09.02.2013 Aufrufe

das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Entwicklung von Gegen<strong>argument</strong>en 247<br />

Oder nehmen wir 60 Zeilen in den Beiträgen 3/78, S. 141 f.:<br />

»wir stimmen voll zu ... können wir übernehmen ... halten wir im Hinblick auf eine<br />

marxistische <strong>Theorie</strong> über Bewußtseinsformen <strong>für</strong> falsch und im Hinblick auf Lenin <strong>für</strong><br />

eine verkürzte Information ... möchten wir angesichts der Tagesereignisse doch stark bestrei<br />

ten. «(<br />

Widerspruch gegen derlei Urteile ist nicht vorgesehen. Oder wie sollte z. B. Helmut<br />

Schütte gegen den Vorwurf <strong>argument</strong>ieren, er sei »ein zahnloser Schwätzer« und<br />

habe sich ein »BRD-gemäßes Marxismus-Gewand angesteckt«? (Beiträge 1/78,<br />

S. 153) Soll seine Antikritik in einem Foto bestehen, auf dem er die Zähne bleckt?<br />

Der gerichtsförmige Modus der Rezensionen entspricht ebenso wie <strong>das</strong> »Botanisieren«<br />

der Kritik des 18. Jahrhunderts. Hans Mayer hat darauf aufmerksam gemacht,<br />

daß <strong>das</strong> Kunstrichterturn der Aufklärung sich an Montequieus Prinzip der Gewaltenteilung<br />

mit seiner Differenzierung von gesetzgeberischer (allgemeine <strong>Theorie</strong>), vollziehender<br />

(konkretes Werk) und richterlicher Gewalt (Kritik) orientiert. 7 Von daher<br />

erklärt sich, »daß die Gesetze und Normen, die sie (die aufklärerische Kunstkritik,<br />

K.H.G.) zugrunde legt, als selbstverständlich vorausgesetzt werden«. In dieser Parallele<br />

offenbart sich <strong>das</strong> Kernproblem der Kritik in den »Beiträgen«. Sie operiert mit<br />

Kriterien, die Marx entlehnt sind, in vormarxistischer Form. Nur weil die Redaktion<br />

der »Beiträge« die haltbaren Einsichten der »Klassiker« als Gesetze mißversteht, ist<br />

die dauernde Anmaßung des Zu-Gericht-Sitzens überhaupt denkbar. Allgemeiner gesprochen<br />

bedeutet <strong>das</strong>, daß eine Gruppe, die politisch undogmatisch ist, in ihrer Kritik<br />

beispiellos dogmatisch verfährt.<br />

Dies, so glaube ich, ist die tiefere Ursache <strong>für</strong> die gestörte wissenschaftliche Diskussion<br />

zwischen zwei Zeitschriften, die in ihrer politischen Ausrichtung vom Verfassungsschutz<br />

B wie von Rudi Dutschke auf dem Bahro-Kongreß 9 gleichgesetzt werden.<br />

Dies zu verändern schlagen wir der Redaktion der »Beiträge« vor, nicht etwa die<br />

Gründung einer Lobesversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit. Erst unter dieser<br />

Voraussetzung sind gezielte Antikritiken auf bestimmte Einwände sinnvoll und<br />

nicht nur Gezänk. Erst dann auch werden die wirklichen politischen wie publikationsstrategischen<br />

Differenzen zwischen beiden Zeitschriften austragbar, z. B. diejenige,<br />

<strong>das</strong> die »Beiträge« im Gegensatz zumArgument der Auffassung sind, die hiesige<br />

Sozialismus-Diskussion solle vor allem durch den Nachdruck von Artikeln aus der<br />

ausländischen sozialistischen Bewegung befördert werden. (So heißt es nach einem<br />

Lob der ausländischen Beiträge zur Sozialismus-Diskussion in Argument 102: »zu<br />

be<strong>für</strong>chten steht aber auch, daß im nächsten Argument wieder der Wissenschaft dieses<br />

Landes die übliche Reverenz erwiesen wird, damit sich also Tripps und Kievenheims<br />

um Orientierung bemühen«. (Beiträge 4/77, S. 213)<br />

Ein Einwand gegen unsere Kritik an den »Beiträgen« könnte sein, der Beweis da<strong>für</strong>,<br />

daß die Rezensionen der Beiträge gerichtsförmig verfahren, sei erschlichen, da er seine<br />

Evidenz nur durch Auslassung in unseren Zitaten erhalten habe. Ein zweiter Einwand<br />

könnte lauten, marxistische <strong>Theorie</strong> beanspruche Verbindlichkeit, verbindliche<br />

<strong>Theorie</strong> aber müsse sich notwendig apodiktisch aussprechen, wenn sie keine opportunistischen<br />

Zugeständnisse machen will. Die abschließende Analyse eines längeren<br />

Abschnitts aus einer (positiven) Argument-Kritik in den »Beiträgen" wendet sich gegen<br />

beide Einwände. Sie will durch Analyse eines oben gerafft zitierten Abschnitts aus<br />

den »Beiträgen« zeigen, daß gerichtsförmige Kritik kein Mittel gegen die Verwässerung<br />

marxistischer <strong>Theorie</strong> ist, sondern im Gegenteil der Phrase Tür und Tor öffnet,<br />

da sie nicht von Beweisen abhängt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!