das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziologie 285<br />
nigung des Enteignungsverfahrens zugunsten der Kommunen, Planungswertausgleich<br />
usw., Trennung von öffentlichem Verfügungs- und privatem Nutzungseigentum<br />
und räumliche Investitionslenkung, »die dort Investitionen verhindert, wo sie<br />
den Zielen einer regionalen Strukturpolitik widersprechen«. (127) Daß man so zwar<br />
unerwünschte Investitionen verhindern, aber gesellschaftspolitisch erforderliche<br />
nicht erzwingen kann, wird nicht behandelt. Hier macht die bisher kompromißlose<br />
Analyse halt vor den Grenzen der innerparteilichen und innergewerkschaftlichen<br />
Diskussion. Die Autoren versichern, »daß vermehrte Beeinflussung privater Investitionen<br />
bis zur direkten Investitionslenkung nicht gleichzusetzen ist mit zentraler<br />
Planverwaltungswirtschaft« . (128) Das einzelkapitalistische Erwerbsstreben soll erhalten<br />
bleiben, aber »durch die Umdeutung der Produktivitätsrechnung« (129) unter<br />
Berücksichtigung sozialer Kosten- und Nutzenrechnungen seine heutige Vorrangstellung<br />
verlieren. Da dies mit den vorgeschlagenen Mitteln nicht geschehen kann,<br />
bleiben die »Arbeitnehmerinteressen« einmal mehr auf der Strecke.<br />
Marianne Kriszio (Oldenburg)<br />
Müller, Michael: Die Verdrängung des Ornaments. Zum Verhältnis<br />
von Architektur und Lebenspraxis. edition suhrkamp, Frankfurt/M. 1977<br />
(270 S., 51 Abb., br., 10,- DM).<br />
Müllers Analyse des in der Funktionalen Architektur verdrängten Ornaments will<br />
ausdrücklich über den Horizont architekturästhetischer bzw. -historischer Analysen<br />
hinausgreifen und einen Beitrag zur Klärung des ästhetisch vermittelten Zusammenhangs<br />
von Architektur und Lebenspraxis leisten. Die zur Einlösung dieses Anspruchs<br />
gewählte Verschachtelung von teilweise sehr heterogenen Analyseebenen wird leider<br />
im Verlauf der Arbeit kaum nachvollziehbar gemacht - der Leser kann streckenweise<br />
die Relevanz einzelner Argumentationsschritte erst im Nachhinein zu rekonstruieren<br />
versuchen.<br />
Drei Problemstellungen sind bestimmend: 1. Der »Verlust« des Ornaments wird<br />
zunächst als Folge der sich auch in der Architekturproduktion durchsetzenden Industrialisierung<br />
bestimmt. Anschließend wird die funktionalistische These kritisiert,<br />
daß »Geschichte« (und damit auch ornamentale Formen) »überhaupt aus dem Wertbildungsprozeß<br />
von Architektur zu verbannen« sei: hier sei »Abwehr« von im Ornament<br />
manifest werdenden unliebsamen Wünschen im Spiel: Phantasie und kapitalistisch-zweckrationale<br />
Wirklichkeit sollen voneinander getrennt werden (8; 10; 119).<br />
2. In einer Analyse der vorwärtsweisenden, »revolutionären Tendenzen« funktionalistischer<br />
Architektur werden deren »materialistische Spurenelemente« näher bestimmt.<br />
Hier geht es zum einen um Veränderungen im Zusammenhang von Architektur<br />
und Produktionssphäre sowie zum anderen von ästhetischem Erscheinungsbild<br />
funktionalistischer Architektur und beiläufig-wahrnehmender Lebenspraxis in den<br />
durch sie gestalteten »Handlungsräumen«. Derartige Veränderungen werden exemplarisch<br />
am Werk des Funktionalisten Adolf Loos diskutiert - anknüpfend an dessen<br />
Rezeption durch Walter Benjamin. Müller kommt zu dem Schluß, daß trotz jener<br />
vorwärtsweisenden Elemente, die eine Aufhebung bürgerlicher Privatheit signalisieren,<br />
solidarische Lebensformen sich im alltäglichen Umgang mit funktionalistischer<br />
Architektur kaum herausbilden können. 3. Ein dritter Problemkomplex entwickelt<br />
die Frage nach Möglichkeiten zur Rekonstruktion ästhetisch-inhaltlicher Zusammenhänge<br />
zwischen heutiger Lebenspraxis und Massenarchitektur. Diese Fragestellung<br />
entwickelt Müller bereits aus seiner Konzeption des »Ornaments« als ein in seiner<br />
ursprünglichen Bedeutung »gegen die strenge Rationalität der Architektur gerichtetes<br />
Ausdrucks- und Gestaltungsmotiv« : es habe als »ästhetisch signifikante Einzel-<br />
DAS ARGUMENT 114;]979 ©