das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Okonomie 321<br />
genommene übersetzung der erstmals 1975 in Italien publizierten Ausgabe. Man<br />
kann es nur bedauern, daß dieses erstklassige Werk erst jetzt einem größeren Leserkreis<br />
zugänglich gemacht worden ist. Wie viele Irrtümer und Irrwege hätten kritisch<br />
orientierte Okonomen vermeiden können, wenn dieses auch didaktisch ganz ausgezeichnete<br />
Buch schon vor 10 Jahren veröffentlicht worden wäre!<br />
Michael Krüger (Osnabrück)<br />
Hundt, Sönke: Zur <strong>Theorie</strong>geschichte der Betriebswirtschaftslehre.<br />
Bund-Verlag, Köln 1977 (224 S., br., 24,80 DM).<br />
Die Arbeit beginnt mit einer <strong>kritische</strong>n Betrachtung der <strong>für</strong> die neuere BWL bedeutsamen<br />
Positivismusdebatte. Hundt zeigt, daß der Kuhnsche Paradigmaansatz geeignet<br />
ist, "<strong>das</strong> gesamte Wissenschaftsprogramm Poppers (zu relativieren) - nämlich<br />
zu einem Paradigma der Wissenschaftstheorie unter anderen« (24). Gleichzeitig kritisiert<br />
er Kuhn treffend, indem er klar macht, daß dessen Paradigmaansatz zwar die<br />
Form des übergangs von einem <strong>Theorie</strong>gebäude zu einem anderen beschreiben kann,<br />
nicht aber die Ursachen dieses übergangs. Hundt fragt deshalb nach den »gesellschaftlichen<br />
Entstehungs- und Existenzbedingungen der Wissenschaft«, bleibt hier<br />
jedoch in den gängigen Allgemeinheiten stecken. Zwar verrät sein Hinweis, daß beim<br />
gegenwärtigen Stand der Forschung »eine materialistisch zu nennende Ableitung bestimmter<br />
Ausprägungen der <strong>Theorie</strong> aus der realen Entwicklung« (33) nicht zu leisten<br />
ist, nicht bloße Unkenntnis, sondern im Textzusammenhang wissenschaftliche Bescheidenheit<br />
und Sachkenntnis zugleich. Dennoch bleiben die Ausführungen hier unbefriedigend,<br />
weil zum Verhältnis von realökonomischer Entwicklung und ökonomischer<br />
Wissenschaft auch beim gegenwärtigen Stand der Forschung mehr zu sagen<br />
wäre, als dies bei Hundt geschieht.<br />
Die folgenden 170 Seiten gehören dann ganz der BWL und ihrer historischen Entwicklung,<br />
von der H andelsU'issenschaft (um die Jahrhundertwende bis 1920er Jahre)<br />
über Schmalenbach (zwanziger Jahre bis 1933) und Gutenberg (1951) bis zur entscheidungs-<br />
und systemorientierten BWL um Heinen (zweite Hälfte der 60er Jahre).<br />
Hundt arbeitet dabei im wesentlichen zwei Entwicklungslinien heraus:<br />
1. Die unterschiedlichen Auffassungen vom Zusammenhang von Betrieb und Gesellschaft.<br />
War es bei Schmalenbach - mit dem die Geschichte der BWL im Grunde<br />
erst beginnt - der gemeinwirtschaftliche Aspekt der Unternehmenstätigkeit, die<br />
"Wirtschaftlichkeit«, die allein Gegenstand betriebswirtschaftlicher Betrachtungen<br />
sein konnte, so wird bei Gutenberg <strong>das</strong> Verhältnis von Einzel- und Gesamtwirtschaft<br />
zum Verhältnis von Sach- und Formalziel (Kosiol): die bestmögliche Versorgung der<br />
Bevölkerung (Sachziel) gelingt, wenn jedes einzelne Kapital nach maximaler Verwertung<br />
(Formalziel) strebt. Bei Heinen schließlich verkümmert die gesellschaftliche<br />
Dimension des Handelns der Einzelkapitale zur bloßen Außenbeziehung.<br />
2. Der Verlust an ökonomischem Denken in der BWL. Konnte Schmalenbach mit<br />
seiner <strong>Theorie</strong> wachsender Fixkostenanteile an den Gesamtkosten noch die ökonomische<br />
Determiniertheit des Handelns der Einzelwirtschaften aufzeigen, so ist dem Gutenbergschen<br />
Unternehmer bloß <strong>das</strong> Rentabilitätsprinzip als Restriktion vorgegeben,<br />
<strong>das</strong> er einhalten muß, weil es <strong>das</strong> System konstituiert und die Allokation regelt. Bei<br />
Heinen wiederum ist der Zielphantasie der Organisation Unternehmen keine Grenzen<br />
gesetzt, es hat die freie \X7 ahl.<br />
Dabei macht Hundt deutlich, daß der übergang von einem <strong>Theorie</strong>system in <strong>das</strong><br />
andere meist nicht <strong>das</strong> Ergebnis interdisziplinärer Auseinandersetzung ist, aus der der<br />
neue Ansatz als stärkerer oder fundierterer hervorgeht. übergänge finden vielmehr<br />
gar nicht statt. Der neue Ansatz ist da und wird von der Mehrheit der »Fachkollegen«