in<br />
anderen Bereichen ... der >Krücken< des <strong>Institut</strong>ionen- und Wertdenkens (bedient)«<br />
(293). Diesem Lehrkonzept stellen sie ein alternatives Konzept der Juristenausbildung<br />
entgegen, <strong>das</strong> <strong>das</strong> Ziel verfolgt, den grundlegenden Zusammenhang von Gesellschaft,<br />
Staat und Recht (zu rekonstruieren) und <strong>das</strong> Recht im großen und ganzen aus<br />
der ökonomischen Struktur der Gesellschaft abzuleiten« (294).<br />
Ralf Leinweber (Marburg)<br />
Rückerl, Adalbert (Hrsg.): Nationalsozialistische Vernichtungslager<br />
im Spiegel deutscher Strafprozesse. Belzec, Sobibor, Treblinka,<br />
Chelmno. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1977<br />
(359 S., br., 12,80 DM).<br />
In einer Phase zunehmender neofaschistischer Aktivitäten und Propaganda - die<br />
sich inzwischen wieder bis zur »Auschwitz-Lüge« vorwagt - und zu einer Zeit, wo<br />
sich der vermutlich letzte große NS-Prozeß, der Majdanek-Prozeß, zu einem politischen<br />
Skandal auswächst, wird man gerade die Herausgabe eines solchen Bandes begrüßen<br />
wollen. Vom Herausgeber, Oberstaatsanwalt und Leiter der Zentralen Stelle<br />
der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in<br />
Ludwigsburg, darf man hohe Sachkompetenz erwarten. Und in der Tat: aus einer Zusammenstellung<br />
von Auszügen aus Schwurgerichts urteilen und Vernehmungsprotokollen<br />
von Zeugen und Angeklagten aus Vorverfahren, von Rückert in Anmerkungen<br />
und Zwischentexten sachkundig kommentiert, entsteht ein detailliertes und umso bedrückenderes<br />
Bild der vier Vernichtungslager, in denen, hauptsächlich in den Jahren<br />
42/43, mindestens 1,6 Mio. Menschen getötet wurden (Auschwitz wurde wegen der<br />
anderweitigen reichen Materiallage, Majdanek wegen des noch schwebenden Verfahrens<br />
ausgeklammert). Aufbau und Funktionsweise der Lager, Organisation der<br />
Transporte, die Vernichtungsmaschinerie, die wirtschaftliche »Verwertung« der Lebenden<br />
und Toten im Rahmen der sog. Aktion Reinhard etc. werden - vorwiegend