das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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272 Besprechungen<br />
tion als »dialektische Aufhebung des >mittelalterlichen< Welt- und Menschenbildes«<br />
(103) zu begreifen und heide mit der »aufsteigende(n) Linie der epochalen Klassenkämpfe«<br />
zu vermitteln. Wenig Gegenliebe finden die Klassifikationsraster >Barock<<br />
bzw. >ManierismusRenaissance< und >Aufklärung< nicht aus<br />
dem zu periodisierenden Zeitraum stammen. Bahners Einwände gegen die Aufblähung<br />
eines kunsthistorischen Stilbegriffs zum Epochenbegriff, der zudem der Literaturgeschichte<br />
angetragen wird, um eine literaturimmanente, ahistorische Gliederung<br />
des Materials zu begünstigen (129) sind überzeugend. R. Weimann untermauert die<br />
Zurückweisung des geistesgeschichtlichen »Geklapper(s) stiltypologischer Antithesen«<br />
(W. Krauss) mit einer Analyse des Zusammenhangs von Periodisierungsobjekt<br />
und Periodisierungssubjekt unter Hinweis auf »bürgerlichen Perspektiveverlust« des<br />
20. Jahrhunderts und seiner sympathetischen Anverwandlung an eine Epoche regressiver<br />
Tendenzen, wie <strong>das</strong> 17. Jahrhundert. Am Beispiel der Aufklärung wendet sich<br />
Bahner gegen Auffassungen, die <strong>das</strong> 18. Jahrhundert in eine noch zum Klassizismus<br />
gehörende 1. und eine 2. präromantische Hälfte einteilen. In die gleiche Richtung<br />
tendiert eine aus dem Irrationalismus des 20. Jahrhunderts sich nährende Loslösung<br />
des Sturm-und-Drang von der Aufklärung, der von W. Krauss als »Vorhut von stärkster<br />
Sprengkraft gegenüber allen Positionen und Werten der bestehenden Ständegesellschaft«<br />
und damit als Radikalisierung der Aufklärung charakterisiert wird.<br />
Der Generalnenner aller Beiträge ist die Auseinandersetzung mit ahistorischen Typologien,<br />
auch in der Literaturwissenschaft der sozialistischen Länder. Deren Resistenz<br />
resultiert sowohl aus den noch ungelösten Problemen z. B. des Verhältnisses<br />
von nationaler und internationaler Entwicklung, der Periodisierung nichtwesteuropäischer<br />
Literaturen etc. als auch aus der spürbaren Unsicherheit gegenüber undialektisch<br />
gewonnenen Epochenbegriffen. Hier abstrakte Allgemeinheiten zu überwinden<br />
und zum »konkreten Wesen« (Seve) der geschichtlichen Abläufe vorzudringen ist eine<br />
wichtige Aufgabe der Literaturgeschichte. Heinz Thoma (Wuppertal)<br />
Weimann, Robert, Werner Lenk und Joachim-Jürgen Slomka (Hrsg.):<br />
Ren ais san c el i t e rat ur und fr ü h b ü r ger I ich e Re v 0 I u t ion. Studien<br />
zu den sozial- und ideologiegeschichtlichen Grundlagen europäischer Nationalliteraturen.<br />
Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1976 (360 S., Ln., 12,- M.).<br />
Das Buch ist aus einem Kolloquium hervorgegangen, <strong>das</strong> die Akademie der Wissenschaften<br />
der DDR 1975 zum 450. Jahrestag des deutschen Bauernkriegs veranstaltet<br />
hat. Die rund 30 Beiträge sind als wichtige Bausteine bei dem im Aufbau begriffenen<br />
Forschungsschwerpunkt zur frühbürgerlichen Epoche in der DDR-Literaturwissenschaft<br />
anzusehen: erstmals wurde, ausgehend von Ereignissen wie der Reformation<br />
und dem Bauernkrieg, die bislang als Herzstücke der deutschen Geschichte firmierten,<br />
oder der Renaissance, die als wesentlich westeuropäische Strömung galt, der<br />
Blick geweitet auf osteuropäische Literaturen und außereuropäische kulturhistorische<br />
Verbindungslinien. Die qualitativ unterschiedlichen Beiträge der Forscher aus<br />
der DDR und anderen, osteuropäischen Ländern kreisen um die Probleme eines marxistischen<br />
Renaissancebegriffs und der Herausbildung europäischer Nationalliteraturen.<br />
Qualitativ unterschiedlich sind sie auch deshalb, weil die Referate verschiedenen<br />
Charakters sind; teils überblicksdarstellungen (z. B. Jaroslav KoLir: Zur tschechischen<br />
Literatur der Renaissance), teils Einzelstudien (Georg Seehase: Zu William<br />
Langlands Poem "Peter der Pflüger«), teils Diskussionsvoten (Tibor Klanaczay:<br />
Klassengrundlage und Revolutionsproblematik der Renaissance), finden sie sich nicht<br />
immer auf methodologisch vergleichbarem Grund. Obwohl als gemeinsamer Nenner<br />
bei der Bestimmung der Renaissance allgemein ihre Antifeudalität gilt und obwohl sie