das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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China - Der große Sprung zurück? 219<br />
Gründe <strong>für</strong> die Fehler der kulturrevolutionären Linken<br />
Die subjektiven Fehler der linken Führer, die bewirkten, daß die KR früh an ihre<br />
Grenzen stieß und schließlich scheiterte, liegen <strong>für</strong> Bettelheim begründet im »Fortbestehen<br />
der feudalistischen Ideologie, die sich noch immer auf <strong>das</strong> heutige China auswirkt«<br />
und im »>ideologischen ErbeCliquenbildung«< und »VetternwirtSchaft«<br />
(90) innerhalb der Partei gefördert, also »Führungspraktiken, die mit<br />
der Entfaltung einer wirklichen Massendemokratie in Widerspruch stehen« (91).<br />
Diese »bürgerlichen politischen Verhältnisse« haben ihre Basis nach Bettelheim in den<br />
»unveränderten kapitalistischen Produktionsverhältnissen«: Die »Trennung der unmittelbaren<br />
Produzenten von ihren Produktionsmitteln« besteht weiterhin, die<br />
»Kontrolle über die Produktionsmittel ist auf eine kleine Minderheit beschränkt«. Bettelheim<br />
kommt also zu dem Schluß, daß - auch während der kulturrevolutionären Periode<br />
- in der VR China sowohl »bürgerliche politische Verhältnisse«, als auch kapitalistische<br />
Produktions- und Warenverhältnisse (88) vorherrschten!<br />
Aufgrund der »ungleichen Distributionsverhältnisse« (acht Lohnstufen in der Industrie,<br />
27 Abstufungen in der Gehälterhierarchie in den Staats- und Verwaltungsorganen),<br />
d. h. der Privilegien der Kader aus Partei und Staat (die dadurch »in einer anderen<br />
Welt leben als die Volksrnassen«), reproduziert sich dieses System bürgerlicher<br />
Verhältnisse (in der Tendenz) von selbst, denn es sind die Kader aus Partei- und<br />
Staatsapparat, in deren Händen die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittelliegen<br />
und die die Privilegien genießen; folglich können sie nur ein eingeschränktes Interesse<br />
an der Umwälzung dieser Verhältnisse haben, gehen also nicht entschlossen<br />
gegen sie vor (89). Warum aber stellen die Massen ein solches System nicht radikal infrage?<br />
Warum blieb der Protest der Massen bei der Aufgabe der Shanghaier Kommune<br />
aus? Für Bettelheim letztlich »aufgrund der Furcht der Massen vor dem Zusammenbrechen<br />
der bestehenden Form der Einheit, in der <strong>das</strong> bestehende System die Reproduktion<br />
der gesellschaftlichen Verhältnisse sichert« (91), denn eine andere Form der<br />
Einheit stand nicht in sicherer Aussicht, weil die herrschenden Führungspraktiken<br />
eine Entfaltung des gesellschaftlichen Experimentierens und einer wirklichen Mas-'<br />
sendemokratie verhinderten. Das Einschränken der Masseninitiative durch »<strong>das</strong><br />
übe!wiegen antidemokratischer Praktiken« der Führer der »revolutionären Linie«<br />
selbst bedingte also die Niederlage der KR; »in China hat diese Niederlage die Form<br />
eines Staatsstreichs durch die Anhänger der gegenwärtigen revisionistischen Linie angenommen,<br />
mit ihrer >liberalen< Demagogie und mit ihren trügerischen ökonomischen<br />
Versprechungen« (93).